Lineare IgA-Dermatose
Synonyme: IgA-Pemphigoid, chronisch bullöse Dermatose des Kindesalters
Englisch: linear IgA dermatosis
Definition
Die lineare IgA-Dermatose, kurz LAD, ist eine seltene Erkrankung aus der Gruppe der Autoimmundermatosen, die durch lineare IgA-Ablagerungen an der dermoepidermalen Junktionszone charakterisiert ist. Sie äußert sich durch Erytheme und Blasen und tritt sowohl im Kindes- als auch im Erwachsenenalter auf.
Abgrenzung
Die lineare IgA-Dermatose (auch IgA-Pemphigoid genannt) darf nicht mit dem IgA-Pemphigus verwechselt werden. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine autoimmune bullöse Hauterkrankung, bei der sich die zirkulierenden IgA-Antikörper gegen Zelloberflächenbestandteile von Keratinozyten richten. Die Blasen entstehen dabei innerhalb der Epidermis. Bei der linearen IgA-Dermatose befinden sich die Läsionen dagegen unterhalb der Epidermis, an der dermoepidermalen Junktionszone.
Epidemiologie
Es handelt sich um eine sehr seltene Erkrankung, die Inzidenz in Deutschland wird auf etwa 0,02 bis 0,05 von 100.000 Einwohnern pro Jahr geschätzt. Die lineare IgA-Dermatose macht nur etwa 1 % der blasenbildenden Hauterkrankungen aus. Die Erkrankung tritt in China und einigen Regionen Afrikas etwas häufiger auf. In Mitteleuropa und Nordamerika ist die lineare IgA-Dermatose die häufigste blasenbildende Erkrankung im Kindesalter.
Der Altersgipfel liegt vor dem 5. Lebensjahr und jenseits des 60. Lebensjahres.
Einteilung
Je nach Manifestationsalter unterscheidet man:
- lineare IgA-Dermatose des Kindes, auch als chronische bullöse Dermatose des Kindesalters bezeichnet
- lineare IgA-Dermatose des Erwachsenen
Ätiopathogenese
Die lineare IgA-Dermatose ist eine Autoimmunerkrankung, bei der es zur Bildung von Autoantikörpern gegen Antigene der Lamina lucida oder der Lamina densa der Basalmembranzone kommt. Die Ausbildung von Antigen-Antikörper-Komplexen entlang der Basalmembran bewirkt die Aktivierung der Komplementkaskade.
In der Mehrheit der Fälle werden Autoantikörper der Klasse IgA, seltener auch IgG oder eine Kombination nachgewiesen.
Ein häufiges Zielautoantigen ist das Protein bei LAD-1, eine lösliche 120 kD schwere Ektodomäne von BP180. Seltener lassen sich IgA-Antikörper gegen BP230 nachweisen.
Des Weiteren kann die Erkrankung durch Medikamente induziert werden. Zu den möglichen medikamentösen Triggern zählen z.B. Vancomycin, Lithium, Diclofenac, Captopril, Glibenclamid, Jod, Interferon gamma, Zytostatika oder Phenytoin. Es scheint im Erwachsenenalter eine Assoziation mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa) zu geben. Eine Verbindung zur Zöliakie ist umstritten.
Klinik
Charakteristisch für die lineare IgA-Dermatose ist die Ausbildung von prallen, mit hämorrhagischer Flüssigkeit gefüllten Bläschen und Blasen, die entweder auf gesunder Haut oder auf Erythemen entstehen. Das Erscheinungsbild ist polymorph, Erytheme und Blasen bestehen nebeneinander und können anulär, herpetiform bzw. juwelenförmig gruppiert sein. Juckreiz und Schmerzen sind möglich.
Prädilektionsstellen für die Erkrankung sind das Gesicht (insbesondere perioral und aurikulär), das Capillitium und die Anogenitalregion, ferner auch Rumpf und Extremitäten. In ca. 80 % der Fälle kommt es zu einer Schleimhautbeteiligung (vorwiegend bei der adulten Form), wobei analog zum Schleimhautpemphigoid ein Befall der Konjunktiven mit Vernarbungen bis hin zur Erblindung vorkommen kann.
Diagnostik
Die Diagnose erfolgt mittels der Immunhistochemie. Es lassen sich lineare IgA- und Komplementablagerungen entlang der Basalmembran nachweisen. Eventuell findet man Autoantikörper im Serum.
In der Histopathologie zeigen sich subepidermale Blasen mit vielen Neutrophilen, wenigen Eosinophilen und ein lymphohistiozytäres Infiltrat in der oberen Dermis, ggf. auch papilläre Mikroabszesse. Anhand der Histopathologie ist es kaum möglich, die lineare IgA-Dermatose von einer Dermatitis herpetiformis zu unterscheiden.
In der direkten Immunfluoreszenzuntersuchung (DIF) imponieren lineare Ablagerungen von IgA und schwächere Ablagerungen von C3 und IgG an der dermoepidermalen Junktionszone.
In der indirekten Immunfluoreszenzuntersuchung auf NaCl-separierter humaner Spalthaut zeigt sich in der Mehrheit der Fälle ein Nachweis von IgA-Antikörpern, die an das Dach der artifiziellen Blase binden, in selteneren Fällen auch IgG-Antikörper.
Differenzialdiagnose
Differenzialdiagnostisch kommen u.a. folgende Erkrankungen in Betracht:
- Bullöse Impetigo
- Bullöses Pemphigoid
- erworbene oder hereditäre Epidermolysis bullosa
- Erythema exsudativum multiforme
- bullöses Arzneimittelexanthem
- Dermatitis herpetiformis Duhring
- Schleimhautpemphigoid
- bullöse Mastozytose
Prognose
Während die lineare IgA-Dermatose des Kindesalters meistens einen selbstlimitierenden Verlauf hat, verläuft die Erkrankung bei Erwachsenen meistens chronisch.
Therapie
Mittel der Wahl ist Dapson, wobei vorher ein Glukose-6-phosphat-Dehydrogenase-Mangel ausgeschlossen werden sollte. Alternativ kommen Sulfonamide zum Einsatz. Weitere Optionen bei Erwachsenen sind Tetrazykline, Niacinamid oder IVIGs. Bei Therapierefraktärität stellt Rituximab eine Option dar.
Literatur
- orpha.net – IgA-Dermatose, lineare, abgerufen am 29.01.2024
- Altmeyers Enzyklopädie – Lineare IgA-Dermatose L13.8, abgerufen am 29.01.2024
- Plewig et al., Braun-Falco's Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Springer, 7. Auflage