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Tollwut (Katze)

Synonyme: Lyssa, Rabies
Englisch: rabies

1. Definition

Tollwut ist eine kontagiöse und meist tödlich verlaufende Infektionskrankheit der Katze, die auch bei vielen anderen Säugetieren sowie beim Menschen vorkommt.

2. Epidemiologie

Die Tollwut ist eine der am längsten bekannten Anthropozoonosen. Das Virus ist auf den meisten Kontinenten der Erde verbreitet. Die Empfänglichkeit gegenüber dem Erreger ist jedoch tierartlich stark unterschiedlich, sodass Füchse deutlich leichter erkranken als z.B. Pferde oder Rinder.

Seitdem in der Schweiz, Deutschland und Österreich Füchse erfolgreich gegen Tollwut geimpft werden, sind diese Länder frei von der Erkrankung.

3. Ätiologie

Tollwut wird durch ein behülltes und einzelsträngiges RNA-Virus, das Rabiesvirus (Gattung Lyssavirus), ausgelöst.

Das hochgradig neurotrophe Virus ist außerhalb des Organismus relativ instabil. Durch thermische, physikalische sowie chemische Einwirkungen (z.B. Wärme, UV-Strahlung oder Desinfektionsmittel) kann es rasch inaktiviert werden. Im Gegensatz dazu ist das Virus in der Lage, in Kadavern und bei kalter Umgebung über Monate hinweg infektiös zu bleiben.

4. Pathogenese

Katzen infizieren sich hauptsächlich durch Bisse bzw. perforierende Hautverletzungen von infizierten Wildtieren. Infektionen sind aber auch über die Schleimhäute der Maulhöhle (z.B. Fressen von infiziertem Gewebe) möglich.

Nach einer Bissverletzung erfolgt zunächst eine Virusreplikation in den Muskelzellen. Von dort aus wandern die Viren nach Übertritt in die Nervenendigungen axonal zum Rückenmark und dann zum Gehirn. Die Inkubationszeit hängt vom Alter der Katze, von der Inokulationsstelle, der Inokulationsdosis, vom Virusstamm und von der Dichte der Nervenendigungen an der Inokulationsstelle ab. In Einzelfällen kann sie bis zu einem Jahr oder länger andauern.

Nachdem die Erreger das Gehirn erreicht haben, kommt es zu einer zentrifugalen Ausbreitung mit Beteiligung der Retina und Speicheldrüsen. Durch den Befall des limbischen Systems kommt es letztendlich zu den typischen Verhaltensstörungen. Die Virusausscheidung beginnt meist einen Tag vor bis drei Tage nach dem Auftreten der ersten Symptome und dauert bis zum Tod an. Dieser tritt in der Regel fünf Tage nach Symptombeginn ein.

5. Klinik

Die Tollwut kann in zwei Verlaufsformen klinisch in Erscheinung treten. Man unterscheidet eine aggressive und eine stumme bzw. stille Form. Bei der aggressiven Verlaufsform müssen drei Stadien voneinander abgegrenzt werden:

5.1. Prodromalstadium

Das Prodromalstadium dauert nur ein bis zwei Tage und ist durch Verhaltensänderungen gekennzeichnet. Einst scheue Tiere zeigen vermehrt Zuneigung, während sich vertraute Tiere zurückziehen und scheu werden. Es kommt vermehrt zu Vokalisationen, die Pupillen sind vergrößert und die Körpertemperatur steigt an.

5.2. Exzitationsstadium

Das Exzitationsstadium hält zwei bis vier Tage an und ist durch Myoklonien, Koordinationsstörungen der Hinterhand, vermehrten Speichelfluss, aggressives Verhalten (Fauchen, aufgekrümmter Rücken), Irritabilität und Dysphagie gekennzeichnet.

5.3. Paralyse- oder Depressionsstadium

Der letzte, als Paralyse- oder Depressionsstadium verlaufende Krankheitsabschnitt dauert zwischen einem und vier Tagen. Die Tiere verlieren zunehmend ihre Aggression, werden ruhiger und verenden schließlich nach einer bis zu einem Tag andauernden Agonie.

Die stumme bzw. stille Verlaufsform geht nur mit einem Prodromal- und einem Paralysestadium einher. Die beim Hund beschriebene Kieferlähmung kann bei der Katze nicht beobachtet werden.

6. Diagnose

Die Diagnose kann am lebenden Tier nicht zuverlässig gestellt werden. Ein Nachweis des Virus durch PCR ist zwar möglich, eine negative PCR schließt eine jedoch Infektion nicht mit Sicherheit aus.

Bei begründeten Verdachtsdiagnosen ist die Katze zu euthanasieren und histopathologisch zu untersuchen. Die feststellbaren Veränderungen sind allerdings minimal. Makroskopisch können meist nur während des Exzitationsstadiums aufgetretenen Verletzungen (durch Automutilation) erkannt werden. Im mikroskopischen Schnittbild lassen sich im Hirnstamm und im Rückenmark perivaskuläre Leukozyteninfiltrate nachweisen. Zusätzlich zeigen sich im Zytoplasma von Neuronen des Hippokampus und des Kleinhirns sogenannte Negri-Einschlusskörperchen. Mithilfe einer Immunfluoreszenztechnik kann im Kleinhirn und auch im Hippokampus Tollwutvirusantigen gefunden werden.

7. Therapie

Aufgrund der hohen Zoonosegefahr sind keine Therapieversuche zulässig.

8. Prophylaxe

Heutzutage (2021) sind hochwirksame inaktivierte Impfstoffe erhältlich. Die Erstimpfung ist mit 12 Wochen durchzuführen. Impfungen, die vor der 12. Lebenswoche erfolgen, müssen nach 6 Monaten wiederholt werden, da noch maternale Antikörper vorhanden sind. Wiederholungsimpfungen sind - abhängig vom Hersteller - üblicherweise alle drei Jahre durchzuführen.

9. Humanpathologie

Da das Tollwutvirus bereits durch den Kontakt mit infiziertem Speichel auf den Menschen übertragen werden kann, sind in Endemiegebieten besondere Sicherheitsvorkehrungen im Umgang mit wilden Tieren einzuhalten. Nach einer Bissattacke muss unbedingt eine rasche Postexpositionsprophylaxe erfolgen. Diese beinhaltet die lokale Wundversorgung und - je nach Immunstatus des Patienten - eine aktive oder passive Immunisierung.

siehe auch: Postexpositionsprophylaxe bei Tollwut

10. Literatur

  • Schmidt V, Horzinek MC (Begr.), Lutz H, Kohn B, Forterre F (Hrsg.). 2015. Krankheiten der Katze. 5., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co KG. ISBN: 978-3-8304-1242-7
  • Mayr A, Rolle M. Mayr A (Hrsg.). 2007. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeite Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1060-7

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