Hypertransparenz
Synonym: Transparenzerhöhung
Definition
Von einer Hypertransparenz spricht man in der Röntgendiagnostik, wenn eine erhöhte Strahlentransparenz des untersuchten Gewebes vorliegt. Das Gewebe erscheint im Röntgenbild somit dunkler. In der Regel bezieht sich der Begriff auf die Lunge.
siehe auch: Aufhellung
Hintergrund
Eine erhöhte Lungentransparenz kann verschiedene Ursachen haben. Allen ist eine geringere Absorption der Röntgenstrahlung im Gewebe gemeinsam. Deren Ursache ist meist eine verminderte Dichte des Lungenparenchyms, primär aufgrund eines relativ höheren Luftgehalts der Lunge. Dabei sind i.d.R. die Alveolarräume erweitert und der Bindegewebsanteil ist reduziert. Dies geht oft mit einer Rarefizierung oder einem Verlust der Gefäßzeichnung einher. Die Abnahme des Blutgehalts erhöht die Transparenz noch weiter.
Man unterscheidet eine einseitige und eine beidseitige Transparenzerhöhung der Lunge. Bei einer kompletten Transparenzerhöhung eines Lungenflügels spricht man auch von einer "einseitig hellen Lunge".
Einseitige Hypertransparenz
...mit erhaltener Gefäßzeichnung
Eine einseitige Transparenzerhöhung entsteht meist durch die Kombination aus vermehrtem Luftgehalt und vermindertem Blutgehalt (mit Gefäßrarefizierung). Im Gegensatz zu luftgefüllten Hohlräumen ist eine Gefäßzeichnung jedoch noch vorhanden. Ursachen sind z.B.:
Zentrale Atemwegsobstruktion
Eine exspiratorische Obstruktion führt zum Air trapping. Je nach Lokalisation der Obstruktion (Haupt- oder Lappenbronchus) findet sich eine einseitige oder lobäre Transparenzerhöhung. Bei zunehmender Überblähung kann es zur Kompressionsatelektase der angrenzenden Lungenabschnitte kommen. Die reflektorische hypoxische Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanismus) in den minderbelüfteten Arealen führt zu einer weiteren Zunahme der Transparenz. Ursachen der zentralen Atemwegsobstruktion sind:
- Tumoren, die den Hauptbronchus oder Bronchus intermedius verlegen
- Schleimverlegungen (Bronchozele): betreffen meist ein Segment oder einen Lappen
- Fremdkörper: meist im rechten Unterlappen
- Kollaps der Atemwege z.B. durch Bronchomalazie oder lokalen Complianceverlust incl. Sonderformen (Swyer-James-Syndrom, kongenitales lobäres Emphysem)
Periphere Atemwegsobstruktionen
Periphere Atemwegsobstruktionen können ebenfalls zum Air trapping der nachgeschalteten Lungenabschnitte und somit zu einer fokalen Transparenzzunahme führen. Diese ist im Röntgen-Thorax nur schwer, in der CT jedoch gut erkennbar. Ursächlich sind:
- Exspiratorischer Kollaps durch chronisch entzündliche Veränderungen und lokalen Complianceverlust
- Schleimverlegung (z.B. bei Mukoviszidose)
- Periphere Malignome
Verminderte Perfusion
Zu einer Hypertransparenz infolge verminderter Lungenperfusion kommt es bei
- Akuter Lungenembolie: Meist unspezifisch im Röntgen-Thorax. Oligämie und relativ erhöhter Luftgehalt führen im betroffenen Abschnitt zu einer Hypertransparenz (Westermark-Zeichen). Weiterhin kommt es zu einem Gefäßabbruch bzw. zur Hilusamputation. Die betroffene Pulmonalarterie ist schärfer konturiert.
- Chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie: Minderperfundierte Abschnitte und kompensatorisch hyperperfundierten Abschnitte führen zu einem fleckigen Muster von benachbarten Arealen erhöhter und verminderter Transparenz (Mosaikperfusion). Diese Veränderungen sind im Röntgen-Thorax nur schwer, jedoch eindeutig im CT erkennbar.
- Pulmonalarterienhypoplasie oder -atresie: Einseitig helle Lunge mit kleinem Hilus, Verkleinerung des Hemithorax mit Mediastinalverlagerung und Zwerchfellhochstand. Bei Aufnahmen in Expiration kein Air trapping.
- Tumorbefall der Pulmonalarterie
- Entzündlicher Stenose (fibrosierende Mediastinitis)
Kompensatorische Überblähungen
Bei kompensatorische Überblähungen kommt es zu einer Transparenzerhöhung infolge einer Transparenzminderung an anderer Stelle (z.B. bei Atelektasen, nach Pneumonektomie oder Lobektomie oder bei postentzündlich bedingter Verkleinerung der kontralateralen Lunge). Sie geht nicht mit einer Destruktion des Lungengerüsts einher.
Narbenemphysem
Intrapulmonale Narbenstränge nach Entzündung oder im Rahmen einer Fibrose oder Pneumokoniose führen zur verminderten Compliance der Lunge in diesem Bereich. Die Folge ist eine konstante Überblähung der betroffenen Lobuli. Durch eine weitere lokale Gerüstdestruktion entsteht das Narbenemphysem. In ausgeprägten Fällen im Röntgen-Thorax zu erkennen. In der CT ist das Ausmaß besser zu beurteilen, wobei kleine Narben mit benachbarten emphysematösen Arealen oft als Zufallsbefund gewertet werden.
...mit Verlust der Gefäßzeichnung
Liegt ein Verlust der Gefäßzeichnung vor, handelt es sich um einen luftgefüllten Raum mit komplettem Verlust des normalen Lungengerüsts. Die genaue Charakterisierung ist meist nur in der CT möglich. Man unterscheidet:
- Bullae: Größe meist > 1 cm. Die Wand ist < 1 mm dick und somit im Röntgen-Thorax und CT oft nicht zu erkennen. Häufig bei Lungenemphsem.
- Zysten: Meist multipel, unterschiedlich groß, scharf abgegrenzt und epitheliale oder fibröse Wand mit einer Dicke von < 3-4 mm. Können spontan oder bei bestimmten Lungenerkrankungen (z.B. Lymphangioleiomyomatose oder Histiozytose X) entstehen. Es existieren auch Zysten mit flüssigem, semisolidem oder solidem Inhalt, die im Röntgen-Thorax als Rundherd oder als Ringschatten auffallen. Eine Differenzierung des Zysteninhalts ist z.T. mittels CT oder MRT möglich.
- Kavität bzw. Kavernen: Zentrale luftgefüllte Höhle, die in einer Konsolidierung, Raumforderung oder in einem Rundherd der Lunge besteht. Meist dicke Wand (> 4 mm). Die Höhle entsteht meist durch die Drainage von nekrotischem Material über einen nahegelegenen Bronchus. Ursächlich sind z.B. Tuberkulose, Aspergillose oder der nekrotische Zerfall eines Tumors. Der Bezirk bildet sich als stark strahlentransparentes Areal im Röntgen-Thorax bzw. in der Computertomographie ab. Wenn sich die umgebende entzündliche Konsolidierung zurückbildet, kann eine dünnwandige Kavität zurückbleiben.
- Honigwabenmuster: Vielzahl von irregulär konfigurierten luftgefüllten Hohlräumen. Stellt das irreversible Endstadium der Gerüstdestruktion dar (v.a. Lungenfibrosen), sodass ein Muster mit vorherrschender Transparenzminderung vorliegt.
- Pneumothorax: Feine Pneulinie entspricht der orthograd getroffenen Pleura visceralis. Der Volumenverlust der betroffenen Lunge geht mit einer Transparenzminderung einher. Man unterscheidet Spitzen-, Mantel- und Spannungspneumothorax.
Extrapulmonale Ursachen
Zu den extrapulmonalen Ursachen einer einseitigen Transparenzerhöhung zählen:
- Luftgefüllte Hohlräume:
- Hiatushernien: meist Luft-Flüssigkeits-Spiegel retrokardial im hinteren Mediastinum
- Ösophagusdilatationen (z.B. bei Achalasie) und Ösophagusdivertikel (Zenker-, Traktionsdivertikel)
- Z.n. Ösophagusresektion mit Magenhochzug oder Interposition von Dünn- oder Dickdarm: langgestreckter, luftgefüllter Hohlraum im Mediastinum
- Mediastinalemphysem
- Pneumoperikard
- Skoliose
- Asymmetrischer Weichteilschatten: Z.n. Ablatio mammae
- Asymmetrische Muskulatur: Muskelatrophie (z.B. bei Hemiplegie oder Poland-Syndrom)
- Technische Fehler: dezentriertes Raster, dezentrierter Zentralstrahl, Fehlrotation des Oberkörpers
Beidseitige Hypertransparenz
- COPD: Anfangs liegt eine exspiratorische Obstruktion mit reversibler Überblähung vor. Gleichzeitig sind meist schon Auffälligkeiten der Atemwege und eine vermehrte peribronchiale Zeichnung festzustellen. Bei fortschreitender Erkrankung entsteht eine irreversible Überblähung und ein Lungenemphysem mit Destruktion des Lungengrundgerüsts.
- akuter Anfall eines Asthma bronchiale: typischerweise homogen, nach Behandlung reversibel
- Trachealstenose
- Herzfehler mit verminderter Lungenperfusion