Demodikose (Hund)
Synonym: Demodex-Befall
Englisch: demodicosis
Definition
Die Demodikose ist eine parasitäre Erkrankung beim Hund, die infolge einer pathologischen Vermehrung der in den Haarbälgen physiologisch vorkommenden Demodexmilbe entsteht.
Ätiologie
Demodex spp. (Haarbalgmilbe) ist eine kleine Milbe, die zwischen 0,2 und 0,3 mm lang und zigarrenförmig ist. Sie weist einen quergestreiften Hinterkörper, stummelförmige Beine und kurze Mundwerkzeuge auf.
Die Milben leben bevorzugt in Haarfollikeln und nur selten in Meibom- oder Talgdrüsen. Nach der Kopulation an der Hautoberfläche ziehen sich die Parasiten wieder in die oberflächlichen Hautschichten zurück. Dort legen die Weibchen etwa 20 zitronenförmige Eier ab, aus denen je eine 6-beinige Larve schlüpft. Nach einem Häutungsvorgang entsteht ein zweites Larvenvstadium, an die zwei Nymphenstadien (Proto- und Deutonymphe) und schließlich die adulte Milbe anschließen. Die gesamte Entwicklung dauert zwischen 2 und 3 Wochen.
Epidemiologie
Demodex-Milben kommen weltweit und fast bei allen Säugetieren als Hautbewohner vor (permanent-stationäre Parasiten). Sie verhalten sich meist kommensalisch und sind daher nur bedingt pathogen.
Bei Hunden kann in rund 85 % der Fälle ein geringgradiger Demodex-Befall nachgewiesen werden. Erkrankungen entstehen jedoch nur bei einem gestörten Gleichgewicht der Wirt-Kommensalen-Beziehung. Die generalisierte juvenile Demodikose tritt gehäuft bei reinrassigen Hunden bzw. bei bestimmten Rassen auf. In Deutschland sind hierbei besonders der Mops, die Englische und Französische Bulldogge, der Terrier, der Dobermann, der Schäferhund und der Shar Pei betroffen. Die senile Demodikose kommt bei immunsupprimierten Hunden und besonders häufig beim West Highland White Terrier vor.
Pathogenese
Die Milben werden physiologischerweise innerhalb der ersten Lebenstage von der säugenden Hündin auf ihre Welpen übertragen. Die Erregerübertragung verläuft in der Regel asymptomatisch, sodass es nur vereinzelt zu lokalen und milden Hautveränderungen im Gesicht der Welpen kommt. Aufgrund dessen werden Demodexmilben auch bei klinisch gesunden Hunden gefunden.
Kommt es jedoch aufgrund unterschiedlicher Auslöser zu einer pathologischen Vermehrung der Milben, spricht man von einer klinischen Demodikose. Anhand der Ausprägung (lokalisiert vs. generalisiert) und dem Alter der betroffenen Hunde (jung vs. alt) unterscheidet man zwischen folgenden Verlaufsformen:
- lokalisierte Demodikose
- generalisierte Demodikose
- Jungtierdemodikose bzw. juvenile Demodikose (Rasseprädisposition und autosomal-rezessive Vererbung)
- Altersdemodikose bzw. senile Demodikose
Im klinischen Alltag werden auch andere Verlaufsformen beschrieben, u.a. die squamöse Form, die pustulöse Form, die Alopezie-Form, die Podo-Demodikose oder auch die Oto-Demodikose. Die verschiedenen Verlaufsformen gehen mit unterschiedlichen klinischen Symptomen sowie Prognosen einher.
Klinik
Die klinisch manifeste Demodikose beginnt schleichend, häufig mit unscharf begrenzten Läsionen an Kopf, Beinen oder Rumpf. In weiterer Folge entwickeln sich Alopezie, Erytheme oder Hyperpigmentation, Komedonen und Pusteln.
Bei der generalisierten Verlaufsform konfluieren die Veränderungen zu großflächigen Arealen. Häufig kommt es zu sekundären Pyodermien, tiefer Follikulitis und Furunkulose mit Exsudation und Krusten - in Kombination mit hochgradigem Juckreiz. Bei der generalisierten Demodikose kommt es zu peripherer Lymphadenopathie. Eine besonders therapieresistente Sonderform stellt die Pododemodikose dar. Diese Verlaufsform kann entweder als Folge einer unvollständig abgeheilten generalisierten Demodikose hervorgehen, oder auch isoliert auftreten.
Diagnose
Die Diagnose wird mittels direktem Erregernachweis gestellt. Da Demodex spp. auch physiologisch nachweisbar ist, müssen stets mehrere tiefe Hautgeschabsel entnommen werden. Vor der Probennahme empfiehlt es sich die Haare zu scheiteln und die Haut zwischen den Fingern zu pressen, sodass die Milben aus den Haarfollikeln nach oben gedrückt werden (höhere Sensitivität).
Therapie
Die lokalisierte Demodikose benötigt in den meisten Fällen keine Therapie. Sie heilt zumeist spontan aus. Unterstützend können antiseptische Waschlösungen, Gewichtsreduktion und die Optimierung der Haltungsbedingungen durchgeführt werden.
Bei einer generalisierten Demodikose ist eine adäquate Behandlung indiziert. Bei älteren Hunden ist parallel dazu eine internistische Abklärung durchzuführen, um die Primärkrankheit zu beheben. Bei der Wahl des geeigneten Akarizids sind die klinischen Symptome ausschlaggebend. Milde Fälle können mit topischen Wirkstoffen (z.B. Amitraz oder Sarolaner) behandelt werden. Bei schwereren Krankheitsverläufen empfiehlt sich der systemische Einsatz von makrozyklischen Laktonen (z.T. Off-label-Einsatz), z.B.
- Milbemycinoxim (1 bis 2 mg/kgKG p.o.)
- Moxidectin (0,3 bis 0,5 mg/kgKG p.o.)
- Doramectin (0,6 mg/kgKG s.c.)
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3.
- Eckert J, Friedhoff KT, Zahner H, Deplazes P. 2008. Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1072-0
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