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Tularämie

(Weitergeleitet von Hasenpest)

Synonyme: Hasenpest, Nagetierseuche, Lemming-Fieber, Parinaud-Krankheit
Englisch: tularemia

1. Definition

Unter der Tularämie versteht man eine Infektion mit dem bakteriellen Erreger Francisella tularensis. Da die Übertragung in der Regel von infizierten Nagetieren ausgeht, gehört die Tularämie zu den Zoonosen.

2. Epidemiologie

Während die Tularämie in Europa selten ist, tritt sie in Russland und in Amerika endemisch auf.

3. Klassifikation nach ICD-10

  • A21.- Tularämie
    • A21.0 Ulzeroglanduläre Tularämie
    • A21.1 Okuloglanduläre Tularämie
    • A21.2 Pulmonale Tularämie
    • A21.3 Gastrointestinale Tularämie (inkl. Abdominale Tularämie)
    • A21.7 Generalisierte Tularämie
    • A21.8 Sonstige Formen der Tularämie
    • A21.9 Tularämie, nicht näher bezeichnet

4. Pathogenese

Die vor allem bei Nagetieren vorhandenen Erreger können auf zwei verschiedene Wege übertragen werden: zum einen über direkten Tierkontakt, zum anderen indirekt über kontaminierte Nahrungsmittel, Inhalation von infektiösen Stäuben und Aerosolen oder über Ektoparasiten (z.B. Flöhe, Läuse, Bremsen, Wanzen oder Zecken). Reservoir sind Hasen, Nagetiere, Zecken und vermutlich auch aquatische Einzeller (Amöben).

Nach der Infektion tritt eine lokalisierte Entzündung auf, gefolgt von der Verschleppung der Erreger in Lymphknoten durch Granulozyten. Von den Lymphknoten aus ist die hämatogene Streuung in praktisch alle Organe möglich, wobei es in den befallenen Organen zur Ausbildung von verkäsenden Granulomen sowie zur Abszessbildung kommt.

5. Klinik

Nach einer Inkubationszeit von einem bis vierzehn Tagen entsteht an der Eintrittsstelle der Primärkomplex, unter dem man eine ulzeröse Entzündung sowie eine regionale Lymphadenitis versteht.

Dem Primärkomplex folgt die Generalisierung. Charakteristisch sind ein schweres Krankheitsgefühl, hohes Fieber sowie unterschiedliche Symptome, die von der Organmanifestation abhängen.

Die einzelnen klinischen Formen der Tularämie werden durch die Eintrittspforte der Erreger definiert. Eine übergeordnete Einteilung unterscheidet die innere (z.B. Atemwege oder Gastrointestinaltrakt betroffen) von der äußeren Tularämie (z.B. ulzero- und okuloglanduläre Formen).

Form der Tularämie Infektionsweg Klinisches Erscheinungsbild
Ulzeroglanduläre Form (häufigste Form) Kontakt mit infizierten Tieren bzw. Arthropoden

Primäraffekt:

Im Sekundärstadium ist eine Generalisation der Infektion bei eitriger Einschmelzung der Lymphknoten möglich.

Glanduläre Form

Wie ulzeroglanduläre Form, aber ohne Hautulzerationen

Okuloglanduläre Form (selten) Schmierinfektion oder Kontakt mit kontaminierten Stäuben Zumeist einseitige Konjunktivitis mit erhöhtem Tränenfluss, Photophobie und präaurikulärer Lymphadenopathie
Pulmonale Form Inhalation von kontaminiertem Staub oder Aerosolen
  • schwere (Broncho-)Pneumonie mit Dyspnoe, Husten oder atemabhängigen Schmerzen
  • Übelkeit, Erbrechen
  • Röntgenbild:
    • pulmonale Infiltrate
    • (bi)hiläre Lymphadenopathien
    • sekundäre Pneumonie möglich
Sonstige Formen der Tularämie
Oropharyngeale Form orale Aufnahme von kontaminiertem Wasser oder Lebensmitteln
Typhoidale Form unbekannter Infektionsweg

5.1. Komplikationen

Im Rahmen einer Generalisation können folgende schwerwiegende Organmanifestationen auftreten:

6. Diagnostik

Die Diagnose Tularämie wird mittels labormedizinischer Methoden gestellt:

Der Nachweis kann kulturell aus Sputum oder Biopsien erfolgen, wobei dieser jedoch sehr schwierig ist und spezielle Nährböden erfordert. Ab der zweiten Krankheitswoche ist ein serologischer Nachweis von Antikörpern möglich, Kreuzreaktionen mit Yersinia enterocolitica und Brucellen sind jedoch möglich.

6.1. Material

Für den Antikörpernachweis wird 1 ml Serum benötigt. Für den kulturellen Erregernachweis können Blut, Abstrich- und Biopsiematerial verwendet werden.

6.2. Indirekter Erregernachweis

Der indirekte Erregernachweis erfolgt durch Bestimmung spezifischer Antikörper mithilfe von:

6.3. Direkter Erregernachweis

Der direkte Erregernachweis ist möglich durch:

6.4. Referenzbereich

  • negativ, ggf. ist ein Anstieg des Antikörpertiters bei zweimaliger Kontrolle nachweisbar

7. Therapie

Eine antibiotische Therapie sollte frühzeitig eingeleitet werden. In der Regel wird die Tularämie mit einer Kombination aus Streptomycin und Doxycyclin behandelt. Weitere wirksame Antibiotika sind Fluorchinolone, Chloramphenicol und Rifampicin. Makrolide sollten nur nach Vorliegen eines Resistogramms eingesetzt werden. Nicht wirksam gegen Francisella tularensis sind Beta-Lactam-Antibiotika.

8. Prognose

Unbehandelt beträgt die Letalität je nach Subspezies und Infektionsweg 10 bis 60 %. Wird rechtzeitig mit der Therapie begonnen, ist die Prognose gut.

Das Überleben der Infektion führt zu einer lang andauernden Immunität.

9. Prophylaxe

Zu den präventiven Maßnahmen zählen die Beseitigung und das Meiden von potentiell infektiösen Tieren und von Vektoren, sowie das Treffen besonderer Vorkehrungen bei Umgang mit erregerhaltigen Materialien.

10. Meldepflicht

Der Nachweis einer Infektion mit Francisella tularensis ist meldepflichtig.

Stichworte: Francisella, Infektion
Fachgebiete: Mikrobiologie

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