Tiefe Pyodermie (Hund)
Synonym: Tiefenpyodermie
Definition
Tiefe Pyodermien des Hundes sind bakteriell bedingte Hauterkrankungen, die vorwiegend die Subkutis betreffen.
Ätiologie
Auslöser tiefer Pyodermien sind entweder Verletzungen mit nachfolgender Abszedierung oder ursprünglich oberflächliche Pyodermien, die sich in die Tiefe ausgebreitet haben. Am häufigsten entstehen tiefe Pyodermien jedoch aufgrund einer oberflächlichen Follikulitis.
Unterschiedliche Grunderkrankungen, wie z.B. eine Demodikose oder eine Dermatophytose, aber auch anhaltende Immunsuppression (z.B. iatrogener Hyperkortisolismus, Hypothyreose u.ä.) und akrale Leckdermatitiden, können ebenfalls eine tiefe Pyodermie begünstigen.
Pathogenese
Tiefe Pyodermien entstehen immer dann, wenn Pathogene die tieferliegenden Hautschichten (tiefe Dermis oder Subkutis) penetrieren und sich dort vermehren.
Bei der tiefen bakteriellen Follikulitis kommt es zu Infektionen der gesamten Haarfollikel, die sich verkomplizieren und zur Zerstörung der Follikel führen. Durch die freiliegenden Haarschäfte wird eine Fremdkörperreaktion ausgelöst, die wiederum eine ausgeprägte Entzündung provoziert. Infolge dessen entstehen alopetische Areale und Fisteln, die später auch zu großflächigen Narben führen können.
Erkrankungen
- Pyotraumatische Follikulitis
- Furunkulose
- Calluspyodermie (Liegeschwielen)
- Kinn-Follikulitis ("Kinnakne")
- Pododermatitis
- Interdigitales Pyogranulom
Eine Sonderform ist die tiefe Pyodermie des Deutschen Schäferhundes (Zellulitis des Deutschen Schäferhundes), bei der ein primärer Defekt der zellvermittelten Immunantwort zur Ausbildung der Erkrankung führt.
Differenzialdiagnose
- Demodikose
- Dermatophytose
- subkutane und tiefe kutane Mykosen
- Mykobakteriosen
- Protothekose
- Aktinomykose
- Nokardiose
- Neoplasien
Diagnose
Eine Verdachtsdiagnose kann häufig bereits anhand des klinischen Bildes gestellt werden (typische Lokalisation). Die Zytologie ist geprägt von neutrophilen Granulozyten, Makrophagen, eosinophilen Granulozyten und in chronischen Fällen auch Lymphozyten und Plasmazellen (pyogranulomatöses Zellbild). Mittels Hautgeschabsel müssen unterschiedliche Differenzialdiagnosen (u.a. Demodikose) ausgeschlossen werden.
In unklaren Fällen sind eine Ultraschalluntersuchung der betroffenen Region (aufgelockertes Gewebe, ggf. Abszess), eine pathohistologische Untersuchung entnommener Bioptate und tiefe Gewebekulturen indiziert.
Therapie
Die Therapie tiefer Pyodermien ist oft kompliziert und langwierig. Neben einer topischen Behandlung sind häufig auch systemisch zu verabreichende Medikamente notwendig.
Um das Risiko für die Entwicklung eines Methicillin-resistenten Staphylococcus pseudintermedius (MRSP) oder auch eines Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) zu minimieren, sollten lokale Maßnahmen getroffen werden, z.B.
- antiseptische Lösungen: Povidon-Iod-haltige Shampoos mit Benzoylperoxid und Chlorhexidin oder
- topische Antibiotika: Bacitracin, Polymyxin B, Fusidinsäure oder Silbersulfadiazin.
Bei schwerwiegenden tiefen Pyodermien sowie bei gestörtem Allgemeinbefinden kommen zusätzlich systemische Wirkstoffe zur Anwendung. Hierbei ist unbedingt zu beachten, dass die Dauer der Behandlung mindestens acht, idealerweise aber 14 Tage über das Abheilen hinaus fortgesetzt wird (mind. drei Wochen). Die Dosis der verabreichten Medikamente muss ausreichend hoch gewählt werden und die Behandlung muss regelmäßig durch klinische Untersuchungen und Zytologie überprüft werden. Bei gleichzeitigem Juckreiz sind Depot-Glukokortikoide indiziert. Die Wahl des geeigneten Antibiotikums hängt von der Kultur und vom Antibiogramm ab. Bis zum Vorliegen der Befunde kann ein Breitspektrumantibiotikum (z.B. Amoxicillin-Clavulansäure) verwendet werden.
Parallel dazu ist für eine Verbesserung der Barrierefunktion der Haut zu sorgen. Neben der richtigen Anwendung der Shampoos (zehn Minuten einwirken lassen, zehn Minuten lang ausspülen) kann durch die Gabe von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sowie Zink, Biotin und Vitamin A die Hautfunktion verbessert werden.
Literatur
- Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2017. Praktikum der Hundeklinik. 12., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219961-3