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Synonyme: Multiresistente gramnegative Stäbchen, MRGN, MR-GNE (seltener)
Englisch: multidrug-resistant gram-negative bacteria
Als multiresistente gramnegative Erreger, kurz MRGN, bezeichnet man gramnegative Stäbchenbakterien, bei denen eine weitgehende Resistenz gegenüber verschiedenen Antibiotika vorliegt.
Resistenzen gegenüber Antibiotika bei gramnegativen Stäbchenbakterien haben in den letzten Jahren im klinischen Alltag zunehmend an Bedeutung gewonnen. Zu den wichtigsten Erregern dieser Gruppe gehören die Familie der Enterobacteriaceae, z.B. Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Klebsiella oxytoca, Proteus spp., Enterobacter spp., sowie Pseudomonas aeruginosa und Acinetobacter baumannii (sog. Nonfermenter).
Zugrunde liegen verschiedene spezifische Resistenzmechanismen, unter anderem
Anders als bei MRSA oder VRE, die durch eine Resistenz gegen ein bestimmtes Antibiotikum definiert sind, werden in der Literatur unterschiedliche Definitionen und verschiedene Bezeichnungen für die Beschreibung der Resistenz bei gramnegativen Stäbchen verwendet. Von einer internationalen Arbeitsgruppe wurden im Jahr 2012 Definitionen multiresistenter, extensiv-resistenter und panresistenter Mikroorganismen vorgeschlagenen, die jedoch nach Aussage der Autoren hauptsächlich epidemiologischen Zwecken dienen[1].
Mit dem Ziel, eine Basis für die Empfehlung von Präventionsmaßnahmen zu schaffen, hat die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut (KRINKO) eine Definition für MRGN und sich daraus ableitende Hygienemaßnahmen veröffentlicht[2]. Diese Definition basiert nicht auf dem jeweiligen zugrunde liegenden Resistenzmechanismus, sondern auf der phänotypischen Resistenz gegen Leitsubstanzen aus den vier in der Klinik wichtigsten, bakterizid wirksamen Antibiotikagruppen, die bei schweren Infektionen mit gramnegativen Stäbchen eingesetzt werden (siehe Tabelle).
Nach der Definition der KRINKO gelten Erreger dann als multiresistent, wenn mindestens drei der Antibiotikagruppen nicht wirksam sind.
Antibiotikagruppe | Leitsubstanz |
---|---|
Acylaminopenicilline | Piperacillin |
Cephalosporine der 3. und 4 Generation | Cefotaxim und/oder Ceftazidim |
Carbapeneme | Imipenem und/oder Meropenem |
Chinolone | Ciprofloxacin |
Als weitere Abstufung wurden die Bezeichnungen 3MRGN und 4MRGN gewählt:
Besonderheiten: Aufgrund der therapeutischen und epidemiologischen Relevanz einer Carbapenem-Resistenz wird empfohlen, Enterobacteriaceae und Acinetobacter baumannii, die noch Ciprofloxacin-sensibel, jedoch Carbapenem-resistent sind oder bei denen eine Carbapenemase nachgewiesen wurde, ebenfalls als 4MRGN zu werten.
Die Übertragung von MRGN erfolgt durch direkten oder indirekten Kontakt, z.B. durch die Hände des Personals nach Kontakt mit Wundsekreten, Sputum, Urin, besiedelter Haut oder über kontaminierte Gegenstände.
Die Ausbreitung von MRGN wird auch durch die Umweltresistenz der Erreger bestimmt. Klebsiella pneumoniae und Pseudomonas aeruginosa können mehrere Tage, Acinetobacter baumannii Monate auf Oberflächen überleben[3][4]. Bei Infektionshäufungen muss auch an eine Quelle in der unbelebten Patientenumgebung gedacht werden.
Der Erregernachweis erfolgt in Wundabstrichen, Tracheal- bzw. Bronchialsekret, Urin oder Rektal- bzw. Perianalabstrich etc.. Im mikrobiologischen Labor werden die Proben auf das Vorhandensein von MRGN untersucht. Verwendete Methoden sind hier vor allem das Antibiogramm zur Identifizierung der Resistenzen und die PCR als Erregernachweis, die aber nicht für alle MRGN geeignet ist.
Bei 3MRGN ist eine Therapie mit der verbleibenden wirksamen Antibiotikagruppe möglich. Bei 4MRGN können teilweise noch Aminoglykoside und Reserveantibiotika wie Colistin oder Tigecyclin eingesetzt werden. Mögliche Kombinationstherapien sind Gegenstand aktueller Forschung.
Maßnahmen im Krankenhaus zur Prävention von Erregerübertragungen richten sich nach der Bakterienspezies und dem Grad der Multiresistenz in Abhängigkeit von der klinischen Bedeutung (Morbidität und Mortalität), sowie dem Ausbreitungspotential. Unterschieden wird außerdem, ob es sich um einen Risikobereich im Krankenhaus, wie der Intensivstation und Neonatologie, oder eine Normalstation handelt. Die Empfehlungen der KRINKO reichen von Standardhygienemaßnahmen bis zu strikter räumlicher Isolierung der betroffenen Patienten.
Der Nachweis bestimmter multiresistenter gramnegativer Erreger ist seit dem 01.05.2016 meldepflichtig. Vereinfacht dargestellt, unterliegen der Meldepflicht Enterobakterien und Acinetobacter spp., die resistent oder intermediär gegenüber Carbapenemen sind, Pseudomonaden dagegen nicht. Sowohl Erkrankung als auch Kolonisation sind meldepflichtig. Details können dem Originaltext der Verordnung entnommen werden.
Fachgebiete: Bakteriologie, Hygiene, Infektiologie
Diese Seite wurde zuletzt am 14. Juni 2019 um 16:28 Uhr bearbeitet.
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