Narkoseeinleitung
Synonym: Narkoseinduktion
Englisch: anesthesia induction
Definition
Die Narkoseeinleitung umfasst alle anästhesiologischen Maßnahmen, die erforderlich sind, um den Zustand der Narkose hervorzurufen.
Terminologie
Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. Im engeren Sinne bezeichnet er das Verabreichen von Medikamenten (Anästhetika), die zur Narkose führen. Im klinischen Sprachgebrauch beinhaltet die Narkoseeinleitung darüber hinaus die hierzu notwendigen Vorbereitungen und Maßnahmen zur Sicherung der Vitalfunktionen.
Vorgehen
Eine Narkose wird von einem Anästhesisten und einer Anästhesiepflekraft eingeleitet. Der Patient wird in einem für die Einleitung vorgesehenen Raum vorbereitet und erst nach erfolgreich induzierter Anästhesie in den Operationssaal gebracht. In Ausnahmefällen bzw. in der Notfallmedizin erfolgt die Narkoseeinleitung auch andernorts (z.B. im Schockraum oder am Unfallort).
Vorbereitung
Vor jeder Narkoseeinleitung erfolgt ein Sign-In, in dem wichtige Fragen und Informationen geprüft werden, z.B.:
- Identität des Patienten
- Nüchternheit
- Operationsart und -stelle
- Markierung der OP-Stelle
- Einwilligung zu Operation und Anästhesie
- Antibiotikaprophylaxe notwendig?
- Risiko des Blutverlustes
- erwartete Schwierigkeiten (z.B. schwieriger Atemweg, Aspirationsrisiko, PONV)
- besonderes Equipment erforderlich?
- besondere Hygienemaßnahmen erforderlich?
- Allergien
- Vorerkrankungen und Medikation
- geplantes Narkoseverfahren
- offene Fragen?
Der Patient wird an ein Monitoring angeschlossen, um Sauerstoffsättigung (SpO2), EKG und Blutdruck (Intervallmessung alle 1 – 5 Minuten) kontinuierlich zu überwachen. Besteht aufgrund von schweren Vorerkrankungen ein hohes Narkoserisiko, werden die Überwachungsmaßnahmen bereits vor der Einleitung erweitert (z.B. invasive Blutdruckmessung, zentraler Venenkatheter). Ist das erweiterte Monitoring nur aufgrund des Eingriffs erforderlich (z.B. hoher Blutverlust, Lungenoperationen), wird dies meist erst beim narkotisierten Patienten durchgeführt.
Zudem wird mindestens ein gut laufender periphervenöser Zugang gelegt.
Unmittelbar vor Beginn der Einleitung wird eine (kurze) Funktionsprüfung des Narkosegerätes durchgeführt. Anschließend erfolgt die Präoxygenierung zur Verlängerung der Apnoetoleranz.
Einleitung
Die Narkose wird intravenös eingeleitet:
- Gabe eines Opioids (z.B. Sufentanil, Fentanyl oder Remifentanil)
- Abwarten der Opioidwirkung (ca. 1 - 2 Minuten)
- Gabe eines Hypnotikums
- Standardsubstanz ist Propofol
- alternativ bzw. bei bestimmten Indikationen wird Thiopental, Etomidat oder Ketamin verabreicht
- Eintreten von Bewusstlosigkeit, Apnoe und Verlust der Schutzreflexe
- Maskenbeatmung (nicht bei Ileus-Einleitung)
- ggf. Gabe eines Muskelrelaxans (z.B. bei geplanter endotrachealer Intubation)
- z.B. Rocuronium, Mivacurium oder Cisatracurium
- bei Ileus-Einleitung alternativ Succinylcholin
- Atemwegssicherung (endotracheale Intubation oder Larynxmaske) und Bestätigung der Tubuslage
- maschinelle Beatmung
Intravenöse Anästhetika haben einen schnellen Wirkungseintritt. Abhängig von der Dosis, der Injektionsgeschwindigkeit und weiteren Faktoren (z.B. Umverteilung, Metabolisierung und Plasmaeiweißbindung) haben sie jedoch teils erhebliche Auswirkungen auf den Kreislauf. Während der Narkoseeinleitung müssen die Vitalparameter des Patienten daher streng überwacht und Störungen therapiert werden (z.B. durch Gabe von Noradrenalin).
Sonderformen
Insbesondere bei (unkooperativen) Kindern ist die Anlage eines venösen Zugangs nicht immer problemlos möglich. In diesen Fällen kann eine inhalative Narkoseeinleitung (sog. Maskeneinleitung) notwendig sein. Dabei wird über die Maske ein Inhalationsanästhetikum (in der Regel Sevofluran, selten auch zusätzlich Lachgas) in hoher Konzentration bis zum Bewusstseinsverlust verabreicht. Nach Überwinden des Exzitationsstadiums kann dann ein venöser Zugang gelegt werden, über den die weitere Narkoseeinleitung erfolgt.
In besonderen Ausnahmefällen ist ein entsprechendes Vorgehen auch durch eine intramuskuläre oder rektale Gabe von Anästhetika möglich.
HowTo-Video
Narkoseaufrechterhaltung
Nach abgeschlossener Narkoseeinleitung erfolgt die Narkoseaufrechterhaltung als total intravenöse Anästhesie (TIVA) oder als balancierte Anästhesie.
Literatur
- Striebel: Die Anästhesie, 4. Auflage. Stuttgart, Thieme; 2019.