Elektrotherapie
Synonyme: Elektromedizin
Englisch: electrotherapy
Definition
Als Elektrotherapie wird die medizinische und physiotherapeutische Anwendung von elektrischem Strom bezeichnet. Es gibt mehrere, unterschiedliche Verfahren, denen gemeinsam ist, dass Gleich- oder Wechselstrom durch den Körper fließt.
Hintergrund
Elektrische Spannung wird über Elektroden im Wasserbad oder über leitende Elektroden über die Hautoberfläche zugeführt. Bei einigen Verfahren befinden sich die Elektroden auch direkt im Gewebe (funktionelle Elektrostimulation). Wenn ein peripherer Nerv ausfällt, so kommt es zu einer Atrophie der vom Nerven innervierten Muskulatur. Um diesen Abbau zu verhindern, kann elektrischer Reizstrom die Funktion des Nerven simulieren. Außerdem können durch Wechselspannungen nach dem Induktionsgesetz auch Magnetfelder im Körperinneren erzeugt werden. Dieses Prinzip wird bei der transkraniellen Magnetstimulation sowie bei der pulsierenden Signaltherapie genutzt.
Einteilung
Aufgrund unterschiedlicher physikalischer und biologischer Wirkungen unterteilt man die Elektrotherapie in die Bereiche Nieder-, Mittel- und Hochfrequenzbehandlungen.
Niederfrequenztherapie
Als Niederfrequenztherapie bezeichnet man die Elektrotherapie im Frequenzbereich von 0 bis 1.000 Hz. Dabei unterscheidet man zwischen:
- Gleichstromtherapie: Dissoziation von Salzen in den Körperflüssigkeiten führt zu einer Hyperpolarisation an der Anode und zu einer Depolarisation an der Kathode. Weiterhin kommt es zu einer Freisetzung von vasoaktiven Substanzen mit Hyperämie.
- Iontophorese: Einbringen von Arzneistoffen durch die intakte Haut mittels Gleichstrom
- Impulsstromtherapie: Stromimpulse mit Frequenzen zwischen 2 und 150 Hz zur Stimulation von Nerven und Muskeln. In der Regel wird Wechselstrom verwendet. Die häufigste Form der Impulsstromtherapie ist die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)
Die Niederfrequenztherapie wird primär bei Schmerzen des Bewegungsapparates und bei Durchblutungsstörungen angewendet. Kontraindikationen der Niederfrequenztherapie sind u.a.
- Thrombose, Thrombophlebitis
- Hautirritationen oder Entzündungen im Behandlungsareal
- metallische Implantate im Behandlungsfeld (Herzklappenersatz, Endoprothesen, Osteosynthesematerial) bei Verwendung von Gleichstrom
- Herzschrittmacher
- Herzrhythmusstörungen
Mittelfrequenztherapie
Die Mittelfrequenztherapie verwendet Wechselstromfrequenzen zwischen 1 kHz und 100 kHz. Dabei ist nicht mehr der Einzelreiz, sondern die Summe aus vielen Stromperioden wirksam. Die Summierbarkeit unterschwelliger Erregungen (Gildemeister-Effekt) führt zur Depolarisierung von Nervenmembranen und zur Erregungsweiterleitung. Ziele sind die Auslösung von Parästhesien im Versorgungsgebiet eines Nerven. Weiterhin erfolgt die analgetische Wirkung indirekt durch eine Veränderung des Muskeltonus. Die Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung ist insbesondere bei Rückenschmerzen beschrieben.
Mittelfrequente Ströme werden eingesetzt, wenn niederfrequente Ströme zu schmerzhaft erlebt werden und zur Behandlung von schmerzreflektorischen Muskelverspannungen. Die Kontraindikationen entsprechen denen der Niederfrequenztherapie. Sie kann jedoch bei Metallimplantaten angewendet werden, wobei die Gefahr einer Prothesenlockerung denkbar ist.
Hochfrequenztherapie
Bei der Hochfrequenztherapie werden elektromagnetische Wellen genutzt, die im Gewebe zu einer Erwärmung führen. Der hochfrequente Wechselstrom von > 100 kHz hat für die Zellmembranen keine Reizwirkung mehr.
Man unterscheidet zwischen:[1]
- Kurzwellentherapie (27,12 MHz, Wellenlänge 11,06 m)
- Dezimeterwellentherapie (433,92 MHz, Wellenlänge 0,69 m)
- Mikrowellentherapie (2400 MHz, Wellenlänge 0,124 m)
Die Hochfrequenztherapie kann z.B. bei rheumatischen Kniebeschwerden eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik bewirken. Eine Reduktion von chronischen Nackenschmerzen ist umstritten.
Kontraindikationen der Hochfrequenztherapie sind:
- allgemeine Kontraindikationen der Wärmeanwendung
- Metalle im Behandlungsgebiet (z.B. Implantate, Schmuck, Intrauterinpessar)
- Herzschrittmacher, Hörgeräte oder Neurostimulationsgeräte
- Malignome im Behandlungsfeld
- Gravidität bei Behandlung auf Lendenwirbelsäule bzw. Bauchraum
- Anwendung auf Epiphysenfugen bei Jugendlichen, Keimdrüsen und Augen
Weitere Formen
Indikationen
- Schmerzsyndrome am Bewegungsapparat
- Chronische Polyarthritis
- Arthrosen
- Morbus Bechterew
- Myogelosen
- Muskelzerrungen
- Lähmungen
- Myasthenie
- Inkontinenz (bei Schwächung der Beckenboden- oder Blasenmuskulatur)
- Funktionelle Durchblutungsstörungen
- Arterielle Verschlusskrankheit im Stadium 1 und 2
Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen unterscheiden sich je nach angewendetem Verfahren. Beispielsweise können folgende unerwünschte Wirkungen auftreten:
- Hautschäden (Verbrennungen)
- Durchblutungsstörungen
- Sensibilitätsstörungen
- teratogene Effekte
- Herzrhythmusstörungen
Kontraindikationen
Die Kontraindikationen variieren je nach Verfahren (s.o.). Beispielsweise können folgende Kontraindikationen bestehen:
- Herzschrittmacher, bekannte Herzrhythmusstörungen
- Malignome
- akute Infekte, Fieber
- Hämophilie
- Metallimplantate
- Thrombosen
- Arteriosklerose
- Angst vor Strom
- Hautirritationen
- Sensibilitätsstörungen
Quellen
- ↑ Pschyrembel Online | Hochfrequenztherapie, abgerufen am 23.08.2021