Diffuser Alveolarschaden
Englisch: diffuse alveolar damage(DAD)
Definition
Der diffuse Alveolarschaden, kurz DAD, ist ein histopathologischer Begriff zur Beschreibung von akuten Veränderungen der Lungenstruktur mit Bildung hyaliner Membranen. Das häufigste klinische Korrelat ist das Acute Respiratory Distress Syndrome (ARDS).
siehe auch: Histopathologisch-radiologische Muster bei interstitieller Lungenerkrankung
Ätiologie
Der diffuse Alveolarschaden entsteht durch Schädigung des Alveolarendothels und -epithels. Die häufigsten Ursachen sind:
- Infektionen (22 %): Mykoplasmen, Viren, Legionellen, Pneumocystis jirovecii
- Knochenmarktransplantation (17 %)
- GvHD nach Lungentransplantation
- akute Exazerbation einer idiopathischen Lungenfibrose (16 %)
- Kollagenosen (16 %): SLE, rheumatoide Arthritis
- Medikamenteneinnahme, Drogen (10 %): Bleomycin, Busulfan, Melphalan, Carmustin, Gemcitabin, Methotrexat, Nitrofurantoin, Cyclophosphamid, Mitomycin, Crack
- Toxine (< 5 %): Stickstoffdioxid, Sauerstoff, Paraquat, Chlorgas
- akute Aspiration
Der DAD ist assoziiert mit klinischen Syndromen wie Acute Lung Injury (ALI), ARDS, Transfusion-assoziierter akuter Lungeninsuffizienz (TRALI), (idiopathischer) akuter interstitieller Pneumonie (AIP) oder akuter Exazerbation einer chronischen interstitiellen Lungenerkrankung (ILD).
Klinik
Patienten mit diffusem Alveolarschaden beklagen eine Dyspnoe und zeigen Zeichen der Hypoxämie mit Zyanose, akuter respiratorischer Alkalose sowie erhöhter alveolo-arterieller Sauerstoffpartialdruckdifferenz (AaDO2).
Diagnostik
Histopathologie
Da es sich beim diffusen Alveolarschaden um eine histopathologische Diagnose handelt, ist formal eine Lungenbiopsie mit anschließender mikroskopischer Beurteilung notwendig. Beim diffusen Alveolarschaden kommt es durch Schädigung der Alveolen (initial insbesondere Typ-I-Pneumozyten) zur exsudativen Phase. Sie ist gekennzeichnet durch kapilläre Stauung, Ödem und intraalveoläre Schäden. Es kommt zur Exsudation von Proteinen und Flüssigkeit in das Interstitium. Weiterhin bilden sich interstitielle entzündliche Infiltrate sowie mikrovaskuläre Thrombembolien. Charakteristisches Merkmal ist die Ablagerung von hyalinen Membranen aus abgestorbenen Zellen, Surfactant und Proteinen. Die Membranen präsentieren sich mikroskopisch als dicke Bänder von dichtem, eosinophilen Material, die sich an den Wänden der Alveolen ablagern.
In der anschließenden proliferativen bzw. organisierenden Phase kommt es zu Reparaturvorgängen. Die Alveolen werden erneut von Alveolarepithelzellen Typ II besiedelt, welche die Flüssigkeit resorbieren und sich schließlich in Typ-I-Pneumozyten differenzieren. Makrophagen beseitigen den Zelldebris. Die Proliferation und Organisation der Fibroblasten erinnert dabei an eine organisierende Pneumonie.
In einigen Fällen geht die DAD mit irreversiblen fibrotischen Veränderungen einher. Diese Phase tritt ein, wenn das während der akuten exsudativen Phase abgelagerte Kollagen nicht resorbiert werden kann. Es kommt zur interstitiellen Fibrose mit verdickten Alveolarsepten, zur squamösen Metaplasie des Epithels der Bronchioli terminales und ggf. zum Honeycombing.
siehe Hauptartikel: ARDS
Radiologie
Bei Patienten mit klinischen Zeichen eines ARDS ist jedoch in der Regel keine Biopsie notwendig. Radiologisch zeigen sich nur unspezifische Befunde: Das Röntgenbild kann initial unauffällig sein oder bilaterale heterogene, meist symmetrische Verschattungen aufweisen. Im Verlauf finden sich grob-retikuläre Verschattungen.
In der CT liegen anfangs bilaterale Milchglastrübungen und/oder Konsolidierungen vor. Typischerweise zeigt sich ein anteroposteriorer Gradient. In den Arealen mit Milchglastrübung sind die Bronchien dilatiert. Häufig liegen Pleuraergüsse vor. Im Verlauf finden sich grobretikuläre Verdichtungen oder diffuse Milchglastrübungen mit verdickten Interlobulärsepten (Crazy Paving). In den nicht schwerkraft-abhängigen Lungenarealen kommt es zur Bildung von Bullae und Honeycombing, mutmaßlich aufgrund der fibrotischen Veränderungen und des Barotraumas. Begleitend finden sich Traktionsbronchiektasen.[1]
Prognose
Patienten mit ARDS und histologisch bestätigter DAD weisen mit ca. 72 % eine höhere Mortalitätsrate auf als Patienten mit ARDS ohne DAD (45,5 %).[2]
Literatur
- Beasley MB et al. Acute fibrinous and organizing pneumonia: a histological pattern of lung injury and possible variant of diffuse alveolar damage. Arch Pathol Lab Med. 2002
Quellen
- ↑ Sheard S et al. Imaging of acute respiratory distress syndrome. Respir Care. 2012
- ↑ Kao KC et al. Diffuse alveolar damage associated mortality in selected acute respiratory distress syndrome patients with open lung biopsy. Crit Care. 2015
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