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Gangstörung

(Weitergeleitet von Gangunsicherheit)

Synonyme: Ganganomalie, Gangbildveränderung, Gehstörung
Englisch: gait abnormality

1. Definition

Unter einer Gangstörung versteht man eine Bewegungsstörung, die das Gehen bzw. das Gangbild betrifft. Sie kann neurologische, orthopädische oder psychogene Ursachen haben.

Gangstörungen vermindern die Mobilität und erhöhen gerade bei älteren Patienten das Sturzrisiko. Sie können damit zu weiteren Verletzungen und Einschränkungen führen.

  • ICD10-Code: R26, Störungen des Ganges und der Mobilität

2. Einteilung

Um eine gewisse Klassifizierung zu erreichen, hat es sich bewährt, die Gangstörungen in orthopädische, neurologische und psychogene Gangstörungen zu unterteilen. Allerdings gibt es zahlreiche Überlappungen zwischen diesen Bereichen. Oftmals wird eine bereits bestehende Gangstörung auch durch eine neue Gangstörung überlagert. So zum Beispiel beim Patienten, der im Rahmen einer Hüftgelenksarthrose eine Gangstörung hat und nun einen Schlaganfall mit Halbseitensymptomatik erleidet, welcher das Gangbild zusätzlich verändert.

3. Neurologische Gangstörungen

4. Psychogene Gangstörungen

Die Ursachen psychogener Gangstörungen liegen vor allem in unverarbeiteten lebensgeschichtlichen Ereignissen oder psychosomatisch in aktuellen Konflikten. Ebenso kann ein sekundärer Krankheitsgewinn zu einer psychogenen Gangstörung führen.

5. Orthopädische Gangstörungen

Die orthopädischen Gangstörungen beruhen auf entzündlichen, traumatischen oder degenerativen Veränderungen von Gelenken, Bändern, Sehnen, Muskeln oder Knochen. Als ursächliche Erkrankungen bzw. Veränderungen kommen u.a. in Frage:

6. Klinik

Klinisch können sich Gangstörung in sehr unterschiedlicher Weise äußern, z.B. durch:

  • Humpeln
  • Hinken
  • Nachziehen eines Beines
  • inkomplette Fußhebung beim Gehen mit Schleifen der Zehe auf dem Boden
  • schlurfenden Gang
  • unsicheren Gang mit Fallneigung
  • Abkippen zu einer Seite während des Gehens
  • Fehlende Kniebeugung beim Gehen. Das Bein wird gestreckt im Halbkreis nach vorn gezogen

Gangstörungen führen häufig zu einer Beeinträchtigung der gesamten Körperhaltung im Sinne einer Schonhaltung. Bei einer Chronifizierung können durch eine Gangstörung bedingte Schonhaltungen auch zu morphologischen Veränderungen an anderen Skelettanteilen führen, z.B. zu einer Wirbelsäulenfehlstellung.

6.1. Spezielle Gangstörungen

Einige Gangstörungen tragen aufgrund ihres charakteristischen klinischen Bildes Eigennamen, z.B.:

7. Untersuchung

Die Untersuchung erfolgt in erster Linie durch Inspektion des Gangbildes. Dabei prüft man zunächst das spontane Gangbild des Patienten und achtet auf

  • Schrittweite
  • Schrittgeschwindigkeit
  • Bewegung beim Start und Anhalten
  • Bodenkontakt und Abrollen der Füße und Zehen
  • Bewegung in den großen Gelenken
  • Fußwinkel (Außenrotation, Innenrotation)

Eine zusätzliche Orientierung bietet die Auszählung der Schrittzahl, die für eine 180°-Wende benötigt werden.

Anschließend erfolgt eine Prüfung unter erschwerten Bedingungen, um z.B. Lähmungen aufzudecken, die beim normalen Gehen kompensiert werden. Dabei testet man:

8. Therapie

Die Therapie der Gangstörung richtet sich nach ihrer Ursache.

Bei Gangstörungen aus dem psychogenen Formenkreis kommen vor allem die Psychotherapie und die Ergotherapie zum Einsatz. Hier ist es wichtig, im Rahmen einer Gesprächstherapie herauszufinden, welches seelische Problem sich hinter der Gangstörung verbirgt und dieses dann mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen anzugehen.

Orthopädische Gangstörungen können je nach Ursache konservativ oder operativ behandelt werden. Die konservative Therapie besteht in der Regel aus Physiotherapie und adäquater Schmerzmittelgabe. Operativ können kranke Gelenke durch künstliche Gelenke (Gelenkersatz) ausgetauscht werden, Tumoren und Entzündungen können ausgeräumt werden, defekte Sehnen, Bänder, Bandscheiben und Menisken werden saniert und Knochenbrüche versorgt.

Neurologische Gangstörungen, denen eine Durchblutungsstörung zugrunde liegt, werden mit durchblutungsfördernden Medikamenten behandelt. Zudem kann eine invasive Maßnahme im Rahmen einer Angiographie oder Gefäßoperation notwendig werden, um die Gefäße wieder durchgängig zu machen. Hirntumore werden konservativ mittels Chemotherapie und Bestrahlung oder operativ behandelt. Dasselbe gilt für Hirnblutungen, auch hier wird man je nach Blutungsausmaß konservativ oder invasiv therapieren. Bei einem Vitaminmangel müssen die fehlenden Vitamine zugeführt werden. Hinzu kommen auch hier Schmerztherapie, Physiotherapie und Ergotherapie, welche vor allem bei Gangstörungen im Rahmen eines Schlaganfalls ihre Berechtigung haben und frühzeitig begonnen werden müssen.

9. Prognose

Bei einer Gangstörung ist es schwierig, eine Prognose zu stellen. Zum einen hängt es davon ab, welche Ursache der Gangstörung zugrunde liegt, zum anderen davon, wie lang eine Gangstörung bereits besteht. Die sicherlich besten Prognosen haben die Gangstörungen orthopädischer Genese. Hier kann durch operative Sanierung oft eine komplette Revision der Gangstörung und ein Wiederherstellen des normalen Gangbildes erzielt werden.

Die psychogenen Gangstörungen sind in der Regel auch reversibel, wenn die Ursache im Rahmen der Psychotherapie ausfindig gemacht werden konnte.

Am schwierigsten zu prognostizieren sind die neurologischen Gangstörungen. Außer denen, die aufgrund von Vitaminmangelzuständen entstehen, sind die meisten nur unvollständig reversibel.

10. Literatur

  • Jahn, K., Zwergal, A., Schniepp, R.: Gangstörungen im Alter, Dtsch. Ärztebl. 2010; 107; 17: 306-316, abgerufen am 22.07.2019
Stichworte: Bewegungsstörung
Fachgebiete: Neurologie, Orthopädie

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