Prämedikation (Pferd)
Synonym: Tiefe Sedierung
Englisch: premedication
Definition
Als Prämedikation bezeichnet man die medikamentöse Vorbereitung eines Pferdes vor einer Narkose (Allgemeinanästhesie).
Hintergrund
Die Prämedikation dient dazu, das Pferd ideal für einen bevorstehenden Eingriff (z.B. Zahnbehandlung, Operation u.ä.) vorzubereiten. Mithilfe einer umfassenden Anamnese und klinischen Untersuchung kann der Patient gemäß der ASA-Klassifikation eingeordnet werden. Unter Berücksichtigung des Eingriffs und eventueller Vorerkrankungen wird dann vom Anästhesisten ein geeignetes Anästhesieprotokoll erstellt.
Besonderheiten
Pferde sind lebensmittelliefernde Tiere und werden innerhalb der Europäischen Union als Schlachttiere betrachtet. Aufgrund dessen gelten für medikamentöse Behandlungen jeder Art entsprechende Gesetze, um den Verbraucher zu schützen. Besitzt das Tier einen Equidenpass, in dem vermerkt ist, dass dieses Pferd nicht für die Schlachtung bestimmt ist, treten Ausahmeregelungen in Kraft.
Präanästhetische Überlegungen
Da die Allgemeinanästhesie von Pferden mit einer relativ hohen Mortalität (0,5 bis 1 %) verbunden ist, müssen vorab verschiedene Punkte berücksichtigt werden, um das Risiko von Komplikationen soweit wie möglich zu reduzieren. Die größten Probleme entstehen normalerweise während der Aufwachphase. Folgende präanästhetische Punkte sind zu berücksichtigen:
- Die Handhabbarkeit des Pferde hängt u.a. von der Rasse, dem Alter, dem Temperament und dem Nutzungszweck ab.
- Pferde können eine Verletzungsgefahr für sich selbst und den Menschen in der Umgebung sein, insbesondere während der Aufwachphase.
- Pferde können treten (nach vorne, seitlich und hinten), beißen, mit dem Kopf schlagen und mit ihrer großen Masse (durschnittlich 500 kgKG) jemanden erdrücken.
- Durch die Größe der Tiere muss während der Allgemeinanästhesie auf eine geeignete Lagerung geachtet werden, um Neuropathieen bzw. Nervenläsionen und Myopathien zu verhindern.
- Der Kopf ist während der Operation (abhängig vom Eingriff) stets über Herzhöhe zu lagern, um das Anschwellen der Nasenschleimhaut so gering wie möglich zu halten.
Häufige Komplikationen während der Allgemeinanästhesie beim Pferd sind:
Protokoll
Die eigentliche Sedierung wird immer mit einem α2-Agonisten in Kombination mit einem Opiat durchgeführt. Die Wahl des α2-Agonisten hängt von der persönlichen Präferenz und dem Einleitungs- und Erhaltungsprotokoll ab. Durch die Verabreichung von Acepromazin rund 30 Minuten vor der Sedierung wird das Narkoserisiko deutlich reduziert, wobei gleichzeitig intraoperativ auch weniger Narkotika benötigt werden.
Wirkstoffe | Dosierung (mg/kgKG) |
Applikation | Information |
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Acepromazin | 0,02 | i.m. oder i.v. |
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Protokoll 1: | |||
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i.v. |
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Protokoll 2: | |||
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i.v. |
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Protokoll 3: | |||
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i.v. |
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Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Klinik
Folgende Merkmale weisen auf eine tiefe Sedierung beim Pferd hin:
- tief hängender Kopf
- lockere Unterlippe
- halb geschlossene Augen
- kaum bis ausbleibendes Ohrspiel
- kaum Reaktion auf externe Stimuli (z.B. Schnipsen)
- breitbeiniger Stand, zum Teil auch Einknicken und Ataxie
Besonderheiten
Fohlen
Aufgrund des noch nicht vollständig ausgereiften Organismus müssen beim Fohlen andere Wirkstoffe verwendet werden als beim adulten Tier. Die Physiologie der unterschiedlichen Organsysteme (z.B. kardiovaskuläres System, Atmungsorgane oder auch die Blut-Hirn-Schranke) ähnelt erst ab einem Alter von 4 bis 6 Lebenswochen der eines ausgewachsenen Pferdes, sodass hier besondere Rücksicht genommen werden muss.
Bei Fohlen unter zwei Lebenswochen sowie kranken Fohlen unter vier Lebenswochen dürfen daher keine α2-Agonisten zum Einsatz kommen. Die Prämedikation erfolgt mit folgenden Medikamenten:
Wirkstoffe | Dosierung (mg/kgKG) |
Applikation | Information |
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Protokoll 1 (Fohlen < 4 Lebenswochen): | |||
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Protokoll 2 (Fohlen > 4 Lebenswochen): | |||
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Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Alternativ kann auch bei Fohlen über 4 Lebenswochen die Dosis an Midazolam und Butorphanol reduziert und gleichzeitig ein α2-Agonist der Wahl (z.B. Xylazin, Detomidin oder Romifidin) bei der Prämedikation hinzugefügt werden. Mit zunehmendem Alter kann die Dosis des verwendeten α2-Agonisten erhöht und auf die anderen Medikamente entsprechend verzichtet werden.
Eselartige
Aufgrund des Temperaments (stoisch, störrisch, kein Fluchtverhalten), der abweichenden Anatomie (engere Trachea, kürzere Epiglottis u.ä.) und der abweichenden Physiologie (Organismus an extreme Lebensbedingungen angepasst) unterscheidet sich die Prämedikation bei Eselartigen von jener eines adulten Pferdes. Durch unterschiedliche pharmakologische Eigenschaften (z.B. abweichende Isoenzyme des Cytochrom P450, andere Volumenverteilung der Medikamente u.ä.) sind teils andere Dosierungen notwendig, um eine adäquate Sedierung der Tiere zu erreichen.
Bei Esel können in der Regel die gleichen Dosierungen verwendet werden, wie bei Pferden. Maultiere und Kleinesel benötigen meist um 25 bis 50 % höhere Dosierungen. Folgende Tabelle richtet sich nach dem Protokoll eines Esels:
Wirkstoffe | Dosierung (mg/kgKG) |
Applikation | Information |
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Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Literatur
- Eva Eberspächer-Schweda. MemoVet, AnästhesieSkills, Perioperatives Management bei Klein-, Heim- und Großtieren. Schattauer-Verlag, 2017.
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