Freie Leichtkette
Synonym: Kappa/Lambda-Quotient
Englisch: free light chains, FLC, serum free light chain assay, SFLCA, kappa/lambda ratio
Definition
Freie Leichtketten sind Leichtketten von Immunglobulinen, die frei im Plasma bzw. Serum vorliegen und nicht mit Schwerketten zu vollständigen Immunglobulinen verknüpft sind. Sie werden von Plasmazellen produziert und ausgeschieden.
Hintergrund
Es gibt zwei Typen von freien Leichtketten, Typ κ ("kappa") und Typ λ ("lambda"). Eine geringe Menge freier Leichtketten ist normalerweise im Blutplasma bzw. -serum nachweisbar. Die Plasmahalbwertzeit freier Leichtketten ist gering, sie beträgt nur etwa 2 bis 6 Stunden.
Freie Leichtketten können auch im Urin bestimmt werden. Dort werden sie bei verstärktem Auftreten auch als Bence-Jones-Protein bezeichnet.
Labordiagnostik
Nachweismethoden
Die quantitative Bestimmung der freien Leichtketten erfolgt in der Regel turbidimetrisch oder nephelometrisch. Darüber hinaus ist auch eine Bestimmung mittels ELISA möglich. Die Ergebnisse der verschiedenen Testanbieter sind stark methodenabhängig.
Qualitativ lassen sich freie Leichtketten in der Regel mittels Immunfixationselektrophorese (IFE) nachweisen. In der Serumeiweißelektrophorese (SPE) bzw. Urineiweißelektrophorese (UPE) – beide sowohl als Gelelektrophorese als auch als Kapillarzonenelektrophorese möglich – stellen sich freie Leichtketten häufig nicht dar.
Probenmaterial
Für die Labordiagnostik wird 1 ml Serum benötigt. Die Bestimmung der freien Leichtketten im Urin kann im ersten Morgenurin, im Spontanurin oder im 24h-Urin erfolgen. Die freien Leichtketten können auch im Liquor bestimmt werden.
Referenzbereiche
Serum
- Kappa-Leichtketten: 3,3 - 19,4 mg/l
- Lambda-Leichtketten: 5,7 - 26,3 mg/l
- Kappa/Lambda-Quotient: 0,26 - 1,65
Urin
- Kappa-Leichtketten: < 32,9 mg/l (Median: 4,54 mg/l)
- Lambda-Leichtketten: < 3,79 mg/l (Median: 0,74 mg/l)
- Kappa/Lambda Quotient: 1,4 - 6,2
Liquor
- Kappa-Leichtketten: < 0,1 - 1,96 mg/l
- Lambda-Leichtketten: nicht quantifizierbar
Hinweis: Referenzwerte sind häufig vom Messverfahren abhängig und können von den o.a. Werten abweichen. Ausschlaggebend sind die Referenzwerte, die vom Labor angegeben werden, das die Untersuchung durchführt.
Bedeutung
Die Messung der freien Leichtketten im Serum ist Teil der Labordiagnostik bei monoklonalen Gammopathien. Zusammen mit der Serumeiweißelektrophorese und der Immunfixationselektrophorese ist sie Bestandteil der Paraproteindiagnostik des Multiplen Myeloms und Teil sowohl der nationalen als auch internationalen hämatologischen Leitlinien.
Beim Multiplen Myelom (sowie dessen Vorläufern und verwandten Erkrankungen) wird ein pathologisches, monoklonales Paraprotein produziert. Monoklonal bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das Paraprotein von einem entarteten Plasmazellklon produziert wird, der von einer einzelnen Ursprungszelle abstammt.
In 70 bis 75 % der Fälle handelt es sich bei diesem Paraprotein sowohl um freie Leichtketten als auch um intakte Immunglobuline. Unter Umständen (bei ca. 15 bis 20 % der Fälle) wird aber auch nur wenig oder gar kein intaktes Immunglobulin produziert, sondern ausschließlich freie Leichtketten. In 5 bis 10 % der Fälle lässt sich nur ein intaktes Immunglobulin als Paraprotein nachweisen. Sehr selten (1 bis 2 % der Fälle) werden weder intakte Immunglobuline noch freie Leichtketten als Paraprotein von dem Zellklon ausgeschieden. Somit entsteht nicht immer ein typischer M-Gradient in der Serumeiweißelektrophorese oder eine Bande in der Immunfixationselektrophorese. Zum Ausschluß einer monoklonalen Gammopathie muss deshalb bei klinischem Verdacht immer die Bestimmung der freien Leichtketten im Serum zusammen mit den elektrophoretischen Methoden durchgeführt werden.
Die besondere Bedeutung der freien Leichtketten liegt in ihrer kurzen Halbwertszeit im Serum von 2 bis 6 Stunden. Im Vergleich dazu liegt die Halbwertszeit bei intakten Immunglobulinen bei mehreren Tagen bis Wochen (abhängig vom Typ). Die Tumorproduktion sowie das Ansprechen auf eine Therapie kann somit durch die Bestimmung der freien Leichtketten umgehend kontrolliert werden.
Zu beachten ist, dass eine Plasmazelle immer nur ein bestimmtes Immunglobulin produziert. Deshalb ist der Leichtketten-Typ einer Zelle bzw. eines Klons entweder vom Typ Kappa oder Lambda aber nie von beiden (Isotyp-Exklusion).
Ergebnisdarstellung
Bei einem Patienten ohne monoklonale Gammopathie und mit gesunder Nierenfunktion liegt Kappa zu Lambda im Serum etwa im Verhältnis 1 zu 2 vor. Für den Kappa/Lambda-Quotienten ergibt sich somit bei Patienten ohne eine monoklonale Gammopathie ein Referenzbereich von 0,26 - 1,65. Bei einer monoklonalen Gammopathie liegt in der Regel eine der freien Leichtketten in höherer Konzentration vor. Die erhöhte freie Leichtkette wird als "involviert" bezeichnet, wohingegen man die normal konzentrierte oder ggf. erniedrigte freie Leichtkette "nicht involviert" nennt.
Durch die Bildung des Kappa/Lambda-Quotienten erhält man einen Marker für die Klonalität der Erkrankung. Bei einer Erhöhung des Quotienten handelt es sich um eine Beteiligung der freien Leichtkette Kappa, wogegen es sich bei einer Erniedrigung des Quotienten um eine Beteiligung der freien Leichtkette Lambda handelt.
Um die Bildung eines kleinen Dezimalbruches zu vermeiden, wenn die involvierte Leichtkette vom Typ Lambda ist, kann statt des Kappa/Lambda-Quotienten der Quotient involvierte Leichtkette/nicht involvierte Leichtkette (iFLC/uFLC-Ratio) gebildet werden.
Ein Grenzwert des Quotienten aus involvierter/nicht-involvierter freier Leichtkette von ≥ 100 ist Bestandteil der sog. SLiM-CRAB-Kriterien. Zusammen mit dem Nachweis von mindestens 10 % klonaler Plasmazellen im Knochenmark ist er ein Kriterium zur Diagnosestellung eines Multiplen Myeloms.
Eine Erhöhung beider Typen von freien Leichtketten ohne Verschiebung des Kappa/Lambda-Quotienten ist kein Hinweis auf eine monoklonale Gammopathie. Dies kann zum Beispiel bei einer Niereninsuffizienz auftreten, wenn die Ausscheidung der freien Leichtketten im Urin vermindert ist und dadurch die Konzentration im Serum gleichmäßig ansteigt.
Eine weitere Variante, die freien Leichtketten zu beurteilen, ist eine Differenzbildung. Hierbei wird von der Konzentration der involvierten freien Leichtkette die Konzentration der nicht involvierten, freien Leichtkette abgezogen. Diese Berechnung wird weniger stark von Schwankungen der nicht involvierten, "normalen" freien Leichtkette beeinflusst, als der Quotient. Das Ergebnis wird als dFLC bezeichnet und wird für die Beurteilung des Therapie-Ansprechens verwendet.
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