Chorionzottenbiopsie
Synonyme: Chorionbiopsie, CVS
Englisch: chorionic villi sampling
Definition
Bei der Chorionzottenbiopsie handelt es sich um eine Untersuchungsmethode aus dem Bereich der Pränataldiagnostik, in deren Rahmen es zum frühzeitigen Nachweis von chromosomalen Anormalitäten und zur Identifikation von Stoffwechselerkrankungen kommen soll. Entscheidender Vorteil dieser Diagnosemethode ist die Tatsache, dass sie bereits weit vor einer Amniozentese durchgeführt werden kann.
Chorionzotten
Im ersten Trimenon der Schwangerschaft wird der Embryo bzw. die Amnionhöhle von einer Gewebeschicht umkleidet, die als extrafetales Gewebe bezeichnet wird. Bei diesem Gewebe handelt es sich zwar nicht um zum Embryo bzw. Fötus gehörendem Zellmaterial, es ist mit diesem aber vollkommen identisch und kann daher für die Untersuchung und Diagnostik herangezogen werden. Im Bereich des Nabelschnuransatzes befindet sich eine deutliche Verdickung des extrafetalen Gewebes; dieser Punkt nennt sich Chorion frondosum. Von diesem Punkt zweigen Ästchen-artige Strukturen ab, die als Chorionzotten bezeichnet werden. Diese Stelle lässt sich ab ca. der 6. Schwangerschaftswoche (SSW) mittels Ultraschall abgrenzen.
Indikation
Die Untersuchung ist in folgende Fällen angezeigt:
- klinische Hinweise auf Chromosomenaberrationen des Fetus (Sonographie)
- bekannte balancierte Chromosomenanomalien der Eltern
- Abklärung monogenetisch vererbter Erkrankungen
- bereits ein erkranktes Kind in der Anamnese
Generell kann die Untersuchung auch auf Wunsch der Eltern erfolgen, z.B. bei übergroßer Angst vor Missbildungen (sog. "psychische Indikation"). Allerdings sollte hier eine genaue Abwägung der Risiken des Eingriffs gegen den potentiellen Nutzen erfolgen.
Früher wurde entsprechend der "Altersindikation" eine Chorionzottenbiopsie bei allen Schwangeren ab dem 35. Lebensjahr empfohlen, da ab diesem Alter das Risiko, ein Kind mit einer Trisomie 21 zur Welt zu bringen, das Eingriffsrisiko statistisch gesehen übersteigt. Heute (2021) ist in diesem Fall die Untersuchung von kindlichen DNA-Fragmenten im mütterlichen Blut mittels PCR die Standardmethode. Durch den nichtinvasiven Pränataltest (NIPT) können bestimmte Trisomieformen (z.B. Trisomie 13, 18, 21) ohne Biopsie nachgewiesen werden. Ein negatives Testergebnis schließt eine Chromosomenanomalie mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Ein positives Testergebnis kann durch eine Chorionzottenbiopsie verifiziert werden.
Vorgehensweise
Es gibt grundsätzlich zwei Methoden, mit denen der Untersucher Zellmaterial aus den Chorionzotten entnehmen kann.
Möglichkeit 1
Transzervikale Entnahme über den Muttermund: Hierzu wird ein sehr dünner Schlauch in die Vagina und den Gebärmuttermund bis hin zur Plazenta vorgeschoben. Hierbei wird Zellmaterial entnommen und dann isoliert. Diese Methode wird heute aufgrund höherer Risiken (z.B. Infektionen) in Deutschland nicht mehr häufig angewendet.
Möglichkeit 2
Transabdominales Vorgehen: Transabdominales Einbringen einer kleinen Nadel durch die Bauchdecke hindurch. Die Nadel wird unter ständiger Ultraschallkontrolle durch die Bauchdecke hin zur Plazenta vorgeschoben. An den Chorionzotten angekommen wird eine Punktion durchgeführt, also Zellen entnommen, die anschließend labormedizinisch analysiert werden.
Unterschied zur Amniozentese
Bei der Chorionzottenbiopsie wird – anderes als bei der Amniozentese – keine Punktion der Fruchtblase vorgenommen. Das Endoskop mit der Nadel wird an der Fruchtblase vorbeigeschoben. In einigen seltenen Fällen sind die anatomischen Begebenheiten bei der Frau allerdings so ungünstig, dass eine Chorionzottenbiopsie nicht möglich ist.
Untersuchung der Zellen
Ca. 20 mg Zellen sind notwendig, um im Labor ein Karyogramm anzufertigen. Ist dieses auffällig, wird eine ausführliche molekularbiologische Analyse durchgeführt.
Nachweisbare Erkrankungen
- Trisomie 21 (Down-Syndrom)
- Trisomie 18 (Edwards-Syndrom)
- Trisomie 13 (Pätau-Syndrom)
- Anenzephalie
- Spina bifida
- Fehlbildungen der Bauchwand
- diverse Stoffwechselerkrankungen
Risiken
Das Risiko eines Spontanaborts liegt bei etwa 1%. Weitere Komplikationen sind:
- Infektionen
- Verletzung von Gefäßen mit Einblutungen ins Gewebe
- Limb-Reduction-Defects (Extremitätenfehlbildungen)
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