Nervus facialis
von lateinisch: facies - Gesicht
Synonyme: Nervus intermediofacialis, Nervus VII, 7. Hirnnerv, Gesichtsnerv
Englisch: facial nerve
Definition
Der Nervus facialis ist der 7. Hirnnerv. Er führt speziell-viszeromotorische Fasern, die zur mimischen Muskulatur ziehen. Über den Nervus intermedius erhält er allgemein-viszeromotorische, speziell-viszerosensible und allgemein-somatosensible Fasern.
Um den zusammengesetzten Charakter des Nerven klarer hervorzuheben, wird er auch als Nervus intermediofacialis bezeichnet.
Embryologie
Der Nervus facialis wird zu den Kiemenbogennerven gerechnet und entwickelt sich aus dem Nerven des 2. Kiemenbogens. Er innerviert deshalb alle Muskeln, die sich aus der Muskelanlage dieses Kiemenbogens gebildet haben, speziell-viszeromotorisch.
Verlauf
Die Fasern aus dem Nucleus nervi facialis verlaufen in einem Bogen nach medial um den Abducenskern (Nucleus nervi abducentis) herum und bilden so das innere Facialisknie. Sie stoßen dann auf die Fasern der beiden anderen Kerngebiete, die sich zum Nervus intermedius vereinen. Beide Nervenanteile verlassen getrennt das Gehirn im Bereich des Kleinhirnbrückenwinkels und vereinigen sich dann schnell zum gemeinsamen Nervus facialis. Über den Porus acusticus internus zieht der so formierte Nerv in den Meatus acusticus internus des Felsenbeins, an dessen Fundus er in den Canalis nervi facialis eintritt.
Im Bereich des Felsenbeins bildet der Nervus facialis auch das Ganglion geniculi, in dem sich die Perikaryen der afferenten Fasern befinden, die dann weiter zum Nucleus tractus solitarii verlaufen. Durch einen abgebogenen Verlauf des Nervenkanals bildet der Nerv ein zweites, äußeres "Knie", das Geniculum nervi facialis.
Äste
Noch im Felsenbein gibt der Nervus facialis drei seiner Äste ab, den Nervus petrosus major, der parasympathische Fasern für die Innervation der Tränendrüse enthält, den Nervus stapedius für die Versorgung des Musculus stapedius, und die Chorda tympani.
Nach dem Austritt aus dem Felsenbein durch das Foramen stylomastoideum gehen weitere Äste ab, der Nervus auricularis posterior und die Rami stylohyoideus et digastricus, die zur Muskulatur des Halses ziehen.
Der Nervus facialis verläuft weiter in der Ohrspeicheldrüse (Glandula parotidea), in der er ein feines Nervengeflecht, den Plexus parotideus, bildet. Er lässt sich in zwei Hauptäste unterteilen, die obere Pars temporofacialis und die untere Pars cervicofacialis, die sich dann beide rasch weiter in feinere Äste aufgliedern.
Plexus parotideus
Der Plexus parotideus, auch Plexus intraparotideus genannt, liegt zwischen dem oberflächlichen und dem tiefen Anteil der Ohrspeicheldrüse und innerviert vor allem die mimische Muskulatur. Aus ihm gehen folgende Äste hervor:
- Rami temporales: Laufen über den Jochbogen in die Temporalregion und innervieren den Musculus orbicularis oculi und den Musculus corrugator supercilii.
- Rami zygomatici: Laufen über den Jochbogen zum lateralen Augenwinkel und versorgen den Musculus zygomaticus major und minor, sowie Teile des Musculus orbicularis oculi.
- Rami buccales: Laufen in Begleitung des Ductus parotideus und der Arteria transversa faciei nach frontal in die Wangenregion unterhalb der Orbita und in die periorale Gegend. Sie versorgen unter anderem den Musculus buccinator und den Musculus orbicularis oris.
- Ramus marginalis mandibulae: Läuft unterhalb des Musculus depressor anguli oris und des Platysmas zu den mimischen Muskeln der Unterlippe und des Kinns. Er versorgt unter anderem den Musculus depressor anguli oris, das Platysma und die Unterlippenmuskeln.
- Ramus colli: Läuft unterhalb des Platysmas zum Hals, wo er mit dem Nervus transversus colli eine Anastomose bildet, die früher als Ansa cervicalis superficialis bezeichnet wurde. Er innerviert das Platysma und die Haut darüber.
Faserqualitäten und Innervation
Der Nervus facialis führt wie der Nervus vagus und der Nervus glossopharyngeus motorische, sensorische, sensible und parasympathische Fasern. Er wird von etwa 10.000 Nervenzellen gebildet, von denen rund 7.000 markhaltige, motorische Fasern aussenden. Die anderen 3.000 Zellen sind dem Nervus intermedius zuzurechnen und besitzen marklose parasympathische, sensorische und sensible Fasern.
Motorische Anteile
Die speziell-viszeromotorischen Anteile des Nervus facialis aus dem Nucleus nervi facialis innervieren vor allem die mimische Muskulatur sowie die hinteren Anteile der suprahyoidalen Muskulatur, also den Musculus stylohyoideus und Venter posterior des Musculus digastricus. Daneben existieren Fasern, die zum Musculus stapedius ziehen und für die Feinregulation des Gehörs verantwortlich sind.
Sensorische Anteile
Die sensorischen bzw. speziell-viszerosensiblen Fasern des Nerven verlaufen mit der Chorda tympani über den Intermediusanteil in den Nucleus tractus solitarii und gewährleisten die Innervation der Geschmacksknospen im Bereich der Zungenpapillen in den vorderen 2/3 der Zunge. Die Perikaryen der pseudounipolaren Neurone liegen im Ganglion geniculi, das einem Spinalganglion entspricht.
Sensible Anteile
Die allgemein-somatosensiblen Fasern des Nervus facialis ziehen zur Haut des Meatus acusticus externus und des Trommelfells; von dort übermitteln sie neben Schmerz- und Berührungsreizen vor allem Temperaturempfindungen (siehe kalorischer Nystagmus).
Parasympathische Anteile
Der Nervus facialis erhält über den Nervus intermedius parasympathische bzw. allgemein-viszeromotorische Nervenfasern aus dem Nucleus salivatorius superior, die mit der Chorda tympani zur Mundhöhle verlaufen und für die Innervation der Mundspeicheldrüsen sorgen. Daneben ziehen parasympathische Anteile des Nervus facialis als Nervus petrosus major zur Tränendrüse und innervieren diese.
Kerngebiete
Die Kerngebiete des Nervus facialis befinden sich im unteren Teil des Pons und in der Medulla oblongata. Zu ihnen gehören:
Der Nucleus tractus solitarii empfängt auch Fasern des Nervus glossopharyngeus und des Nervus vagus.
Klinik
Der Nervus facialis kann bei einer Reihe von Erkrankungen geschädigt werden; Konsequenzen dabei sind meistens Lähmungserscheinungen (Facialisparesen).
Solche Lähmungen können entweder im peripheren Bereich des Nerven auftreten und durch Infektionskrankheiten (Borreliose, Zoster oticus), mechanische Schädigungen (Felsenbeinfrakturen) oder Tumoren bedingt sein, oder auf eine zentrale Schädigung zurückzuführen sein. Weitere wichtige Ursachen sind Hirnblutungen, Zerebralinfarkte oder Raumforderungen, insbesondere im Kleinhirnbrückenwinkel (Kleinhirnbrückenwinkelsyndrom).
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