Mycoplasma hominis
Synonym: Mykoplasma hominis
Englisch: mycoplasma hominis
Definition
Mycoplasma hominis ist ein potentiell pathogenes Bakterium aus der Familie der Mycoplasmataceae und bewohnt als Kommensale den Urogenitaltrakt des Menschen.
Systematik
- Abteilung: Tenericutes
- Klasse: Mollicutes
- Ordnung: Mycoplasmatales
- Familie: Mycoplasmataceae
- Gattung: Mycoplasma
- Art: Mycoplasma hominis
- Gattung: Mycoplasma
- Familie: Mycoplasmataceae
- Ordnung: Mycoplasmatales
- Klasse: Mollicutes
Erreger
Mycoplasma hominis ist ein sehr kleines (0,1 bis 0,6 µm) Bakterium, das sowohl eine RNA, als auch eine DNA besitzt. Das Genom von Mycoplasma hominis ist jedoch sehr klein, weshalb das Bakterium lebenswichtige Bausteine (z.B. Cholesterin) nicht eigenständig synthetisieren kann. Der Erreger ist für seinen Fortbestand auf die Wirtszellen angewiesen, von denen er essentielle Wachstumsfaktoren wie Nukleotide, Cholesterin, Aminosäuren und Fettsäuren bezieht. Weiterhin haben Mykoplasmen einen fakultativ anaeroben Stoffwechsel, bilden keine Sporen und besitzen keine Kapsel.
Das Bakterium verfügt über keine mureinhaltige Zellwand, sodass es nicht mittels Gramfärbung anfärbbar ist. Auf Grund der fehlenden Zellwand bleiben zellwandaktive Antibiotika (z.B. Beta-Laktam-Antibiotika) und das im Endosom vorkommende Enzym Lysozym gegen Mycoplasma hominis wirkungslos.
Die Zellmembran von Mycoplasma hominis enthält Cholesterin, was ungewöhnlich für Prokaryonten ist. Zur Anheftung an das Epithel der Urogenital- und Darmschleimhaut besitzt das Bakterium spezielle Oberflächenmoleküle (Zytoadhäsine). Mykoplasmen sind allgemein gesehen zwar flexibel, zeigen aber nur mangelnde osmotische Resistenz.
Mykoplasmen können verschiedenen Formen (Kugeln, Tropfen, Ringe) annehmen. Da sie jedoch oftmals in Form von langen Fäden vorkommen, erinnert ihr Aussehen an Pilze, was ihnen zu ihrem Namen verholfen hat.
Vorkommen
Mykoplasma hominis kommt weltweit vor und besiedelt als Kommensale vor allem den Urogenitaltrakt des Menschen. Das Bakterium nutzt die Ressourcen seines Wirtsorganismus, ruft jedoch in der Regel keine Infektion hervor und bleibt somit für den Großteil der Menschen apathogen. Der Mensch stellt das einzig bekannte Erregerreservoir dar.
Übertragung
Die Infektion mit Mycoplasma hominis zählt im weitesten Sinne zu den sexuell übertragbaren Krankheiten (STD). Die Übertragung erfolgt in der Regel über ungeschützten Geschlechtsverkehr. Auch eine Übertragung durch Körperflüssigkeiten wie Blut und Speichel ist möglich.
Bei einer Besiedlung des mütterlichen Genitaltraktes kann Mycoplasma hominis intrauterin und perinatal auf das Kind übertragen werden.
Klinik
Infektionen mit Mycoplasma hominis verlaufen oft asymptomatisch, weshalb sie lange unbemerkt bleiben. Mycoplasma hominis verursacht bis zu 5 % der akuten Pyelonephritiden. Weiterhin kann es eine Kolpitis, Endometritis und Adnexitis bzw. eine entzündliche Beckenerkrankung (Pelvic inflammatory disease) auslösen.
Selten und v.a. bei Immungeschwächten verursacht der Erreger Gehirnabszesse, Wundinfektionen, eine Mediastinitis nach Sternotomie sowie eine Endokarditis oder eine septische Arthritis.
Auch eine seltene intrauterine oder peripartale Übertragung auf das Kind ist möglich. Intrauterine Komplikationen können im Rahmen von aufsteigenden Infektionen (z.B. Chorioamnionitis) auftreten, was gelegentlich zu Aborten oder Frühgeburten führt. Eine peripartale Übertragung auf das Kind kann eine Neugeborenenpneumonie, -sepsis oder -meningitis hervorrufen. Bei 5-10 % der Frauen mit postpartalem oder postabortalem Fieber lässt sich Mycoplasma hominis nachweisen.
Bei Urethritiden, Epididymitiden oder Prostatitiden scheint Mycoplasma hominis keine primäre ätiologische Bedeutung zu haben.
Labormedizin
In der Labormedizin steht insbesondere der direkte Erregernachweis im Vordergrund. Serologische Methoden spielen eine untergeordnete Rolle.
Material
Für die Untersuchung werden ein urogenitaler Schleimhautabstrich oder 5 ml von einem Erststrahlurin benötigt. Aufgrund der fehlenden Zellwand sind die Erreger sehr anfällig gegenüber Umwelteinflüssen und trocknen schnell aus. Daher sollte die Probe schnell transportiert und analysiert werden.
Direkter Erregernachweis
Der direkte Erregernachweis erfolgt mittels Multiplex-PCR, da sie den simultanen Nachweis verschiedener differentialdiagnostisch relevanter Pathogene (z.B. Gonokokken, Chlamydien oder andere Mykoplasmen) ermöglicht.
Weiterhin kann Mycoplasma hominis auf Spezialnährmedien (z.B. Argininmedium) unter mikroaerophilen oder anaeroben Bedingungen unter Zugabe von Cholesterin kultiviert werden. Der Nachweis ist jedoch langwierig (2 bis 7 Tage) und kann nur in speziellen Laboren durchgeführt werden.
Indirekter Erregernachweis
Der indirekte Erregernachweis basiert auf der Bestimmung spezifischer Antikörper im Patientenserum. Wegen der weiten Verbreitung des Erregers als Bestandteil der kommensalen Flora hat der serologische Nachweis jedoch nur einen geringen diagnostischen Wert.
Therapie
Eine Infektion mit Mycoplasma hominis wird mit oralen Antibiotika behandelt. Zum Einsatz kommen Doxycyclin oder Clindamycin. Generell sind die meisten Stämme gegen Tetrazykline sensibel, jedoch ist eine zunehmende Resistenzentwicklung zu beobachten. Gegen Makrolide sind die meisten Stämme resistent. Bei Nachweis im Rahmen einer bakteriellen Vaginose wird eine isolierte Therapie nicht empfohlen. Eine Behandlung der Sexualpartner zur Vermeidung eines Ping-Pong-Effekt ist sinnvoll.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 09.04.2021
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