Allergische bronchopulmonale Aspergillose
Englisch: allergic bronchopulmonary aspergillosis
Definition
Die allergische bronchopulmonale Aspergillose, kurz ABPA, ist eine in der Regel durch den Pilz Aspergillus fumigatus ausgelöste Hypersensitivitätsreaktion der Lunge. Sie tritt meist bei Patienten mit Asthma bronchiale oder Mukoviszidose auf. Sind andere Pilze ursächlich, spricht man von einer allergischen bronchopulmonalen Mykose.
Ätiopathogenese
Die Antigene inhalierter Sporen von Aspergillus fumigatus können eine IgE-vermittelte Hypersensitivitätsreaktion (Typ-I-Allergie) hervorrufen. Dabei sind die Gesamt-IgE-Spiegel sowie die Anti-Aspergillus-IgE- und -IgG-Antikörper erhöht. Des Weiteren können eine IgG-vermittelte Typ-III- und eine Zell-vermittelte Typ-IV-Allergie vorkommen.
Epidemiologie
Bis zu 6 % der Asthma-Patienten und 2 bis 15 % der Patienten mit Mukoviszidose haben eine ABPA. Prädisponierend sind HLA-DR2 und HLA-DR5.
Die ABPA ist assoziiert mit einer allergischen mykotischen Sinusitis, also einer immunologischen Reaktion gegen Aspergillus-Antigene in den Nasennebenhöhlen.
Klinik
Die ABPA manifestiert sich in der Regel durch Dyspnoe und Hustenanfälle mit zähem, gold-braunem Sputum. Zusätzlich sind Hämoptysen, Fieber, Thoraxschmerzen und Gewichtsverlust sowie in schweren Fällen Zyanose, Trommelschlägelfinger und ein Cor pulmonale möglich.
Typisch ist ein rezidivierender Verlauf, wobei 35 % der Exazerbationen asymptomatisch verlaufen. Die Folgen sind Bronchiektasen und fibrotische Lungengerüstveränderungen.
Krankheitsstadien
Klinisch lässt sich die ABPA in fünf Krankheitsstadien einteilen:
Stadium | Bedeutung |
---|---|
I | akute Erstmanifestation |
II | Remission mit vorübergehender Rückbildung der Symptomatik |
III | Exazerbation |
IV | kortikoidpflichtiges Asthma |
V | irreversible Lungenfibrose |
Diagnostik
Neben der Anamnese und der körperlichen Untersuchung werden laborchemische und radiologische Untersuchungen eingesetzt. Eine Lungenbiopsie ist in der Regel nicht notwendig.
Labordiagnostik
Häufig besteht eine Eosinophilie im Blut. Erhöhte Konzentrationen von Aspergillus-spezifischem IgE (rASP f4 und f6) und ein erhöhtes Gesamt-IgE im Serum (meist > 1.000 IE/ml) sind diagnostisch wegweisend.
Radiologie
Röntgen-Thorax
Bei Patienten mit ABPA kann der Röntgen-Thorax unauffällig sein. Typische Befunde sind:
- migrierende Oberfeld-betonte pulmonale Verschattungen: Ursache für die Migration ist das Abhusten von Sputum
- Konsolidierungen, perihiläre Verschattungen, postobstruktive Pneumonie
- Atelektasen
- retikuläre Verschattungen und Volumenverlust bei Fibrose
- Bronchiektasen:
- Tram-Track-Zeichen (parallele lineare Verschattungen)
- Mukusimpaktion mit Finger-in-Glove-Zeichen
- Luft-Flüssigkeit-Spiegel und Myzetome
CT-Thorax
Das häufigste Zeichen einer ABPA sind Bronchiektasen, wobei der Oberlappen und die zentralen Lungenareale typischerweise betroffen sind. Jedoch können auch weiter peripher gelegene Atemwege involviert sein. Die Bronchiektasen sind meist multilobar, bilateral und asymmetrisch verteilt. Sie können sowohl mit Luft als auch mit Weichgewebe gefüllt sein. Teilweise finden sich Myzetome.
In 70 % der Fälle findet sich eine Mukusimpaktion, die sich als homogene tubuläre bzw. aufzweigende Verdichtung im Bronchus darstellt. Der Schleim weist meist eine Weichteildichte auf. Ein spezifischer, in 30 % der Fälle vorkommender Befund ist ein hyperdenser oder verkalkter Mukus. Ursächlich für die Dichteanhebung des Mukus scheint eine vermehrte Calciumakkumulation zu sein. Neben Bronchialwandverdickungen können auch zentrilobuläre Noduli, ein Tree-in-Bud-Muster, ein Mosaikmuster und ein Air-Trapping auffallen.
Assoziierte Befunde sind:
- Konsolidierungen, Atelektasen
- Architekturstörungen, Lungenbullae
- Pleuraergüsse
Radiologische Schweregrade
Radiologisch unterscheidet man zwischen vier Schweregrade:
Stadium | Bedeutung |
---|---|
I | ABPA-S: positive Serologie und andere Kriterien, aber keine Bronchiektasen |
II | ABPA mit Bronchiektasen |
III | ABPA mit dichtem bzw. hyperdensem Mukus |
IV | ABPA mit chronischer pleuropulmonaler Fibrose |
Histopathologie
Histopathologisch liegen in den betroffenen Arealen eingedickte Schleimpfropfen vor, die Aspergillus und eosinophile Granulozyten enthalten. In der PAS-Färbung oder Gomori-Methenamin-Silber-Färbung finden sich septierte Myzelen mit dichotom verzweigten Hyphen im 45°-Winkel. Eine Invasion des Bronchialepithels kommt nicht vor. Weitere mögliche Reaktionsmuster sind
- eosinophile Pneumonie
- bronchozentrische Granulomatose: nekrotisierende granulomatöse Inflammation mit Wanddestruktion der kleinen Bronchien und Bronchiolen
- granulomatöse und exsudative Bronchiolitis
- Lipidpneumonie
- lymphozytäre interstitielle Pneumonie
- Vaskulitis
- Bronchiolitis obliterans
Diagnosekriterien
Es existieren verschiedene Diagnosekriterien.
...nach Rosenberg-Patterson
Die Rosenberg-Patterson-Kriterien unterscheidet zwischen Hauptkriterien unnd Nebenkriterien. Das Vorliegen von 6 bis 8 Hauptkriterien macht die Diagnose einer ABPA sehr wahrscheinlich. Die Hauptkriterien sind:
- Asthma bronchiale
- migrierende pulmonale Verschattungen
- kutane Sofortreaktion auf Aspergillus fumigatus
- erhöhte Gesamt-IgE-Spiegel im Serum
- präzipitierende Antikörper gegen Aspergillus fumigatus
- periphere Eosinophilie
- erhöhte spezifische IgE- und IgG-Antikörper gegen Aspergillus fumigatus im Serum
- zentrale Bronchiektasen
Supportive Nebenkriterien sind:
- zähes gold-braunes Sputum
- positive Sputum-Kultur für Aspergillus fumigatus
- verzögerte Hautreaktion auf Aspergillus fumigatus
...nach ISHAM
Die International Society for Human and Animal Mycology (ISHAM) hat ebenfalls Diagnosekriterien definiert. Neben den obligatorischen Kriterien müssen mindestens 2 Nebenkriterien vorliegen.
Gruppe | Kriterien |
---|---|
Obligatorische Kriterien |
|
Nebenkriterien |
|
Differentialdiagnosen
- Mukoviszidose: eine ABPA kommt bei bis zu 15 % der Patienten mit Mukoviszidose vor. Diagnostisch wegweisend ist ein positiver Schweißtest. Die Verteilung der Bronchiektasen bei Mukoviszidose ohne ABPA ist ähnlich.
- primäre ziliäre Dyskinesie (z.B. Kartagener-Syndrom): meist basale Bronchiektasen
- kongenitale Bronchusatresie: fokale, kurzstreckige Atresie eines Bronchus mit distal folgender Mukozele und umgebender Hypertransparenz.
- postinfektiöse Bronchiektasen
- Immundefekte (z.B. HIV bzw. AIDS oder CVID)
- Williams-Campbell-Syndrom: seltene kongenitale Knorpelstörung der subsegmentalen Bronchien (4. bis 6. Generation)
- bronchozentrische Granulomatose: kann bei ABPA oder als Reaktion auf Infektionen vorkommen. Kann einer ABPA ähneln, betrifft jedoch überwiegend die distalen Atemwege. Manifestiert sich in Form von Raumforderungen, Konsolidierungen oder Atelektasen.
- Asthma bronchiale: meist nur milde zylindrische Bronchiektasen und Bronchialwandverdickungen. Weiterhin können Atelektasen, Konsolidierungen, Air Trapping und Mukusimpaktionen auch ohne ABPA vorkommen.
- endobronchiale Neoplasien: Mukusimpaktion distal einer langsam wachsenden Neoplasie (Karzinoidtumor, Hamartom, Lungenkarzinom). Meist unilateral in einem Lungenlappen oder Lungensegment.
- Atemwegsobstruktion durch Fremdkörper: möglicherweise röntgendichter Fremdkörper oder Broncholith, wobei die meisten Fremdkörper nicht röntgendicht sind. Meist unilaterale Verteilung in einem Segment oder Lappen.
Therapie
Grundlage der Therapie der ABPA ist die teils langfristige Gabe von oralen Glukokortikoiden. Antimykotika wie Itraconazol tragen zur Reduktion der Pilzlast und der Antigen-vermittelten Immunstimulation bei. Möglicherweise sind Anti-IgE-Antikörper hilfreich.
Bei allergischer mykotischer Sinusitis kann bei Versagen der konservativen Therapie ggf. ein chirurgisches Débridement erfolgen. Postoperativ werden ebenfalls orale Glukokortikoide eingesetzt.
siehe auch: schweres Asthma mit Sensibilisierung auf Pilze (SAFS), Pilzasthma
Literatur
- Bains SN, Judson MA. Allergic bronchopulmonary aspergillosis. Clin Chest Med. 2012
- Greenberger PA. When to suspect and work up allergic bronchopulmonary aspergillosis. Ann Allergy Asthma Immunol. 2013
- Chabi ML et al. Pulmonary aspergillosis. Diagn Interv Imaging. 2015
- Phuyal S et al. High-Attenuation Mucus Impaction in Patients With Allergic Bronchopulmonary Aspergillosis: Objective Criteria on High-Resolution Computed Tomography and Correlation With Serologic Parameters. Curr Probl Diagn Radiol. 2016
- Shah A, Panjabi C. Allergic Bronchopulmonary Aspergillosis: A Perplexing Clinical Entity. Allergy Asthma Immunol Res. 2016
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