Clostridiose (Pferd)
Synonym: Clostridium-Infektion
Englisch: clostridiosis, equine intestinal clostridiosis
Definition
Die Clostridiose ist eine durch Bakterien der Gattung Clostridium verursachte Infektionskrankheit beim Pferd.
Erreger
Clostridien sind obligat anaerobe Sporenbildner, die aufgrund der ovalen bis kugelförmigen Sporen als spindelförmig aufgetriebene Bakterien erscheinen. Die stäbchenförmigen Erreger sind 0,3 bis 2,0 x 1,5 bis 20 µm groß und oft in Paaren oder kurzen Ketten gelagert. Sie färben sich meist grampositiv, wobei ältere Kulturen auch gramlabil oder gramnegativ sein können. Die Bakterien besitzen ausgeprägte proteolytische und/oder saccharolytische Eigenschaften und bilden keine Katalase. Die Virulenz der Clostridien beruht hauptsächlich auf der Bildung von Exotoxinen.
Beim Pferd kommen vor allem Clostridium perfringens und Clostridioides difficile als Infektionserreger in Frage. In seltenen Fällen können auch andere Clostridien-Arten wie z.B. Clostridium septicum, Clostridium cadaveris und Clostridium sordellii nachgewiesen werden.
Clostridium perfringens
Clostridium perfringens ist ein kurzes und plumpes, meist einzeln gelagertes Stäbchenbakterium, das im Unterschied zu anderen Clostridien-Arten unbeweglich ist. In Kulturen zeigt der Erreger nur eine sehr zögernde Sporenbildung, sodass diese nicht zu einer deutlichen Auftreibung der Zelle führen.
Clostridium perfringens bildet etwa 20 Partialtoxine, wobei vier letal wirkende und nekrotisierende Majortoxine unterschieden werden (α, β, ε und ι), die wiederum die Toxovare A bis E definieren. Das α-Toxin ist eine Lecithinase und wirkt hämolysierend. Die Stämme der Toxovare A und C bilden während der Sporulation ein Enterotoxin, das ebenfalls einen Virulenzfaktor darstellt.[1]
Vorkommen
Clostridien sind Auslöser von akuten Enterokolitiden bei adulten Pferden und Fohlen. Sie treten häufig infolge von länger andauernden Antibiotikatherapien oder in Form von Nosokomialinfektionen auf.
Pathogenese
Die genauen Pathomechanismen hängen von der jeweiligen Clostridium-Art und den produzierten Toxinen ab.
Clostridium perfringens
- Clostridium perfringens Typ A produziert ein α-Toxin, das mit der Glukoseaufnahme und Energieproduktion der Zelle interferiert und den Arachidonsäure-Metabolismus in Enterozyten aktiviert.
- Das von Clostridium perfringens Typ B und C produzierte β-Toxin ist ein Zytotoxin, das hauptsächlich zu nekrotischen Veränderungen der Enterozyten, Ulzerationen sowie zu schweren intestinalen Entzündungen und Blutungen führt.
- Clostridium perfringens Typ A und C produzieren Enterotoxine (ebenfalls Zytotoxine), die in Zellen eindringen und zur Ausbildung von Poren führen. Aufgrund dessen kommt es zum Einstrom von Wasser und Makromolekülen in die Zellen. Dies führt zu Zellnekrosen mit Desquamationen der Dünndarmschleimhaut, Entzündungen, Ödemen, Blutungen und einer generalisierten systemischen Entzündungsreaktion. Zusätzlich verursachen die Enterotoxine ein Lockerung der tight junctions, was wiederum die Permeabilität der Dünndarmschleimhaut für toxische Stoffe erhöht.
Clostridioides difficile
Clostridioides difficile produziert verschiedene Toxine, wobei vor allem die Toxine A und B zu klinischen Erkrankungen führen. Letzteres ist ein potentes Zytotoxin, das in vitro massive Veränderungen verursacht. Die genaue Rolle in der Ausbildung einer Enterokolitis konnte jedoch bislang (2020) nicht geklärt werden.
Im Gegensatz dazu führt das von Clostridioides difficile produzierte Toxin A (Enterotoxin) zu einer starken Entzündung im Dünndarm. Das Toxin triggert den Einstrom von neutrophilen Granulozyten in das Dünndarmgewebe und die Degranulation von Mastzellen. Es kommt zur Sekretion von Prostaglandinen, Histaminen, Zytokinen und Serotonin und somit zu einer gesteigerten Vasodilatation. Die Folgen sind schwere Durchfälle.[2]
Klinik
Das klinische Bild der Clostridiose ist ähnlich dem einer akuten Enterokolitis anderer Genese. Der Krankheitsverlauf kann sowohl akut als auch perakut mit plötzlichen Todesfällen verlaufen. In seltenen Fällen erkranken die Tiere auch nur mild und zeigen dann einen prolongierten Verlauf. Im Prodromalstadium sind vor allem Fieber, Anorexie und Apathie vorhanden. Diese Symptome können jedoch auch ausbleiben.
Akute Krankheitsverläufe gehen meist mit klinischen Anzeichen einer Endotoxämie und Schocksymptomen einher. Die Tiere leiden an starken Koliksymptomen und massiven, dehydrierenden, dunklen und faulig riechenden Durchfällen.[2]
Diagnose
Anamnese, klinische Untersuchung und typische Symptome sind hinweisend für eine Infektion mit Clostridium-Arten.
Die Diagnosestellung erfolgt über die Isolierung von Clostridium perfringens im Kot verdächtiger Pferde (> 100 CFU/g) mit anschließendem molekularbiologischem Nachweis (PCR) der Toxingene. Ein alleiniger Nachweis von Clostridien im Kot ist aufgrund des ubiquitären Vorkommens nicht ausreichend, um die Diagnose zu stellen. Erst durch den Nachweis von Toxinen bei passenden Symptomen kann die Diagnose gesichert werden.[3]
Labordiagnostik
Aufgrund der akuten Enterokolitis und den damit verbundenen Flüssigkeits-, Protein- und Elektrolytverlusten sowie der systemischen Entzündung kommt es zu weitreichenden Abweichungen der Blutparametern. Vorrangig sind Neutropenie, Leukopenie sowie eine Hämokonzentration vorzufinden. Zusätzlich lässt sich häufig eine Hypoproteinämie, Hyponatriämie, Hypokaliämie, Hypochlorämie, Hypokalzämie und Azotämie nachweisen. Oftmals sind auch die Leberenzyme (z.B. Sorbitoldehydrogenase) erhöht und die Leberfunktion reduziert.[2]
Therapie
Die antibiotische Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung und den Ergebnissen des Antibiogramms, kann aber meist mit Metronidazol (15 bis 25 mg/kgKG TID oder 25 mg/kgKG BID oral erfolgen.[4][3]
Quellen
- ↑ Anton Mayr et al. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeitete Auflage. Enke-Verlag, 2007.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Stephen M. Reed, Warwick M. Bayly, Debra C. Sellon. Equine internal medicine. 4th edition. Elsevier, 2018.
- ↑ 3,0 3,1 American Association of Equine Practitioners. Clostridial diarrhea in adult horses. AAEP Infectious Disease Guidelines: Clostridial Diarrhea in Adult Horses, abgerufen am 16.03.2020
- ↑ CliniPharm CliniTox. Metronidazol CliniPharm Wirkstoffdaten, abgerufen am 16.03.2020