Blasenmole
Synonyme: Mola hydatiforma, Traubenmole, Mole
Englisch: molar pregnancy, hydatidiform mole
Definition
Unter einer Blasenmole versteht man eine blasenförmige Fehlbildung der Chorionzotten der Plazenta. Ursächlich ist eine Befruchtungsstörung, die zu einer fehlerhaften Zygote führt. In der Folge kommt es zu einer pathologischen Proliferation des Trophoblasten. Die Blasenmole gehört zu den villösen Trophoblasttumoren.
ICD10-Codes
- O01.0: Klassische Blasenmole
- O01.1: Partielle oder inkomplette Blasenmole
- O01.9: Blasenmole, nicht näher bezeichnet
- D39.2: Invasive Blasenmole
Einteilung
Man unterscheidet komplette und inkomplette Formen der Blasenmole. Beide Molenformen sind primär nicht-invasiv, können aber in eine invasive Blasenmole übergehen.
Komplette Blasenmole
Eine komplette Blasenmole entsteht durch eine paternale Disomie, wenn eine Eizelle ohne mütterliche Chromosomen von einem Spermium befruchtet wird. Das väterliche Genom wird daraufhin zu einem "vollständigen" Chromosomensatz mit 46 Chromosomen verdoppelt. Der entstehende Genotyp ist in der Mehrzahl der Fälle 46,XX. Der Genotyp 46,XY kommt deutlich seltener vor und ist auf eine Dispermie zurückzuführen. In der Folge kommt es zu einer Degeneration der Chorionzotten mit gleichzeitiger Proliferation des Zytotrophoblasten und Synzytiotrophoblasten. Auf diese Weise entwickelt sich lediglich Trophoblastgewebe, jedoch kein embryonales Gewebe.
Die komplette Blasenmole kommt mit in Europa mit einer Häufigkeit von etwa 1:1.200 Lebendgeburten vor.[1] Sie ist prinzipiell benigne und geht nur in 8 bis 15 % der Fälle in eine invasive Mole, beziehungsweise in 5 % der Fälle in ein Chorionkarzinom über. Eine Sonderform der kompletten Blasenmole ist die familiäre, wiederholte komplette Blasenmole, die sich aufgrund eines Gendefektes bildet.
Inkomplette Blasenmole
Die Ursache einer inkompletten Blasenmole - auch partielle Mole oder Partialmole genannt - ist eine Triploidie oder selten eine Tetraploidie. Der Genotyp ist 69,XXY oder 92,XXXY. Hierbei wird eine normale Eizelle mit haploidem Chromosomensatz durch zwei haploide Spermien oder von einem Spermium mit diploidem Chromosomensatz befruchtet. Im Fall einer Triploidie stammen zwei Drittel des Genoms vom Vater und ein Drittel des Genoms von der Mutter. Partialmolen können embryonales Gewebe aufweisen, sie enthalten jedoch keinen lebensfähigen Embryo.
Die Partialmole ist seltener als die komplette Blasenmole. Die Inzidenz beträgt etwa 3 Fälle auf 1.000 Schwangerschaften.[1] Sie hat nur ein sehr geringes Entartungsrisiko.
Invasive Blasenmole
Die invasive Blasenmole (Mola destruens) durchdringt lokal das Myometrium und erhält so Anschluss an die Lymph- und Blutgefäße des Uterus, den sie infiltriert. Selten kann es auch zu einer Verschleppung der Zellen mit dem Blutstrom und zur Absiedelung in andere Organe, z.B. die Lunge, kommen. Invasive Blasenmolen treten mit einer Häufigkeit von etwa 1:15.000 Schwangerschaften auf.[1]
Histologie
Komplette Blasenmole
Bei der kompletten Blasenmole sind die Chorionzotten hydropisch vergrößert und blasig aufgetrieben. Zum Teil ist der subtrophoblastäre Bindegewebssaum noch erhalten und weist nicht lumenbildende Gefäße auf. Das Stroma selbst ist gefäßfrei und zellarm. Weiterhin sind polymorphe intraepitheliale Mikrozysten zu sehen.
Inkomplette Blasenmole
Die inkomplette Blasenmole besteht aus hypovaskularisiertem Zottenstroma, das sowohl fibrotisch als auch hydropisch degeneriert ist. Es sind endovillöse Trophoblasteneinschlüsse sichtbar, die von einer fokalen Hypertrophie betroffen sind. Hierbei bildet vor allem der Synzytiotrophoblast Epithelzungen an der Zottenoberfläche aus.
Invasive Mole
Die Histologie entspricht der der Blasenmole, wobei die Zellen in Lymph- oder Blutgefäßen sowie extrauterin lokalisiert sind.
Symptome
Frühe Symptome der Blasenmole sind abnorme vaginale Blutungen, die von spontan abgehenden, bläschenförmigen Gewebeteilen begleitet sein können. Der Uterus ist meist vergrößert. Gestosezeichen wie sie in einer Frühschwangerschaft vorkommen, können ebenfalls vorhanden sein. Hierzu zählen vor allem Hyperemesis, Präeklampsie, Ödeme oder Proteinurie. Weiterhin können durch die thyreotrope Wirkung des erhöhten β-hCG Symptome einer Hyperthyreose auftreten.
Diagnostik
Zur Zeit (2021) umfasst die Schwangerschaftsvorsorge kein spezielles Screening auf Blasenmolen.
Körperliche Untersuchung
Bei der Palpation des Abdomens fällt ein vergrößerter, weicher Uterus auf. Bei der Inspektion der Vagina sind ggf. suburethral oder im Bereich des Fornix bläulich-rote Gewebeareale sichtbar.
Labordiagnostik
Bei den meisten, aber nicht allen Blasenmolen zeigt sich eine massive Erhöhung des β-hCG (teilweise über 1 Mio. IE/l) sowie ein erniedrigter TSH-Spiegel. Das macht das β-hCG zu einem wichtigen Diagnose- und Verlaufsparameter. Da Blasenmolen irreguläre β-hCG-Formen produzieren können, müssen die entsprechenden Assays so ausgelegt sein, dass diese mit erfasst werden. Assays, die für hCG-Isoformen nicht ausreichend sensitiv sind, führen ggf. zu falsch negativen Ergebnissen.
Die Laborbefunde sollten daher immer kritisch interpretiert werden. In Zweifelsfällen kann man parallel in Serum und Urin eine erneute hCG-Bestimmung durchführen. Auch eine Bestätigung durch ein Zweitlabor, das einen anderen geeigneten Assay zur Bestimmung von hCG nutzt, kann sinnvoll sein.[2]
Sonographie
Bei der Ultraschalluntersuchung des kleinen Beckens zeigen sich unterschiedlich ausgeprägte, echogene bläschenartige Strukturen im Cavum uteri. Bei einer kompletten Blasenmole finden sich keine fetalen Strukturen. Bei einer inkompletten Blasenmole ist ein Embryo häufig nachweisbar, dieser weist jedoch schwerwiegende Fehlbildungen auf und ist daher nicht lebensfähig. Durch den erhöhten β-hCG-Spiegel werden die Ovarien überstimuliert, sodass sich dort Luteinzysten entwickeln.
Komplikationen
Die wichtigste Komplikationen einer kompletten oder inkompletten Blasenmole ist der Übergang in eine invasive Mole. Weiterhin können Luteinzysten des Ovars torquieren oder rupturieren. Blasenmolen tragen immer das Risiko einer Blutung mit sich. Bei diagnostischen oder therapeutischen Manipulationen am Uterus besteht eine erhöhte Gefahr für Perforationen und Rupturen.
Therapie
Nicht-invasive Mole
Die Therapie besteht aus der vollständigen Entfernung des Trophoblastmaterials aus dem Uterus. Dazu wird meist eine Saugkürettage durchgeführt. Die Ausstoßung der Blasenmole kann mit der Gabe von Prostaglandinen unterstützt werden. Anschließend erfolgt eine manuelle Nachtastung des Uterus mit vorsichtiger Entfernung der Reste. Unter der Nachtastung gibt man in der Regel Oxytocin, um den Uterus zu tonisieren und das Blutungsrisiko zu vermindern. Zusätzlich kann eine Antibiotikaprophylaxe mit einem Breitspektrumantibiotikum durchgeführt werden.
Da immer Blutungen zu befürchten sind, sollten vor dem Eingriff Erythrozytenkonzentrate bereitgestellt werden. Bei schweren Blutungen müssen unter Umständen operative Maßnahmen bis hin zur Hysterektomie ergriffen werden.
Invasive Mole
Liegt eine invasive Mole vor, ist eine Chemotherapie durchzuführen. Bei niedrigem Risiko (FIGO-Score < 7) wird Methotrexat in einer Dosierung von 50 mg i.m. an den Tagen 1, 3, 5, und 7 in Wechsel mit Folsäure (15 mg p.o.) an den Tagen 2, 4 und 6 gegeben. Bei hohem Risiko (FIGO-Score ≥ 7) ist eine Chemotherapie nach dem EMACO-Schema notwendig.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nachsorge
Nach Kürettage der Blasenmole muss man wöchentlich den hCG-Wert kontrollieren. Ist der hCG-Wert in zwei aufeinanderfolgenden Bestimmungen negativ, kann das Kontrollintervall auf 4 Wochen ausgedehnt werden. Der Kontrollzeitraum nach der Kürettage sollte mindestens 6 Monate betragen.
Bestehen Zweifel an der vollständigen Entfernung, ist eine Nachkürettage zu erwägen.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Ackermann S., Meerpohl H.G., Beckmann M.W. (2006) Maligner Trophoblastenzelltumor. In: Schmoll HJ., Höffken K., Possinger K. (eds) Kompendium Internistische Onkologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/3-540-31303-6_231
- ↑ Tempfer, C., Horn, L.C., Ackermann, S. et al.: Gestationsbedingte und nicht gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen. Leitlinie der DGGG, OEGGG und SGGG (S2k-Level, AWMF-Registernummer 032/049, Dezember 2015). Geburtsh Frauenheilk 2016; 76ff
Literatur
- AWMF-Leitlinie: Gestationsbedingte und nicht-gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen, abgerufen am 20.04.2021