Hämophilie
von altgriechisch: αἷμα ("haima") - Blut, φίλος ("philia") - Neigung
Synonym: Bluterkrankheit
Englisch: haemophilia
Definition
Hämophilie ist eine Erbkrankheit, die zu einer Störung der Blutgerinnung führt und hauptsächlich bei Männern auftritt. Das Blut betroffener Patienten gerinnt nicht oder verzögert. So kann es auch zu spontanen Blutungen kommen, die ohne sichtbare Wunden auftreten.
Einteilung
Es gibt verschiedene Formen der Hämophilie:
- Hämophilie A und B (X-Chromosomal-rezessiv erblicher Gerinnungsdefekt): Da Männer lediglich ein X-Chromosom besitzen (Hemizygotie), sind sie wesentlich häufiger als Frauen betroffen. Bei der Hämophilie A kommt es zu einem Mangel an Faktor VIII (antihämophiles Globulin), bei der Hämophilie B zu einem Mangel an Faktor IX (Christmas-Faktor). Beide Faktoren sind Bestandteile der sog. "Gerinnungskaskade", wodurch der Mangel die Blutgerinnung stark verlangsamen kann. Laut des letzten globalen Reports von 2014 der "World Federation of Hemophilia" tritt Hämophilie B wesentlich seltener auf als Hämophilie A.[1]
- Die sehr selten auftretenden autosomal-rezessiv erblichen Gerinnungsdefekte (beispielsweise Mangel an Stuart-Prower-Faktor, Faktor X der Gerinnungskaskade) ist bei beiden Geschlechtern gleich stark ausgeprägt.
- Die Parahämophilie (Synonyme: Owren-Syndrom, Hypoproakzelerinämie) ist ein autosomal-rezessiv erblicher Mangel des Gerinnungsfaktors V (Proakzelerin).
- Die Angiohämophilie (Willebrand-Jürgens-Syndrom) ist die häufigste autosomal-dominant vererbte hämorrhagische Diathese, sie kommt durch das Fehlen oder einen Strukturdefekt des von-Willebrand-Faktors zustande, der unterschiedlich ausgeprägt sein kann.
- Bei der Hämophilie C (Rosenthal-Syndrom) fehlt Faktor XI (PTA) der Gerinnungskaskade, so dass v.a. bei Kindern leicht Blutungen in Gelenken oder bei minimalen Verletzungen auftreten. Die üblichen Gerinnungstests (Prothrombinzeit nach Quick u.a.) fallen hierbei oft irritierenderweise normal aus.
Symptome
Die Symptome sind abhängig vom Schwergrad der Erkrankung. Schwerere Fälle leiden nach Verletzungen unter verlängerten und stärkeren Blutungen. Darüber hinaus können bei diesen Patienten auch Spontanblutungen auftreten, typisch sind z.B. Hämatome, Gelenkeinblutungen und andere innere Blutungen. Die leichteren Formen treten klinisch nur bei größeren Traumen oder Operationen in Erscheinung.
Therapie
Es existieren verschiedene Formen der Therapie einer Hämophilie. Die Wahl der Therapie ist unter anderem abhängig von der jeweiligen Form der Hämophilie. Sie umfasst in erster Linie die Prophylaxe und adäquate Behandlung von Blutungen, beispielsweise durch die Substitution des jeweils fehlenden bzw. defekten Gerinnungsfaktors.
Darüber hinaus gewinnen seit 2022 Gentherapien an Bedeutung, die intakte Gene für die Produktion von defizienten Gerinnungsfaktoren in Körperzellen einschleusen. Die ersten Vertreter dieser neuen Therapieform sind:
- Valoctocogen-Roxaparvovec (Roctavian®) bei Hämophilie A
- Etranacogene-Dezaparvovec (Hemgenix®) bei Hämophilie B
Eine wichtige Komplikation bei der Substitutionstherapie einer Hämophilie A besteht in der Bildung von neutralisierenden (inhibitorischen) Antikörpern gegen den Faktor VIII. Zu einer Hemmkörperhämophilie kann es auch bei der Faktor IX-Substitution (Behandlung der Hämophilie B) kommen.
Literatur
- MDS Manuals - Hämophilie, abgerufen am 28.11.2022
- Deutsche Hämophiliegesellschaft - Hämophilie, abgerufen am 28.11.2022
- Berntop et al. Haemophilia, Nat Rev Dis Primers, 2021
Referenzen
<references>
- ↑ World Federation of Haemophilia. Report on annual global survey 2014, abgerufen am 19.06.2019
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