Isotretinoin
Handelsnamen: Aknenormin®, IsoGalen®, Isotret®, Ciscutan® und Generika
Synonym: Isotretinoinum, 13-cis-Retinsäure
Englisch: isotretinoin
Definition
Isotretinoin ist ein Arzneistoff, der zur topischen oder systemischen Therapie einer schweren Akne eingesetzt wird.
Chemie
Isotretinoin ist das Stereoisomer der all-trans-Retinolsäure (Tretinoin, Vitamin-A-Säure). Die Summenformel ist C20H28O2. Der chemische Name ist
- (2Z,4E,6E,8E)-3,7-Dimethyl-9-(2,6,6-trimethylcyclohexen-1-yl)nona-2,4,6,8-tetraensäure (IUPAC)
Die molare Masse beträgt 300,4 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) 5,66. Die CAS-Nummer lautet 4759-48-2. Die Substanz liegt bei Raumtemperatur als gelbes bis hell oranges, kristallines Pulver vor, das in Wasser praktisch unlöslich ist.
Wirkmechanismus
Der Wirkmechanismus von Isotretinoin ist nicht vollständig geklärt. Die Substanz tritt wahrscheinlich mit intrazellulären Retinoidrezeptoren in Wechselwirkung. Die Bindung an den Rezeptor ist dabei relativ schwach. Es gibt Hinweise darauf, dass Isotretinoin teilweise zu Tretinoin metabolisiert wird, das eine stärkere Affinität zu Retinoidrezeptoren aufweist. Die Proliferation, Differenzierung und Aktivität von basalen Sebozyten wird gehemmt (Zellzyklusarrest). Über einen von der Bindung an die Rezeptoren abhängigen Mechanismus wird ihre Apoptose induziert, die follikuläre Keratinisierung normalisiert und die Komedogenese gehemmt. Es kommt zu einer Hemmung der Talgdrüsenfettsynthese und zu einer Reduktion der Talgausscheidungsrate.[1]
Pharmakokinetik
Isotretinoin wird nach oraler Aufnahme rasch resorbiert. Nach Verzehr einer fettreichen Mahlzeit steigt die Bioverfügbarkeit an. Maximale Plasmaspiegel werden nach 1 bis 4 Stunden erreicht. Die Plasmaproteinbindung beträgt 99 %. Zum Verteilungsvolumen gibt es keine Angabe. Die Biotransformation in der Leber erfolgt über die Cytochrom-P450-Isoenzyme CYP2C8, CYP2C9, CYP3A4 und CYP2B6 zu einer Reihe aktiver Metaboliten. Die Elimination erfolgt mit den Faeces und den Urin. Die Eliminationshalbwertszeit beträgt initial 30 Minuten und terminal 10 bis 20 Stunden.
Indikationen
Isotretinoin wird zur Behandlung schwerer Formen von Akne (wie noduläre Akne oder Acne conglobata oder Akne mit Gefahr einer dauerhaften Narbenbildung) angewendet, die gegenüber angemessenen Standardbehandlungszyklen mit systemischen Antibiotika und lokaler Behandlung therapieresistent ist.
Für die Anwendung bei verschiedenen anderen Hauterkrankungen ist Isotretinoin nicht zugelassen. Off-Label wird bei der Wirkstoff bei Rosazea und aktinischer Keratose eingesetzt.
Darreichungsform
Dosierung
Topisch wird Isotretinoin in einer Wirkstoffkonzentration von 0,05 bis 0,1% eingesetzt.
Bei systemischer Therapie sollte die initiale tägliche Dosierung 0,5 mg/kgKG betragen; eine individuelle Dosisanpassung erfolgt in einem Bereich von 0,5 bis 1,0 mg/kgKG/Tag.
Während der Behandlung ist die Haut empfindlicher gegenüber Sonnen- und UV-Strahlung und sollte gut geschützt werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Isotretinoin kann teilweise zu starken Nebenwirkungen führen. Dazu zählen Hautreizungen und -entzündungen, Pruritus, trockene Haut sowie Hautschuppungen und -schälungen. Bei topischer Therapie bleiben diese Nebenwirkungen auf den direkten Anwendungsbereich beschränkt, bei systemischer Therapie können sie am gesamten Integument auftreten.
Weitere mögliche Nebenwirkungen bei systemischer Anwendung sind:
- Augenreizungen und - entzündungen, trockene Augen, Nachtblindheit
- trockene Rhinitis
- trockene Mund- und Rachenschleimhaut
- Gelenk- und Muskelschmerzen
- Haarausfall
- Kopfschmerzen
- Störungen der Blutbildung (Anämie, Thrombozytopenie oder Thrombozytose)
- Störungen des Fettstoffwechsels (Hypertriglyceridämie)
- Hyperglykämie (bei bestehendem Diabetes mellitus)
- intrakranielle Hypertonie in Einzelfällen (insb. bei gleichzeiger Gabe von Tetrazyklinen)
Wechselwirkungen
Es besteht die Gefahr einer Hypervitaminose A, wenn Isotretinoin gleichzeitig mit Vitamin A eingenommen wird.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Isotretinoin und Tetrazyklinen wurde über benigne intrakranielle Hypertension (Pseudotumor cerebri) berichtet.
Die gleichzeitige Anwendung von topischen Keratolytika oder Schälpräparaten zur Aknebehandlung ist zu vermeiden, weil es vermehrt zu lokalen Reizungen kommen kann.
Kontraindikationen
Die Anwendung von Isotretinoin ist kontraindiziert bei:
- Überempfindlichkeit gegen Isotretinoin oder einen der sonstigen Bestandteile des Arzneimittels
- schwerer Leber- und Nierenfunktionsstörung
- Behandlung mit Tetrazyklinen
- Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangerschaft und Stillzeit
Isotretinoin ist teratogen und kann zu einer Retinoid-Embryopathie führen. Daher darf es während der Schwangerschaft nicht angewandt werden. Vor Beginn einer systemischen Therapie mit Isotretinoin bei Frauen im gebährfähigen Alter muss eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden. Während der Therapie müssen ausreichende Maßnahmen zur Empfängnisverhütung getroffen werden. Zusätzlich sollte man alle vier Wochen einen Schwangerschaftstest durchführen.
Isotretinoin tritt leicht in die Muttermilch über. Die Anwendung während der Stillzeit ist kontraindiziert.
Labormedizin
Bei einer systemischen Behandlung sollen monatlich folgende Laboruntersuchungen durchgeführt werden:
- vollständiges Blutbild
- Leberfunktion
- Blutglukose
- Kreatinkinase
- Triglyceride
- HDL-Lipoproteine
- β-humanes Choriongonadotropin im Serum oder Schwangerschaftstest im Urin
ATC-Codes
- ATC D10AD04 - Aknemittel - Retinoide zur topischen Anwendung bei Akne - Isotretinoin
- ATC D10AD54 - Aknemittel - Retinoide zur topischen Anwendung bei Akne - Isotretinoin, Kombinationen
- ATC D10BA01- Aknemittel - Aknemittel zur systemischen Anwendung - Isotretinoin
Quellen
- ↑ Melnik BC. Apoptosis May Explain the Pharmacological Mode of Action and Adverse Effects of Isotretinoin, Including Teratogenicity. Acta Derm Venereol. 2017
Literatur
- Aktories K et al. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. 13. Aufl., München: Elsevier 2022
- Geisslinger G et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen: Pharmakologie - Klinische Pharmakologie - Toxikologie. 11. Aufl., Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2020
Weblinks
- Drugs.com - Isotretinoin, abgerufen am 12.03.2023
- Drugbank - Isotretinoin, abgerufen am 12.03.2023
- Gelbe Liste Wirkstoffe - Isotretinoin, abgerufen am 12.03.2023
- PharmaWiki - Isotretinoin, abgerufen am 12.03.2023
- PubChem: 5282379
- MeSH: D015474
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