Chorionkarzinom
Synonyme: Zottenkrebs, Chorionepitheliom
Englisch: choriocarcinoma
Definition
Das Chorionkarzinom ist ein hochmaligner Tumor, der als Trophoblasttumor oder (seltener) Keimzelltumor auftritt. Geht er vom Trophoblasten aus, wird er zu den gestationsbedingten Trophoblasterkrankungen (GTD) gezählt.
Epidemiologie
Grundsätzlich ist das Chorionkarzinom ein sehr seltener Tumor. Bei Frauen unterscheidet sich die Inzidenz je nach Ethnie und schwankt zwischen einem bis zu neun Fällen unter 40.000 Schwangerschaften. Die ovarielle Manifestation macht weniger als 0,1 % aller ovariellen Neoplasien aus. Bei Männern sind weniger als 1 % aller Hodentumore Chorionkarzinome.
Pathogenese
Das Chorionkarzinom kann auf verschiedene Weisen entstehen und wird in einen gestagenen und nichtgestagenen Typ eingeteilt:
- Der gestagene Typ entsteht bei der Frau nach der Befruchtung und Einnistung der Eizelle aus der embryonalen Hülle. Häufig geht in diesem Fall eine Blasenmole voraus. Das gestagene Chorionkarzinom gehört zur Gruppe der Trophoblasttumoren.
- Der nichtgestagene Typ ist seltener. Er kann als Keimzelltumor im Ovar oder als Untergruppe der Nichtseminome im Hoden entstehen. Darüberhinaus besteht die Möglichkeit, dass das Chorionkarzinom durch die Differenzierung embryonaler Karzinome entsteht oder in Form eines Mischtumors vorliegt.
Erscheinungsbild
Makroskopie
Chorionkarzinome weisen makroskopisch eine starke Angioinvasion auf. Der Tumor besitzt keine eigenen Blutgefäße, sondern ist an gesunde Blutgefäße angeschlossen. Im Zentrum des Tumors zeigen sich häufig bräunlich-gelbe Nekrosen mit ausgedehnten Hämorrhagien.
Histologie
Histologisch erkennt man Epithel von Synzytiotrophoblasten und Zytotrophoblasten, die von Einblutungen umgeben sind. Die Synzytiotrophoblasten liegen als mehrkernige Riesenzellen vor, deren Zytoplasma mit Vakuolen durchsetzt ist.
Diagnostik
Im Gegensatz zu vielen anderen Keimzelltumoren produzieren reine Chorionkarzinome kein Alpha-1-Fetoprotein (AFP), jedoch ist das Beta-HCG häufig exzessiv erhöht. Sonographisch erscheint bei der Frau eine verdickte Plazentawand mit unregelmäßig echoarmen und echoreichen Strukturen. Beim Mann ist sonographisch häufig ein inhomogenes echoarmes Stroma im Hoden zu sehen. Jedoch ist eine sonografische Differenzierung des Tumortyps nicht möglich. Daher erfolgt zunächst bei der Frau eine Kürettage sowie beim Mann eine Orchiektomie mit anschließender histologischer Beurteilung.
Klinik
Frauen
Klinisch stehen zyklusunabhängige vaginale Blutungen sowie eine fehlende Rückbildung des Uterus nach der Geburt mit ebenfalls bestehenden vaginalen Blutungen im Vordergrund.
Der Tumor selbst zeigt ein destruierendes Wachstum bis in das Myometrium des Uterus. Durch den bestehenden Kontakt zu den Uterusgefäßen metastasiert das Chorionkarzinom im Gegensatz zu anderen Trophoblasttumoren früh. Betroffene Organe sind vor allem die Lunge und die Vagina. Des Weiteren finden sich auch in Leber und Gehirn häufig Metastasen.
Männer
Es kommt wie bei allen Nichtseminomen zunächst zu einer meist schmerzlosen, unilateralen Schwellung des Hodens. Auch hier wird eine frühe hämatogene Metastasierung beobachtet. Weiterhin kommt es zu lymphogenen Metastasen. Betroffene Lymphknoten liegen retroperitoneal in Höhe der Nierengefäße.
Therapie
Die Behandlung erfolgt bei der Frau primär durch Chemotherapie. Eine direkte operative Entfernung des Uterus wird möglichst vermieden, da durch die intraoperative Manipulation des Uterus eine hämatogene Metastasierung gefördert werden würde. Bei unstillbarer Blutung wird eine Hysterektomie jedoch indiziert. Bei einem betroffenen Mann ist die primäre Orchiektomie immer Therapie der Wahl.
Art und Umfang der Chemotherapie richten sich nach dem Malignitätsgrad. Bei einem Low-Risk-Tumor wird als kurative Chemotherapie Methotrexat als Monotherapie oder in Kombination mit Actinomycin D verwendet. Bei einem High-Risk-Tumor kommt eine kurative Polychemotherapie zum Einsatz. Diese besteht in der Regel aus Methotrexat, Actinomycin D, Cyclophosphamid und Etoposid.
Prognose
Männer
Durch den Anschluss an gesunde Blutgefäße und die damit verbundene frühe hämatogene Metastasierung ist die Prognose in der Regel schlecht.
Frauen
Gestagene Chorionkarzinome enthalten paternale Antigene und sind dadurch sehr immunogen, weswegen die Prognose besser ist als beim Keimzell-Pendant. Dennoch ist die Letalität ohne Behandlung aufgrund der raschen Metastasierung hoch. Bei rechtzeitiger Behandlung bestehen aber hohe Heilungsraten.
Prognostisch ungünstig sind hohe hCG-Werte (>1.000.000 iE/l), eine lange Latenz zur Schwangerschaft bzw. zum Abort sowie Metastasen in Knochen, Leber oder ZNS.
Literatur
- Krams et al, Kurzlehrbuch Pathologie, 3. Auflage 2019, Thieme
- Rübben, Uroonkologie, 6. Auflage 2014, Springer
- Schmelz et al, Facharztwissen Urologie, 3. Auflage 2014, Springer
- Goerke et al., Klinikleitfaden Gynäkologie, Geburtshilfe, 7. Auflage 2010, Urban & Fischer
- Petru et al, Praxisbuch gynäkologische Onkologie, 5. Auflage 2019, Springer
- Leitlinie: Gestationsbedingte und nicht-gestationsbedingte Trophoblasterkrankungen, abgerufen am 14.4.2021
- Bradie N. Bishop; Peter F. Edemekong: Choriocarcinoma Last Update: July 14, 2020, abgerufen am 14.4.2021