Osteoporose
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Synonyme: Osteoporosis, Knochenschwund
Englisch: osteoporosis
Definition
Als Osteoporose bezeichnet man eine Erkrankung des Skelettsystems, die durch eine gestörte Remodellierung der Knochensubstanz und eine dadurch bedingte pathologische Mikroarchitektur der Knochen gekennzeichnet ist. Die verminderte Knochendichte bei Osteoporose führt schließlich zu einer gesteigerten Frakturgefährdung.
Epidemiologie
Osteoporose ist eine Erkrankung, die sich in der Regel bei Frauen nach dem 45. beziehungsweise bei Männern ab dem 55. Lebensjahr manifestiert. Frauen sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer. Dies ist vor allem auf die hormonellen Veränderungen nach der Menopause der Frau zurückzuführen. Durch fehlendes Östrogen wird wahrscheinlich der Abbau von Knochensubstanz durch die Osteoklasten nicht mehr ausreichend gehemmt.
Auch jüngere Personen können von einer Osteoporose betroffen sein, meist sekundär im Rahmen anderer Grunderkrankungen (s.u.), seltener auch durch idiopathische Formen.
Die Angaben zur Prävalenz und Inzidenz sind schwankend. Die Prävalenz wird für Deutschland zwischen 4 und 8% der Gesamtbevölkerung angegeben.
Ätiologie
Im Laufe des Lebens ist die Knochendichte ständigen Veränderungen ausgesetzt. Während die Knochenmasse zunächst beim wachsenden Menschen in Kindheit, Jugend und frühem Erwachsenenalter zunimmt, wird um das dreißigste Lebensjahr herum ein Maximum erreicht. Dies bezeichnet man als "peak bone mass". Diese Spitzenwerte liegen bei Männern durchschnittlich höher als bei Frauen. Bei beiden Geschlechtern kommt es im Laufe der weiteren Lebensjahre zu einem kontinuierlichen Rückgang der Knochenmasse, der als Knochenschwund oder Osteoporose bezeichnet wird.
Dem Verlust an Knochenmasse liegt ein Missverhältnis zwischen Knochenaufbau (Osteogenese) durch Osteoblasten und Knochenabbau (Osteolyse) durch Osteoklasten zugrunde. Es wird mehr Knochenmasse durch die Osteoklasten abgebaut, als durch die Osteoblasten neu gebildet werden kann. Die relative Aktivität von Osteoklasten und Osteoblasten wird durch parakrine Faktoren, insbesondere den Osteoprotegerin-RANK-Liganden-Quotienten bestimmt, die ihrerseits durch zahlreiche endokrine Faktoren, u. a. Corticosteroide, Östrogene und Jodothyronine gesteuert werden.
Einteilung
...nach Ätiologie
Man unterscheidet zwischen primärer und sekundärer Osteoporose. Neben direkten Ursachen für die Osteoporose lassen sich auch eine Reihe von Risikofaktoren ausmachen, zu denen neben einem höheren Lebensalter auch das Rauchen oder das Geschlecht zählen. Die folgende Einteilung geht auf Ringe zurück:
- Primäre Osteoporose: Auftreten ohne erkennbare Ursachen, meist im höheren Lebensalter
- Sekundäre Osteoporose: Begleiterkrankung bei anderen Krankheiten
- Endokrine Ursachen: Störungen im Hormonhaushalt mit Folgen für das Knochensystem
- Metabolische Ursachen: Störungen im Knochenstoffwechsel
- Medikamentöse Ursachen: Nebenwirkungen auf das Knochensystem (die folgende Liste ist unvollständig und soll nur einige Beispiele nennen)
- Glukokortikoide (Steroidosteoporose)
- Thyroxin und Trijodthyronin
- Heparin
- GnRH-Analoga
- Antiepileptika
- Aromatasehemmer (z.B. Anastrozol, Letrozol, Exemestan)
- Colestyramin
- Protonenpumpenhemmer (z.B. Pantoprazol)[1]
- Resorptionshemmende Medikamente (Laxantien, Austauscherharze)
- Onkologische Ursachen: Tumorerkrankungen des Knochensystems
- Plasmozytome
- Knochenmarkskarzinose
- Chronisch lymphatische Leukämie (CLL)
- andere lymphoproliferative und myeloproliferative Erkrankungen
- Immunologische Ursachen: Störungen der Knochenhomöostase durch Immunreaktionen
- Chronische Polyarthritis
- Morbus Crohn (zweifelhaft)
- Mechanische Ursachen: Rückbildung der Knochenstabilität durch mangelnde Belastung
- Inaktivitätsosteoporose durch Immobilisation oder Lähmungen
- Hereditäre Bindegewebserkrankungen:
- Andere Ursachen
- Sonderformen der Osteoporose:
...nach Verlauf
Je nach Akuität unterscheidet man zwischen:
- akuter Osteoporose: tritt i.d.R. in umschriebenen, meist gelenknahen Bezirken auf. Beispielsweise bei CRPS oder als Begleiterscheinung entzündlicher Prozesse.
- chronischer Osteoporose: meist generalisiert, z.B. bei primärer Osteoporose.
Symptome
Die Osteoporose verläuft zunächst völlig symptomlos und macht sich erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien bemerkbar. Zu den Symptomen der fortgeschrittenen Osteoporose zählen u.a.:
- Knochenschmerzen
- Frakturen (Oberschenkelhals, Handgelenk, Wirbelkörper)
- Verzögerte Frakturheilung
- Rückenschmerzen und Rundrücken
- Größenverlust
Diagnose
Die Diagnose der Osteoporose umfasst in erster Linie die Ausschlussdiagnostik anderer, den Knochenstoffwechsel betreffender Erkrankungen. Sie besteht primär aus Bildgebung und Labordiagnostik. In seltenen Fällen ist die Entnahme von Knochenmaterial durch eine Knochenbiopsie indiziert.
Bildgebung
Radiologisch wird die Osteoporose mithilfe von Röntgenaufnahmen oder Osteodensitometrie (z.B. DXA) diagnostiziert. Es lassen sich je nach Ausprägung verschiedene Befunde erheben:
- Aufhellung der Knochenstruktur durch vermehrte Strahlentransparenz
- Verschmälerung und zahlenmäßige Reduktion der Spongiosabälkchen außerhalb der Zug- und Drucklinien (Spongiolyse)
- Spongiosierung der Kortikalis: Verschmälerung und Spongiosa-ähnliche Aufsplitterung der Kortikalis von der Innenseite her. Trotz ihrer Verschmälerung erscheint sie relativ zur Spongiosa dichter. Dies führt z.B. zum Phänomen der Rahmenwirbel.
- Verminderte Belastungsfähigkeit des Knochens, dadurch z.B. Infraktionen der Deck- und Bodenplatten der Wirbelkörper (Keil-, Fischwirbelbildung bis hin zu Plattwirbeln)
Auch quantitative Ultraschall- oder Computertomographiemessungen (qCT) dienen der Bestimmung der Knochendichte.
Labordiagnostik
Folgende Parameter sollten Bestandteil des Basislabors bei Osteoporosepatienten sein, da sie unter anderem Hinweise auf eine sekundäre Osteoporose, Osteomalazie, Frakturrisiken sowie Kontraindikationen für eine medikamentöse Therapie liefern können:
- Serumkalzium: Das Serumkalzium kann beispielsweise im Rahmen eines primären Hyperparathyreoidismus erhöht sein. Eine Hypokalziämie hingegen tritt bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus oder einer Malabsorption auf und gilt als Kontraindikation für mehrere Osteoporosemedikamente.
- Serumphosphat: Erhöhte Serumphosphatspiegel treten bei einer Niereninsuffizienz sowie bei einem renalen Hyperparathyreoidismus auf. Ein niedriger Serumphosphatspiegel kann im Rahmen einer Malabsorption auftreten.
- Alkalische Phosphatase: Die AP ist im Rahmen einer Osteomalazie erhöht und kann bei einer Hypophosphatämie erniedrigt sein.
- Gamma-GT: Die Bestimmung der Gamma-GT kann zur differentialdiagnostischen Unterscheidung einer AP-Erhöhung hilfreich sein, da sie Hinweise auf eine hepatischen Ursache liefern kann.
- GFR: Die Bestimmung der GFR dient dem Ausschluss einer renalen Osteopathie. Weiterhin kann sie Hinweise auf eine Niereninsuffizienz liefern, die als Kontraindikation für einige Osteoporosemedikamente gilt.
- BSG und CRP: Die Bestimmung der Entzündungsparameter unterstützt die differentialdiagnostische Einordnung von Wirbelkörperdeformitäten. Diese können auch aufgrund von Entzündungen enstehen. Weiterhin können BSG und CRP auf entzündliche rheumatische Erkrankungen hinweisen.
- Blutbild: Die Erstellung eines Blutbildes liefert Hinweise auf entzündliche oder maligne Erkrankungen als Ursache einer sekundären Osteoporose.
- TSH: Ein TSH-Spiegel von unter 0,3 mU/l gilt bedingt als Risikofaktur für Frakturen.
- Serumnatrium: Ein niedriger Serumnatrium-Spiegel erhöht das Risiko für Frakturen.
- Serum-Eiweißelektrophorese: In einigen Fällen kann eine Serum-Eiweißelektrophorese indiziert sein, um eine monoklonale Gammopathie oder eine Hypogammaglobulinämie als Hinweis auf eine MGUS oder ein Multiples Myelom auszuschließen.
- Testosteron bei Männern: Selten kann ein Testosteronmangel bei Männern der Grund für eine sekundäre Osteoporose sein.
- 25-Hydroxy-Vitamin-D3: In einigen Fällen bietet sich eine Bestimmung des Vitamin-D3-Spiegels an, um einen Vitamin-D-Mangel auszuschließen.
Bei Hinweisen, die auf eine sekundäre Osteoporose deuten, sollten im Anschluss weitere labormedizinische Tests durchgeführt werden, um die genaue Ursache hierfür festzustellen.
Stadieneinteilung
Auf der Basis der Osteodensitometrie lässt sich die Osteoporose in verschiedene Grade einteilen. Dabei wird der T-Score verwendet, der die Messergebnisse in ein Verhältnis zum Mittelwert der Knochendichte junger Erwachsener gleichen Geschlechts setzt. Der T-Score wird in Standardabweichungen (SD) angegeben.
Grad | Klassifikation | T-Score [SD] |
---|---|---|
Normal | ≥ - 1 | |
0 | Osteopenie | - 1,0 bis - 2,5 |
1 | Osteoporose | ≤ - 2,5 |
2 | Manifeste Osteoporose | ≤ - 2,5 und 1-3 Wirbelkörperfrakturen (ohne Trauma) |
3 | Fortgeschrittene Osteoporose | ≤ - 2,5 und multiple Wirbelkörperfrakturen sowie extraspinale Frakturen |
Therapie
Basistherapie der Osteoporose umfasst eine Steigerung der körperlichen Aktivität (Mobilisation, Physiotherapie), den Verzicht auf Alkohol und Nikotin sowie eine ausreichende Zufuhr von Calcium (1.000-1.500 mg/d) und Vitamin D3.
Eine medikamentöse Therapie ist indiziert bei:
- osteoporotischer Wirbelkörperfraktur bei T-Wert ≤ - 2,0
- niedriger Knochendichte und hohem Lebensalter: z.B. T-Wert zwischen - 2,5 und - 3,0 ab einem Alter von 70 (Frauen) bzw. 80 Jahren (Männer)
- Vorliegen von Risikofaktoren: Langzeittherapie mit Glukokortikoiden, multiple Stürze, Epilepsie, Immobilität, Nikotinkonsum
Dabei kommen folgende Medikamente zum Einsatz, die auch alters- und geschlechtsabhängig verordnet werden müssen:
- Bisphosphonate
- Raloxifen
- Teriparatid
- Östrogene
- Fluoride
- Calcitonin
- Denosumab
- Romosozumab
- Strontiumranelat (in D nicht mehr zugelassen)
Daneben profitieren die Patienten von einer adäquaten Schmerzbehandlung. In seltenen Fällen muss eine operative Stabilisierung des Skelettsystems durchgeführt werden.
Zur Verlaufskontrolle einer Osteoporosetherapie kann das C-terminale quervernetzte Telopeptid (beta-CTX) bestimmt werden.
Prophylaxe
Die Osteoporoseprophylaxe umfasst Maßnahmen für eine Verbesserung der Knochenstabilität und eine Reduktion des Frakturrisikos. Sie wird für Risikopatienten wie beispielsweise ältere Menschen oder Frauen nach der Menopause, aber auch für bereits an Osteopenie oder Osteoporose erkrankte Personen empfohlen.
Es sollte auf eine regelmäßige körperliche Aktivität geachtet werden. Diese ist für den Krafterhalt der Muskulatur wichtig und dient zudem als Gleichgewichts- und Koordinationstraining. Immobilisierungen sollten nur von kurzer Dauer sein bzw. wenn möglich umgangen werden. Bei alten Menschen, besonders in Pflegeheimen, kann unter anderem der Einsatz von Hüftprotektoren, die das Frakturrisiko im beckennahen Bereich senken und eine Sturzprophylaxe sinnvoll sein. Eine extreme Gewichtsabnahme sollte vermieden werden, da sie nachweislich mit einem erhöhten Sturz- und Frakturrisiko zusammenhängt. Insgesamt sollte ein Körpergewicht im Normalbereich angestrebt werden (BMI ≥ 20 kg/m2).
Weiterhin ist auf eine ausreichende Zufuhr von Calcium und Vitamin D zu achten. Empfohlen wird eine tägliche Dosis von 1.000 mg Calcium und 800 IE Vitamin D. Die Zufuhr sollte regulär über die Nahrung erfolgen. Eine Einnahme von Ersatzprodukten ist nur dann zu empfehlen, wenn ansonsten die gewünschte Menge nicht erreicht wird. Von der alleinigen Einnahme eines Vitamin D Präparates ist generell abzuraten.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Der Verzicht auf Alkohol und Nikotin hat ebenfalls einen vorbeugenden Effekt.
Medikamente, welche die Entstehung einer Osteoporose fördern oder eine bestehende Osteoporose verschlechtern, sollten gemieden werden. Eine prophylaktische Gabe von Osteoporosemedikamenten kann bei bereits festgestellter Osteopenie und dauerhafter Glukokortikoidtherape sinnvoll sein. Diese umfasst dieselben Medikamente, die auch zur allgemeinen Therapie der Osteoporose eingesetzt werden.
Leitlinien
- AWML Leitlinie - Osteoporose, Stand 2017
Quiz
Quellen
- ↑ Desai BV, Qadri MN, Vyas BA. Proton pump inhibitors and osteoporosis risk: exploring the role of TRPM7 channel. Eur J Clin Pharmacol. 2022 Jan;78(1):35-41. doi: 10.1007/s00228-021-03237-3. Epub 2021 Oct 29. PMID: 34714373.
Bildquelle
- Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Brett Sayles / Pexels
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 16.04.2021
- MSD Manual - Osteoporose (Version Fachpersonal), abgerufen am 15.05.2022
- MSD Manual - Osteoporose (Version Patienten), abgerufen am 15.05.2022