IPEX-Syndrom
Synonyme: X-chromosomales Immun-Dysregulation-Polyendokrinopathie-Enteropathie-Syndrom, autoimmune Enteropathie Typ 1, XPID
Englisch: IPEX syndrome, immune dysregulation polyendocrinopathy enteropathy X-linked syndrome
Definition
Das IPEX-Syndrom ist eine schwere angeborene systemische Autoimmunerkrankung mit refraktärer Diarrhö, Endokrinopathien, Hautsymptomen und Infektionsneigung. Es zählt zu den autoimmunen polyendokrinen Syndromen (APS).
- ICD-10: E31.0
Ätiologie
Ursache des IPEX-Syndroms sind Mutationen im FOXP3-Gen, das für das Forkhead-Box-Protein P3 kodiert. Dieses Protein reguliert die Entwicklung und Funktion der regulatorischen T-Zellen (CD4+, CD25+). Die Erkrankung wird X-chromosomal-rezessiv vererbt.
Epidemiologie
Das IPEX-Syndrom ist eine sehr seltene Erkrankung. Bisher wurden weltweit weniger als 150 Fälle beschrieben. Aufgrund des X-chromosomal-rezessiven Erbgangs sind typischerweise männliche Neugeborene betroffen.
Symptome
Während der ersten Tage oder Wochen nach der Geburt entwickeln sich individuell unterschiedliche Symptome bei den Neugeborenen. Eine schwere autoimmune Enteropathie zeigt sich mit therapierefraktärer sekretorischer Diarrhoe, die zu Malabsorption, Elektrolytstörungen und Entwicklungsstörungen führt. Weitere Symptome sind Erbrechen, Ileus, Gastritis oder Colitis.
Autoimmune Endokrinopathien äußern sich durch einen Diabetes mellitus Typ 1 und/oder eine Thyreoiditis (Hypo- oder Hyperthyreose).
An der Haut besteht ein generalisiertes pruriginöses Exanthem, das einer Psoriasis oder atopischen Dermatitis ähnelt. Seltener kommt es zur Alopezie oder Onychodystrophie.
Weitere autoimmunbedingte Symptome sind Pneumonitis, Hepatitis, Nephritis, Myositis, Splenomegalie und Lymphadenopathie. Einige Patienten entwickeln hämatologische Störungen wie eine Thrombozytopenie, hämolytische Anämie oder Neutropenie. Lokale oder systemische Infektionen entstehen durch Verlust der Epithelbarriere von Haut und Darm, mangelhafte Ernährung sowie durch die immunsuppressive Therapie.
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Die typische Trias des IPEX-Syndroms besteht aus Enteropathie, autoimmuner Polyendokrinopathie (i.d.R. Diabetes mellitus Typ 1 oder Thyreoiditis) und Dermatitis. |
Diagnostik
Neben der Familienanamnese und körperlichen Untersuchung helfen typische Laborbefunde bei der Diagnose:
- Autoimmune Enteropathie: Anti-Enterozyten-, Anti-Harmonin-, Anti-Villin-Autoantikörper
- Diabetes mellitus Typ 1: Insulin-Autoantikörper (IAA), Inselzellantikörper (ICA) oder Glutamatdecarboxylase-Antikörper (anti-GAD)
- Thyreoitidis: Antithyreoglobulin, Anti-TPO
- Zytopenie: Thrombozytenantikörper und granulozytenreaktive Antikörper, positiver Coombs-Test
Die molekulargenetische Untersuchung dient der Diagnosesicherung. Eine genetische Beratung schließt sich an. Bei Familien mit bekannter Mutation ist eine Pränataldiagnostik in Form einer Chorionzottenbiopsie mit Mutationsanalyse möglich.
Differentialdiagnosen
Therapie
Ohne frühzeitige Diagnose und Therapie führt die Erkrankung in den ersten beiden Lebensjahren zum Tod. Einige Patienten überleben bis in das Kindesalter. Die einzige kurative Therapie ist zur Zeit (2022) die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSZT), insbesondere in frühen Krankheitsstadien. Durch eine HSZT kann die Lebenserwartung und Lebensqualität deutlich gesteigert werden.
Ohne eine Stammzelltransplantation ist eine langfristige supportive Therapie und eine Immunsuppression mit Glukokortikoiden, Cyclosporin A, Tacrolimus, Sirolimus oder Azathioprin erforderlich. Falls notwendig werden Insulin und Schilddrüsenhormone substituiert. Zur Therapie der Hautsymptome kann topisches Cyclosporin A helfen. Je nach Ausmaß der Thrombozytopenie müssen gegebenenfalls Thrombozytenkonzentrate verabreicht werden. Im Falle einer schweren Enteropathie ist eine parenterale Ernährung notwendig.
Aktuell (2022) gibt es neue Therapieansätze, die auf gentechnischen Methoden basieren. Dazu gehört beispielsweise eine Behandlung mit modifizierten regulatorischen T-Zellen. Dabei werden autologe T-Lymphozyten entnommen und der FOXP3-Defekt in vitro repariert bzw. durch Wildtyp-Gene ersetzt. Eine weitere Möglichkeit ist die in-vitro-Erzeugung von CD4-positiven T-Zellen, die den Wildtyp von FOXP3 exprimieren. Die Zellen werden dem Patienten anschließend verabreicht. Außerdem gibt es eine vielversprechende Methode der Genkorrektur durch das Einsetzen einer komplementären Wildtyp-FOXP3-DNA, die mithilfe des CRISPR/Cas-Systems erfolgt.
Literatur
- Orphanet, abgerufen am 04.07.2019
- Ben-Skowronek I.: IPEX Syndrome: Genetics and Treatment Options Genes, 2021
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