Wernicke-Enzephalopathie
nach dem Neurologen Carl Wernicke (1848-1905)
Synonym: Pseudoencephalitis haemorrhagica superior
Englisch: Wernicke's encephalopathy
Definition
Die Wernicke-Enzephalopathie ist eine Erkrankung des Zentralnervensystems (ZNS), die in der Regel mit chronischem Alkoholabusus in Verbindung gebracht werden kann und letztendlich durch einen Thiaminmangel bedingt ist.
Ätiologie
Die Ursache für die Wernicke-Enzephalopathie liegt in einer Hypovitaminose, die i.d.R. durch chronischen Alkoholabusus bedingt ist. Infolge dieser Hypovitaminose kommt es bei der Wernicke-Enzephalopathie insbesondere zu einer Ausprägung der Folgen der Vitamin-B1-Hypovitaminose, dem Thiaminmangel. Weitere Gründe können Essstörungen mit häufigem Erbrechen, Hyperemesis gravidarum, schwere Mangelernährung und bariatrische Operationen sein.
Da Thiamin ein essentieller Kofaktor für Vorgänge im Intermediärstoffwechsel ist (Ketoglutaratdehydrogenase, Transketolase, Pyruvatdehydrogenase), werden diese schwer beeinträchtigt. Dies führt über eine Schädigung des Energiestoffwechsels zum Zelluntergang.
Morphologie
Die Wernicke-Enzephalopathie befällt vor allem Bereiche des Gehirns, die einen starken Bedarf an Thiamin haben. Dazu gehören primär die Corpora mamillaria. Daneben können auch andere Bereiche wie die Umgebung des 3. Ventrikels, die Thalamuskerne, die Corpora geniculata und die Umgebung des Aquädukts betroffen sein.
Makroskopisch findet sich bei einem akuten Verlauf der Wernicke-Enzephalopathie eine rötlich-bräunliche Verfärbung der oben genannten Hirnregionen. Hinzu kommen multiple petechiale Einblutungen der Gebiete. Bei einer Chronifizierung der Wernicke-Enzephalopathie atrophieren die Corpora mamillaria.
Histologisch zeigt sich ein eher unauffälliges Bild, bei dem ein Ganglienzellverlust festgestellt werden kann. Bei akutem Verlauf der Krankheit können mikroskopisch die oben erwähnten multiplen petechialen Einblutungen zu sehen sein, liegt eine chronische Verlaufsform vor, so findet sich eine ausgeprägte spongiöse Auflockerung des Nervengewebes, in dem sich Gefäß- und Gliaproliferationen mit Siderophagen nachweisen lassen.
Klinik
Das klassische Trias der Wernicke-Enzephalopathie besteht aus Bewusstseinsstörungen und Desorientiertheit, Augenmuskelstörungen und Gangataxie.
Die Patienten leiden unter einem hirnorganischen Psychosyndrom mit kognitiven und Amnestischen Störungen, sowie einem intellektuellen Abbau mit Gedächtnisschwund. Ophthalmologisch bestehen Blick- und Augenmuskelparesen und ein Fixationsnystagmus (oft vertikal/upbeat). Daneben können auch folgende Symptome auftreten:
- Polyneuropathie
- Reflexstörungen
- Dysdiadochokinese
- Dysphagie
- Dysarthrie
- Vegetative Störungen (Hypotonie, Hypothermie, Hyperhidrose)
Diese Symptome sind nicht in allen Fällen gleich ausgeprägt und können auch alleine oder in Einzelkombinationen miteinander auftreten.
Tritt im Krankheitsverlauf noch zusätzlich ein Korsakow-Syndrom auf, spricht man auch von einem Wernicke-Korsakow-Syndrom.
Diagnostik
Hinweisend ist die Alkoholanamnese. Neuroradiologisch eignen sich zur Feststellung der Wernicke-Enzephalopathie die Computertomographie und die Magnetresonanztomographie.
Der Thiaminmangel kann durch eine Bestimmung des Thiaminspiegels im Blut nachgewiesen werden.
Therapie
Die Basis der Therapie ist absolute Alkoholabstinenz. Der Thiaminmangel wird durch parenterale Gabe von Thiamin in hohen Dosen behoben. Ergänzend kann Magnesium gegeben werden. Unbehandelt verläuft die Erkrankung häufig tödlich.
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