Morbus Ménétrier
nach dem französischen Arzt Pierre Eugène Ménétrier (1859–1935)
Synonym: Riesenfaltengastritis, Morbus Menetrier, diffuse foveoläre Hyperplasie, hyperplastische Gastropathie, Ménétrier-Syndrom, Ménétrier' Faltenhyperplasie des Magens
Englisch: Menetrier's disease
Definition
Der Morbus Ménétrier ist eine Erkrankung des Magens, die durch eine partielle Hyperplasie der Magenschleimhaut mit Aufwerfung ungewöhnlich breiter, vergröberter Magenfalten charakterisiert ist.
Epidemiologie
Die Inzidenz und Prävalenz der Erkankung sind nicht bekannt, es scheint sich aber um eine seltene Erkrankung zu handeln. Männer sind häufiger betroffen. Der Altersgipfel liegt bei 30 bis 60 Jahren, in seltenen Fällen sind auch Kinder betroffen.[1]
Ätiopathogenese
Die Ätiologie des Morbus Ménétrier ist bislang (2023) nicht vollständig geklärt. Familiäre Häufungen finden sich nur in einem kleinen Teil der Fälle. Teils wird in Fallberichten eine Assoziation mit einer Helicobacter-pylori-Gastritis oder einer CMV-Infektion beschrieben,[2] letzteres häufiger bei Kindern als bei Erwachsenen. Jedoch findet sich in einem Großteil der Fälle kein Nachweis dieser Erreger, weswegen die Bedeutung dieser Befunde kontrovers diskutiert wird.
Auch die Pathogenese ist zuzeit (2023) noch unklar. Bei Ménétier-Patienten lässt sich eine Überexpression von TGFα nachweisen. Der Wachstumsfaktor bindet physiologisch als Ligand an den EGF-Rezeptor.[2] Es wird vermutet, dass die vermehrte Bindung an den Rezeptor die gastrischen Stammzellen zu einer verstärkten Differenzierung und Proliferation in Zellen des Oberflächenepithels zum Nachteil der Haupt- und Parietalzellen anregt. Dadurch erweitern und verlängern sich die Foveola gastrica. Zusätzlich kommt es zur erhöhten Schleimproduktion und verminderten Säureproduktion. Das führt zu einer Malabsorption von Nährstoffen, Elektrolyten und Vitaminen im Dünndarm.[3]
Klinik
Die Erkrankung verläuft chronisch-progredient mit folgenden Symptomen:[4][5]
- epigastrische Schmerzen
- Appetitlosigkeit, Erbrechen, Gewichtsverlust
- exsudative Gastropathie mit Diarrhö und Hypoalbuminämie
- generalisierte Anasarka
- Aszites
- Pleuraergüsse
- Schleimhauterosionen mit (meist okkulten) oberen gastrointestinalen Blutungen
- B12-Hypovitaminose (Parietalzellverdrängung)
Je nach Ausprägungsgrad der Erkrankung können auch einzelne Symptome fehlen.
Wichtigste Komplikation des Morbus Ménétrier ist die maligne Entartung, d.h. der Übergang in ein Magenkarzinom, in 2 bis 15 % der Fälle. Er gilt daher als Präkanzerose.
In seltenen Fällen verläuft die Erkrankung asymptomatisch.
Diagnostik
Die Diagnose eines Morbus Ménétrier kann nach Durchführung einer Gastroskopie mit Entnahme von Biopsien aus repräsentativen Arealen gesichert werden. Makroskopisch treten die charakteristischen Riesenfalten (Breite typischerweise > 1 cm), betont an der großen Kurvatur des Magens auf. Durch eine pH-Metrie kann eine Achlorhydrie festgestellt werden.
Zusätzlich sollte durch einen Erregernachweis eine Infektion mit Helicobacter pylori und Zytomegalievirus untersucht werden.
Pathohistologie
Im Biopsat sind folgende mikroskopische Befunde vorzufinden:
- Zystische Erweiterung und Verlängerung einzelner Foveolae mit Verschleimung
- Atrophie der Magendrüsen mit Verlust von säureproduzierenden Belegzellen
- Ödematöse Auftreibung der Schleimhaut mit Infiltraten von Entzündungszellen (häufig Eosinophilie)
- In die Schleimhaut hineinreichende Muskelzellbalken
Therapie
Die konservative Therapiemöglichkeiten umfassen:[4]
- Helicobacter-pylori-Eradikation bei festgestellter Typ-B-Gastritis, dies kann zur Rückbildung der histologischen Befunde führen
- Somatostatin-Analoga (z.B. Octreotid)
- EGFR-Inhibitoren (z.B. Cetuximab)
Ein Teil der Fälle zeigt sich nach diesen Therapien jedoch refraktär.
Bei einer Persistenz des Befundes in der Kontrolle sollten engmaschig weitere Gastroskopien erfolgen. Werden in den hierbei entnommenen Biopsien progressive Veränderungen im Sinne zunehmender Dysplasien aufgedeckt, oder besteht eine Therapierefraktärität, ist eine Gastrektomie angezeigt.
Einzelnachweise
- ↑ Huh, Dr. W., Coffey, R. J.: "Ménétrier-Syndrom" Orphanet, 2016.
- ↑ 2,0 2,1 Huh WJ, Coffey RJ, Washington MK.: "Ménétrier's Disease: Its Mimickers and Pathogenesis" Journal of Pathology and Translational Medicine, 2016.
- ↑ Gore et al. [ https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK563154/ Menetrier Disease]. StatPearls (online). Abgerufen am 19.07.2023
- ↑ 4,0 4,1 Suttorp N, Möckel M, Siegmund B, Dietel M (Hrsg.): "Harrisons Innere Medizin". 20. Auflage. Berlin: ABW Wissenschaftsverlag; 2020.
- ↑ Classen, Diehl, Kochsiek (Hrsg.): "Innere Medizin". 6. Auflage. Elsevier 2009. S. 874.
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