Lymphangioleiomyomatose
Englisch: lymphangioleiomyomatosis
Definition
Bei der Lymphangioleiomyomatose, kurz LAM, handelt es sich um eine genetisch bedingte Erkrankung, welche die Lunge und das Mediastinum befällt. Aufgrund einer Mutation im TSC1- oder TSC2-Gen kommt es zu einer vermehrten Proliferation von Zellen, die glatten Muskelzellen ähneln.
Erstbeschreibung
Die Erstbeschreibung dieser Erkrankung geht auf Stössel in den 1940er Jahren zurück. Er beschrieb die Lymphangioleiomyomatose als "muskuläre Zirrhose" der Lunge.
Epidemiologie
Die Lymphangioleiomyomatose ist mit einer Prävalenz von 1 bis 5 Fällen auf 1.000.000 eine seltene Erkrankung. Sie befällt fast ausschließlich Frauen in der generativen Phase. Die Mehrzahl der Lymphangioleiomyomatosen treten isoliert, also ohne weitere Erkrankungen, auf.
Formen
Die Lymphangioleiomyomatose tritt in 2 verschiedenen Formen auf:
- als sporadische Form (LAM)
- gemeinsam mit tuberöser Sklerose (TSC-LAM)
Beiden Formen liegt eine Loss-of-Function-Mutation im TSC1- oder TSC2-Gen zugrunde, die das entsprechende Gen inaktiviert. Die TSC-LAM tritt bei Frauen mit einer Keimbahnmutation in einem der beiden Gene auf, die sporadische Form bei Frauen mit einer somatischen Mutation des TSC2-Gens.
Das TSC1-Gen befindet sich auf Chromosom 9 an Genlokus 9q34, das TSC2-Gen auf Chromosom 16 an Genlokus 16p13.
Pathogenese
Aufgrund der Mutation bilden sich atypische Myozyten aus, die als LAM-Zellen bezeichnet werden. Sie treten in Form von Spindelzellen oder kubischer Epitheloidzellen auf. An ihrer Oberfläche exprimieren sie das Glykoprotein gp100, das mithilfe des monoklonalen Antikörpers HMB-45 immunhistochemisch markiert werden kann.
LAM-Zellen verhalten sich ähnlich wie metastasierende Tumorzellen. Sie wandern wahrscheinlich aus einem extrapulmonalen Gewebe in die Lunge ein und führen dort zu einer Parenchymzerstörung, deren genauer Mechanismus noch nicht vollständig geklärt ist. Wahrscheinlich basiert er auf einem Ungleichgewicht zwischen Matrix-Metalloproteinasen, welche die Extrazellularmatrix abbauen, und ihrem Inhibitor TIMP-3.
Darüber hinaus sezernieren die LAM-Zellen den Wachstumsfaktor VEGF-D. Er führt zur Aktivierung lymphatischer Endothelzellen (LECs), die Lymphgefäße formen und dadurch die Bildung von Lungenzysten induzieren.
Pathophysiologie
Pathophysiologisch kommt es zu einer vergrößerten und diffus zystisch durchsetzten, überblähten Lunge. Die histologischen Veränderungen führen im Verlauf zu einer obstruktiven Ventilationsstörung, in deren Folge die Einsekundenkapazität deutlich erniedrigt ist.
Symptomatik
Die Patientinnen klagen zunächst über uncharakteristische Symptome wie Dyspnoe, Husten, Thoraxschmerzen und Fatigue, was in vielen Fällen zu Fehldiagnosen wie Asthma oder COPD führt. Gelegentlich kann auch eine Hämoptoe vorliegen. Die weitere Abklärung wird oft erst durch das Auftreten eines Spontanpneumothorax ausgelöst, der ein häufige Komplikation der LAM ist.
Zudem können ein Chylothorax, ein Aszites oder ein Chyloperikard auftreten.
Neben den pulmonalen Symptomen gibt es auch extrapulmonale Symptome, vor allem bei einer TSC-LAM. Hier zeigen sich vermehrt Angiomyolipome und Hamartome.
Diagnostik
Neben Anamnese, klinischer Untersuchung und Lungenfunktionsprüfung ist vor allem die Bildgebung zielführend. Sie umfasst
Eine Lungenbiopsie mit anschließender Immunhistochemie sichert die Diagnose. Hinweisgebend für die LAM ist das Auftreten von diffusen dünnwandigen Zysten in beiden Lungen ohne Präferenz für einen Lungenlappen.
Bei Verdacht auf LAM kann man labormedizinisch VEGF-D messen, das bei bis zu 2/3 der betroffenen Frauen erhöht ist (≥ 800 pg/mL) und ein prognostischer Marker ist. Zur Abklärung von Differentialdiagnosen ist ferner die Bestimmung von Alpha-1-Antitrypsin, freien Leichtketten, antinukleären Antikörpern (ANAs), anti-Ro/-La-Antikörpern und Rheumafaktoren sowie eine Serumelektrophorese sinnvoll.
Therapie
Die therapeutischen Optionen sind beschränkt. Die Gabe des mTOR-Hemmers Sirolimus kann die weitere Einschränkung der Lungenfunktion verzögern. Der Effekt einer Gabe von Hormonpräparaten wie Progesteron oder GnRH-Agonisten (z.B. Leuprorelin, Goserelin) ist nicht ausreichend durch klinische Studien belegt.
Die Dyspnoe lässt sich symptomatisch durch eine Sauerstofflangzeittherapie lindern.
Bei einem Versagen der verfügbaren Therapien besteht als Ultima ratio die Möglichkeit einer Lungentransplantation.
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