Makrozyklisches Lakton
Synonym: makrozyklisches Lacton
Englisch: macrocyclic lactone
Definition
Makrozyklische Laktone sind eine Gruppe chemischer Verbindungen, deren Abkömmlinge sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin als Arzneimittel verwendet werden.
Chemie
Makrozyklische Laktone können in zwei große Gruppen unterteilt werden,
- in die Avermectine und
- in die Milbemycine.
Beide Wirkstoffgruppen sind Fermentationsprodukte (oder deren Derivate) von bodenbewohnenden Mikroorganismen der Gattung Streptomyces. Makrozyklische Laktone besitzen ein gemeinsames Grundgerüst aus zyklischen Estern mit mindestens 11 C-Atomen, die anhand ihrer Ringgröße unterteilt werden können.
Arzneistoffe
Makrozyklische Laktone werden in der Medizin hauptsächlich als Antiparasitika eingesetzt. Aufgrund ihres breiten Wirkspektrums werden sie den Endektozida zugeordnet, da sie sowohl endoparasitische (Nematoden) als auch ektoparasitische (Arthropoden) Eigenschaften besitzen.
Übliche Vertreter der Avermectine sind:
Die Gruppe der Milbemycine wird gebildet von:
Anwendung
Makrozyklische Laktone zeigen gegen mehr als 300 Parasitenarten eine effektive Wirkung, weshalb sie breitgefächert eingesetzt werden. Je nach Wirkstoff und Indikation können makrozyklische Laktone über folgende Applikationswege appliziert werden:
- peroral (z.B. Kautablette, Tabletten)
- parenteral (intravenös, subkutan)
- Spot-on bzw. Pour-on (Lösung zum Aufbringen auf die Haut)
Wirkmechanismus
Die verschiedenen Vertreter wirken als Agonisten an Glutamat-aktivierten Chloridkanälen der Parasiten. Dadurch wird eine Steigerung der Membranpermeabilität für Chloridionen erzeugt, die zu einer Blockade der Erregungsüberleitung führt. In weiterer Folge tritt eine schlaffe Paralyse ein, die letztendlich den Tod der Parasiten bewirkt.
Da Glutamat-aktivierte Chloridkanäle nur in Wirbellosen vorkommen (bei Arthropoden in den Nerven- und Muskelzellen, bei Nematoden in großer Anzahl in der Pharynxpumpe und in den Muskelzellen der Körperhülle), kann die Toxizität von makrozyklischen Laktonen für Säugetiere als gering eingestuft werden.
Avermectine stimulieren zusätzlich die präsynaptische GABA-Freisetzung unter gleichzeitiger Erhöhung der GABA-Affinität der postsynaptischen GABA-Rezeptoren. Da GABA ein hemmender Neurotransmitter ist, erfolgt eine Blockade der Erregungsüberleitung, weshalb ebenfalls eine schlaffe Paralyse der Parasiten eintritt. Da GABA-Rezeptoren auch im Gehirn von Säugetieren ausgebildet sind und Makrozyklische Laktone lipophile Eigenschaften besitzen, ist eine Diffusion durch die Blut-Hirn-Schranke möglich. Aufgrund der Wirkstoffkonzentrationen und der Verteilung im Körper erfolgt jedoch in den meisten Fällen keine Anreicherung der Wirkstoffe im ZNS des Wirtes. Grund hierfür ist ein Membranprotein (P-Glykoprotein, MDR1-Gen-codiert), das den Durchlass der Avermectine durch die Gefäßkapillaren unterbindet.
Pharmakokinetik
Makrozyklische Laktone werden - unabhängig vom Applikationsweg - nahezu vollständig absorbiert und rasch im gesamten Körper verteilt. Sie reichern sich hauptsächlich im Fettgewebe an, was zu einer langen Residualwirkung führt.
Die Arzneimittel entfalten ihre Wirkung vorzugsweise im Gastrointestinaltrakt, in der Lunge und in der Haut. Ihre Bioverfügbarkeit kann durch gleichzeitige Futtergabe signifikant gesteigert werden.
Indikation
Folgende Tabelle listet einen Auswahl an Parasiten auf, die gegen die einzelnen Wirkstoffe sensibel sind.
Wirkstoff | Parasiten |
---|---|
Ivermectin | Magen-Darm-Nematoden, Lungenwürmer, Dassellarve, Ektoparasiten |
Doramectin | Magen-Darm-Nematoden, Lungenwürmer, Dassellarven, Ektoparasiten |
Selamectin | Maden-Darm-Nematoden, Herzwurm, Ektoparasiten |
Eprinomectin | Magen-Darm-Nematoden, Lungenwürmer, Dassellarven, Ektoparasiten |
Moxidectin | Magen-Darm-Nematoden, Lungenwürmer, Dassellarven, Ektoparasiten |
Milbemycinoxim | Magen-Darm-Nematoden, Herzwurm, Cestoden |
Kontraindikation
Aufgrund des MDR1-Gendefekts mancher Hunde (v.a. Collies, Australian Shepherd, Silken Windhounds, Bobtails, Schäferhunde, u.a.), kommt es bei Verabreichung von Avermectinen rasch zu einer Anreicherung im ZNS. Aufgrund der neurotoxischen Wirkung führen Avermectine bei MDR1-gendefekten Hunden zu schweren neurologischen Symptomen wie Mydriasis, Tremor, Ataxie und Erbrechen. Bei Dosierungen von mehr als 0,15 mg/kgKG werden betroffene Hunde komatös und können binnen kürzester Zeit versterben. Die mittlere letale Dosis (LD50) für Ivermectin wird bei diesen Hunden mit 0,2 mg/kgKG angegeben.
Quelle
- MSD MANUAL Veterinary Manual; abgerufen am 23.04.2019
- Makrozyklische Lactone, Uni Saarland; abgerufen am 23.04.2019
- Institut für Pharmakologie. Vorlesungs-Unterlagen zu Antiparasitika. Veterinärmedizinische Universität Wien, Sommersemester 2018.
- Ivermectin, CliniPharm; abgerufen am 23.04.2019