Tetrazykline
Synonym: Tetracycline
Englisch: tetracycline antibiotics
Definition
Tetrazykline sind eine Gruppe von Antibiotika, deren Leitsubstanz zunächst aus Bakterien der Gattung Streptomyces isoliert wurde.
Vorkommen, Herstellung
Die zuerst aus Bakterienarten isolierten Substanzen waren das Chlortetracyclin und das Oxytetracyclin. Die in der Medizin als Antibiotikum genutzten Tetrazykline sind chemisch modifizierte Derivate dieser Substanzen. Sie weisen eine günstigere Pharmakokinetik und eine bessere Verträglichkeit auf.
Wirkungsmechanismus
Tetrazykline binden an die 30s-Untereinheit der bakteriellen Ribosomen und modifizieren so die Anlagerung der Aminoacyl-tRNA. Die Aminoacyl-tRNA kann sich auf der Seite der 50s-Untereinheit nicht korrekt ausrichten, um eine Peptidyltransferase-Reaktion durchzuführen. Dadurch kommt es im Rahmen der Proteinsynthese zum Abbruch der Peptidkette. Durch diesen Wirkmechanismus wirken Tetrazykline bakteriostatisch, d.h. nicht auf ruhende Keime.
Wirkungsspektrum
Prinzipiell wirken Tetrazykline sowohl gegen grampositive, als auch gramnegative Bakterien. Darüber hinaus sind auch zellwandlose Bakteriengattungen wie Chlamydien und Mykoplasmen empfindlich gegenüber Tetrazyklinen. Auch Borrelien (u.a. Lyme-Borreliose) und Spirochäten (u.a. Syphilis) sind empfindlich.
Resistenzen bestehen vor allem durch Bakterien mit Effluxpumpen, die einen Auswärtstransport der Tetrazykline bewirken und kleine ribosomale Alterationen, die zu einer Unwirksamkeit führen. Durch sparsamen Einsatz der Tetrazykline hat sich die Resistenzlage in den letzten Jahren etwas entspannt.
Substanzen
Im klinischen Einsatz befindliche Tetrazykline sind:
Sie unterscheiden sich hauptsächlich bezüglich ihrer pharmakokinetischen Eigenschaften.
Als Derivat der Tetrazykline, zur Untergruppe der Glycylcycline gehörend, ist die Substanz Tigecyclin zu nennen. Sie kommt bei schweren Infektionen mit multiresistenten Keimen als Reserveantibiotikum zum Einsatz.
Nebenwirkungen
Tetrazykline können bei Erwachsenen zu unspezifischen gastrointestinalen (Erbrechen, Übelkeit) und neurologischen (Schwindel) Beschwerden führen. Es kann ferner zu Juckreiz und Exanthemen kommen. Selten kann - vor allem bei hoher Dosierung - eine Erhöhung der Transaminasen und eine Pankreatitis auftreten.
Durch das breite Wirkungsspektrum bedingt, beeinträchtigen Tetrazykline die Standortflora von Darm, Vagina und Haut stark. So kann es vor allem bei längerer Anwendung zur pseudomembranösen Colitis und Mykosen (Candidose) von Haut und Vagina kommen.
Wechselwirkungen
Tetrazykline bilden Komplexe mit mehrwertigen Metallionen, beispielsweise Magnesium, Eisen, Calcium und Aluminium. Die Einnahme der Tetrazykline sollte daher zeitlich getrennt von calciumhaltigen Lebensmitteln (Milch, Sojamilch), Antazida und Eisen- bzw. Magnesiumpräparaten erfolgen.
Tetrazykline setzen die Wirkung von oralen Kontrazeptiva herab.
Tetrazykline sollten nicht während einer Isotretinoin-Therapie eingenommen werden, da beide Wirkstoffe den intrakraniellen Druck erhöhen können.
Kontraindikationen
Bei Schwangeren und Stillenden sind Tetrazykline kontraindiziert, da sie mit Calcium in Zahnschmelz, Dentin und Knochen des Kindes eingebaut werden. Dies führt zu einer erhöhten Frakturanfälligkeit und Verfärbung der Zähne. Bei Kindern unter 8 Jahren sollten Tetrazykline aus dem gleichem Grund nur im Falle einer vitalen Indikation eingesetzt werden. Ob dies auch für Doxycyclin gilt, ist umstritten.[1]
Quellen
- ↑ Tiphaine Gaillard et al.: The end of a dogma: the safety of doxycycline use in young children for malaria treatment. Malar J. 2017; 16: 148. PMCID: PMC5390373 PMID: 28407772