Pseudomonadose (Geflügel)
Synonym: Pseudomonas-aeruginosa-Infektion
Englisch: pseudomoniasis
Definition
Die Pseudomonadose ist eine lokalisierte oder septikämisch verlaufende Infektion junger Geflügel.
Ätiologie
Pseudomonas aeruginosa ist ein gramnegatives, sporenloses, stark bewegliches, Oxidase-positives und 0,3 bis 0,6 x 1,5 bis 3 µm großes Stäbchenbakterium. Es wächst strikt aerob und kann auf Blutagar angezüchtet werden. Dabei bildet das Bakterium meist flache, runde, oftmals rasenförmige und metallisch glänzende Kolonien mit rauer Oberfläche, feinzahnigem Rand und β-Hämolyse. Durch den charakteristischen blaugrünen Farbstoff (Pyocyanin A, Fluorescein) weist die Kolonie ein typisches Erscheinungsbild und einen stark süßlich-aromatischen Geruch auf. Es existieren unterschiedlich virulente Stämme, wobei keine genauen Informationen über die Virulenzmechanismen vorliegen.
Der Erreger kann sich auch außerhalb des Tierkörpers vermehren und ist sowohl in verschmutzten Tränke- und Futterbehältnissen, als auch in feuchter Einstreu verbreitet. Aufgrund seiner Tenazität ist er äußerst widerstandsfähig und weist eine ausgeprägte Resistenz gegenüber Desinfektionsmittel auf.
Epidemiologie
Aufgrund seiner hohen Widerstandsfähigkeit und seiner geringen Nährstoffbedürfnisse ist Pseudomonas aeruginosa in der Natur, insbesondere in der Umgebung von Menschen und Tieren, weit verbreitet. Als Infektionsquellen gelten daher v.a. Brutschränke und Trinkwassersysteme. Empfänglich sind Hühnervögel, aber auch Wassergeflügel.
Pathogenese
Infektionen finden über die Aufnahme von kontaminiertem Wasser, Futter oder Einstreu statt. Eintagsküken hingegen infizieren sich häufig durch kontaminierten Injektionsspritzen, Impfstoffe oder Antibiotika-Lösungen, die prophylaktisch vor der Auslieferung zum Einsatz kommen.
Klinisch manifeste Erkrankungen entwickeln sich jedoch nur dann, wenn eine hochgradige Erregerbelastung in Kombination mit einer Schädigung der Haut und/oder der Schleimhäute bzw. einer Immunsuppression vorliegt. Die Zerstörung der Normalflora der Schleimhäute (z.B. durch vorausgegangene Behandlung mit Antibiotika), eine deutliche Schwächung der spezifischen und unspezifischen Fähigkeit der Erregerabwehr oder auch ein unreifes Immunsystem (z.B. bei Küken) begünstigen dabei die Entstehung einer Pseudomonadose. Gelingt es dem Erreger in den Organismus einzudringen, beginnt er mit der Produktion von Lecithinasen und Proteasen. Es kommt zur Ödembildung der Haut, zu Hämorrhagien und zu Nekrosen.
Klinik
Erkrankte Tiere leiden an schweren Allgemeinstörungen, verbunden mit Atemnot und respiratorischen Geräuschen. Zusätzlich kommt es zu Diarrhö, entzündlichen Ödemen der Augenlider, der Kopfhaut und Kehllappen. Nicht selten werden auch Bewegungsstörungen infolge exsudativer Gelenkentzündungen sowie Sinusitis, Keratokonjunktivitis, Keratitis, Omphalitis und Dottersackinfektionen beobachtet.
Die klinischen Symptome hängen dabei maßgeblich von der Störung des betroffenen Organsystems ab und können auch unspezifisch sein. Die Embryosterblichkeit ist erhöht, da septikämische Krankheitsverläufe häufig mit dem Tod enden. Die Morbidität und Mortalität liegt zwischen 2 und 10 %. In extremen Fällen können auch alle Tiere einer Herde erkranken.
Pathohistologie
Es können Blutungen und Ödeme in der Unterhaut und in den serösen Häuten nachgewiesen werden. Zudem finden sich nekrotische Herde in parenchymatösen Organen, eine fibrinöse Perikarditis, eine Perihepatitis und/oder eine Aerosacculitis. Zusätzlich kommt es zu einer fibrinopurulenten Arthritis und katarrhalisch-hämorrhagischen Enteritis.
Differenzialdiagnose
- Infektionen mit Escherichia coli
- Septikämien anderer Genese
Diagnose
Die Diagnose erfolgt durch die kulturelle Anzucht von Pseudomonas aeruginosa auf konventionellem Blutagar unter aeroben Bedingungen. Das typische Erscheinungsbild und der markante Geruch sind beweisend. In zweifelhaften Fällen kann eine Identifizierung über biochemische Reaktionsmuster oder mittels MALDI-TOF-System erfolgen.
Therapie
Da klinisch apparente Erkrankungen immer die Folge von schweren hygienischen Mängeln in der Brüterei oder im restlichen Bestand sind, sind antibiotische Behandlungsversuche nur nach Optimierung der Haltungs- und Hygienebedingungen und nach vorausgegangenem Antibiogramm indiziert. Die Bakterien sind gegenüber Gentamicin, Streptomycin und Fluorchinolonen sensibel.
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4
- Mayr A, Rolle M. Mayr A (Hrsg.). 2007. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeite Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1060-7
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