Mittelfrequenztherapie
Definition
Unter der Mittelfrequenztherapie versteht man eine Form der Elektrotherapie, die mit Wechselstrom mittlerer Frequenz (1–100 kHz) erfolgt.
Hintergrund
Indikationen
Indikationen für die Mittelfrequenztherapie sind ein fehlendes Muskelgefühl, eine mangelnde Muskelaktivierung sowie Muskeltonisierung oder Muskeldetonisierung (z.B. bei muskulärer Dysbalance). Weiterhin wird sie zum Teil bei Periarthropathien, bei partieller oder kompletter Denervierung, bei Neuropathien oder Neuralgien sowie bei Myalgien und Wundheilungsstörungen angewendet.
Eine Sonderstellung nimmt die nicht-invasive transkutane Rückenmarkstimulation (tSCS) ein, die zunehmend in der motorischen Rehabilitation nach Querschnittlähmung und Schlaganfall eingesetzt wird.[3][4]
Kontraindikationen
Die Mittelfrequenztherapie darf bei Patienten mit Herzschrittmacher nicht angewendet werden. Zur Anwendung bei entzündlichen Erkrankungen der Venen oder Arterien gibt es in der Literatur gegenläufige Meinungen. Während einige Autoren sie als Indikation ansehen,[2] wird sie von anderen Autoren bisweilen sogar als Kontraindikation angegeben. Im Bereich von Hautverletzungen sollte man die Elektroden nicht anbringen.
Die Anwendung ist außerdem kontraindiziert bei:
- Akuten Entzündungen im Behandlungsbereich
- Thrombosen oder Thrombophlebitis
- Schwangerschaft
In Bezug auf Metallimplantate im Anwendungsgebiet gibt es keinen einheitlichen wissenschaftlichen Konsens.
Wirkung
Die Mittelfrequenztherapie kann bei entsprechender Modulation sowohl zur Muskelstimulation (Schwellstrom bei 20–80 Hz), Detonisation (80–100 Hz) oder zur Analgesie (100–200 Hz) eingesetzt werden. Weiterhin entsteht durch die Aktivierung der Skelettmuskulatur, eventuell auch durch eine Wirkung auf die glatte Muskulatur derGefäßwände, eine Hyperämie.
Studien jüngerer Zeit zeigten bei der tSCS eine nachhaltige Aktivierung motorischer Bahnen im Rückenmark und in der Peripherie, bei gleichzeitiger Verringerung der Aktivität im motorischen Kortex.[5] Die genauen biochemischen und zellulären Mechanismen, die zu dieser Wirkung führen, sind derzeit (2025) noch weitgehend ungeklärt.
Formen
Zum einen können sinus- oder rechteckförmige Ströme mit verschiedenen Frequenzen eingesetzt werden, die ähnlich wie die Reizströme der Niederfrequenztherapie wirken, zum anderen kommt gelegentlich auch der unmodulierte mittelfrequente Strom zum Einsatz.
Möglich ist ebenfalls die Anwendung zweier Interferenzströme mit ähnlichen Frequenzen, die durch Überlagerung im Zielgewebe zu ihrer Wirkung führen (Interferenztherapie).[2]
Bei der tSCS kommt oft eine Trägerfrequenz von 10 kHz und eine Modulationsfrequenz von 30 Hz zum Einsatz. Hierbei werden sehr kurze Impulspakete im Bereich 0,5 bis 1 ms genutzt.[3][4]
Literatur
- Neonorth, Die Elektrotherapie einfach erklärt, abgerufen am 11.07.2024
- Van Kerkhof, Evidenzbasierte Elektrotherapie, Theorie und Praxis, Springer, 2022
Quelle
- ↑ GBO - Elektrotherapie, abgerufen am 11.07.2024
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Van Kerkhof, Evidenzbasierte Elektrotherapie, Theorie und Praxis, Springer, 2022
- ↑ 3,0 3,1 Seáñez et al., Spinal Cord Stimulation to Enable Leg Motor Control and Walking in People with Spinal Cord Injury, in: Neurorehabilitation Technology, Springer, 2022
- ↑ 4,0 4,1 Moon et al., Noninvasive spinal stimulation improves walking in chronic stroke survivors: a proof-of-concept case series, BioMed Eng OnLine, 2024.
- ↑ Benavides et al., Cortical and Subcortical Effects of Transcutaneous Spinal Cord Stimulation in Humans with Tetraplegia, J Neurosci, 2020