Page-Niere
nach dem US-Amerikanischen Physiologen Irvine Page (1901-1991)
Synonym: Page-Phänomen
Englisch: Page kidney
Definition
Als Page-Niere bezeichnet man eine Nierenschädigung durch externe Kompression. Sie ist eine seltene Ursache der sekundären Hypertonie. Der Anstieg des Blutdrucks wird durch eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) bedingt.
Historisches
Die Erstbeschreibung des Krankheitsbildes erfolgte im Jahr 1939 durch den Physiologen Irvin Page.
Epidemiologie
Bisher (2022) sind über 100 Fälle in der Literatur beschrieben. Die Page-Niere kann in jedem Lebensalter auftreten.
Ätiologie
Ursächlich für die Entstehung der Page-Niere ist eine externe Kompression der Niere. Die häufigsten Ursachen sind iatrogene oder traumatische subkapsuläre Hämatome.
- Blutungsbedingte Ursachen:
- Stumpfe Traumata (z.B. Sturz, Fußball, Kontaktsportarten)
- Iatrogen (z.B. Nierenbiopsie, extrakorporale Stoßwellenlithotripsie, Operationen, Sympathikusblockade)
- Spontane Hämorrhagien (Antikoagulation, arteriovenöse Malformation, Tumor, Vaskulitis, Glomerulonephritis, Ruptur einer Zyste)
- Andere Ursachen:
Derzeit (2022) sind die meisten Page-Nieren iatrogen bedingt, beispielsweise durch Operationen oder Interventionen an bzw. in der Umgebung der Nieren. Früher waren hingegen junge, gesunde männliche Athleten mit Hypertonus bei einem vorbekanntem abdominellen Trauma (z.B. durch eine Sportverletzung) die typischen Patienten.
Pathophysiologie
Ein subkapsuläres oder perirenales Hämatom führt bei der Page-Niere zu einer Kompression des Nierenparenchyms. Die Folge ist eine verminderte intrarenale Perfusion und eine mikrovaskuläre Ischämie der Nierenrinde. Daraufhin kommt es zur Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems mit konsekutiv erhöhter Ausschüttung von Renin und der Entstehung einer Hypertonie. Bei chronischer Kompression kann sich um die Niere eine kollagenfaserige Pseudokapsel ausbilden.
Der Nachweis der RAAS-Abhängigkeit ergibt sich durch die erhöhte Reninaktivität im Plasma und im venösen Abfluss der Niere sowie durch das Ansprechen der Hypertonie auf Saralasin, einen AT1-Rezeptorantagonisten. Zudem führt eine Nephrektomie der betroffenen Niere zu einer Normalisierung des Blutdrucks.
Klinik
Das Leitsymptom der Page-Niere ist der arterielle Hypertonus, der schleichend beginnen oder sich akut in Form von hypertensiven Krisen manifestieren kann. Das Zeitintervall vom ursächlichen Ereignis bis hin zur klinischen Manifestation ist variabel und reicht von Tagen bis hin zu mehreren Jahren. Flankenschmerzen nach dem akut ursächlichen Ereignis sind ein weiteres hinweisgebendes Symptom.
Diagnostik
Labordiagnostik
Die Nierenfunktionsparameter (eGFR und Kreatinin) sind typischerweise normal, wenn die Kompression nur einseitig ist, da die gesunde Niere den Funktionsverlust kompensieren kann. Bei bilateraler Kompression bzw. nur einer funktionsfähigen Niere (z.B. Transplantatniere) kann die Nierenfunktion beeinträchtigt sein.
Bildgebung
Zur Diagnosestellung ist eine Sonografie und Computertomografie mit Kontrastmittel der Nieren geeignet. In der Bildgebung zeigt sich typischerweise eine subkapsuläre Gewebevermehrung, deren Echogenität bzw. Densität vom umgebendem Material abhängig ist. Im CT ist in manchen Fällen ein verspätetes renoparenchymatöses Enhancement erkennbar.
Bei der Dopplersonografie der Nierenarterien ist der Resistance-Index (RI) erhöht.
Differentialdiagnosen
Mögliche Differentialdiagnosen der Page-Niere sind beispielsweise:
Therapie
Die konservative Behandlung besteht in erster Linie aus einer antihypertensiven Therapie mit Medikamenten, die das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System blockieren. Eine operative Therapie kann beispielsweise notwendig sein, falls der Blutdruck nicht einstellbar ist, oder es sich um ein großes Hämatom handelt. Die renale Dekompression erfolgt durch eine Hämatom-Evakuierung (z.B. perkutane Drainage) und die Entfernung der fibrokollagenösen Pseudokapsel. In manchen Fällen ist eine Nephrektomie erforderlich.
Komplikationen
Mögliche Komplikationen der Paget-Niere sind beispielsweise:
- Persistierende Hypertonie
- Nierenversagen
- Hämaturie
- Verlust des Nierentransplantats
Prognose
In einigen Fällen verläuft die Erkrankung selbstlimitierend, in den meisten Fällen ist jedoch eine Therapie notwendig.
Quellen
- Tenisch et al. Titelbildbeitrag – Bilaterale subkapsuläre Urinome: Ungewöhnliche Ursache einer Page-Niere mit Nierenversagen Ultraschall Med, 2012
- Vaidya et al. Page Kidney StatPearls, 2022
- Radiopaedia - Page kidney, abgerufen am 10.08.2022
Weblink
- Images in Clinical Medicine - Page kidneys N Engl J Med, 2022
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