Raucher-assoziierte interstitielle Lungenerkrankung
Synonyme: Rauchen-assoziierte interstitielle Lungenerkrankung, Raucher-assoziierte interstitielle Pneumonie
Englisch: smoking-related interstitial lung disease
Definition
Raucher-assoziierte interstitielle Lungenerkrankungen, kurz SR-ILD, sind Lungenerkrankungen, die primär das Lungeninterstitium betreffen und bei denen eine pathogenetische Verbindung zum Rauchen besteht.
Formen
Zu den SR-ILD im engeren Sinne zählen:
- Rauchen-assoziierte idiopathische interstitielle Pneumonien (IIPs):
- pulmonale Langerhanszellhistiozytose
Weitere mit dem Rauchen assoziierte Veränderungen sind:
- kombinierte Lungenfibrose mit Emphysem (CPFE): apikales, führend paraseptales und ggf. zentrilobuläres Lungenemphysem in Kombination mit basaler Fibrose (meist UIP-Muster).
- Airspace Enlargement with Fibrosis (AEF): dickwandige Zysten, v.a. superiore Unterlappensegmente
- respiratorische Bronchiolitis mit Fibrose (RBF): lokale fibrotische Retikulationen in den peripheren Oberlappen um emphysematöse Veränderungen.
- Raucher-assoziierte interstitielle Fibrose (SRIF): pathohistologischer Begriff für lokale fibrotische Lungenveränderungen.
- idiopathische Lungenfibrose (IPF)
- akute eosinophile Pneumonie (AEP)[1]
- ILD bei rheumatoider Arthritis (RA-ILD)[2]
- diffuse alveoläre Hämorrhagie bei Goodpasture-Syndrom[3]
- pulmonale Alveolarproteinose (PAP)[4]
Die verschiedenen mit dem Rauchen-assoziierten Lungenveränderungen können auch koexistieren. Die häufigsten Raucher-assoziierten Lungenerkrankungen sind die COPD und das primäre Lungenkarzinom.
siehe auch: interstitielle Lungenerkrankung
RB-ILD
Die respiratorische Bronchiolitis (RB) ist eine chronische Entzündung der Bronchiolen und angrenzenden Alveolen mit vermehrter Akkumulation von pigmentierten Makrophagen. Histologisch können kleine fibrotische Veränderungen voliegen, jedoch zeigen sich weder Symptome noch sind die fibrotischen Veränderungen radiologisch erkennbar. Bei der RB finden sich in der CT schlecht abgrenzbare, oberlappenbetonte zentrilobuläre Milchglasherde. Differenzialdiagnostisch muss bei chronischem Verlauf an eine Hypersensitivitätspneumonitis, eine follikuläre Bronchiolitis oder an eine atypische Form der Sarkoidose gedacht werden. Ist der Verlauf unklar, kommen auch Infektionen und Vaskulitiden in Frage.
Die RB wird als eine Frühform der RB-ILD angesehen. Diese geht mit Symptomen wie Dyspnoe und chronischem Husten einher. Aufgrund der zunehmend fibrotischen Veränderungen zeigen sich flächige, konfluierende Milchglasareale als prädominantes Muster, während die zentrilobulären Milchglasherde nur noch in weniger stark betroffenen Arealen erkennbar sind. Die Befunde finden sich auch in weiter kaudal gelegenen Abschnitte. Sekundärbefunde sind subpleurale fibrotische Veränderungen, Bronchialwandverdickungen, Mosaikmuster durch Air Trapping (Small Airway Disease) und ein zentrilobuläres Lungenemphysem.
DIP
90 % der Patienten mit DIP sind Raucher; andere Risikofakoren sind z.B. autoimmune und rheumatologische Erkrankungen, HIV, bestimmte Medikamente und Umwelttfaktoren (z.B. Asbest). Histopathologisch handelt es sich um ein subakutes oder chronisches Reaktionsmuster, das durch eine intraalveoläre Ansammlung von Histiozyten mit nur geringer interstitieller Entzündung gekennzeichnet ist.
Das prädominante CT-Muster der DIP sind diffuse Milchglastrübungen, meist bilateral, symmerisch und unterlappenbetont. Seltener ist auch eine fleckige Verteilung möglich. Weitere Merkmale sind kleine hypodense Aussparungen im Milchglas bzw. Emphysemareale und Bronchialwandverdickungen sowie irreguläre Retikulierungen und kleinzystische Veränderungen im Rahmen einer Fibrosierung. Die radiologische Abgrenzung zu einer RB-ILD kann unmöglich sein.
Langerhanszellhistiozytose
Bei der Langerhanszellhistiozytose handelt es sich um eine myeloische Neoplasie mit entzündlicher Komponente, die fast alle Organe betreffen kann. Bei Erwachsenen betrifft die pulmonale LCH meist junge, 20- bis 40-jährige Raucher. Die Patienten sind oft asymptomatisch oder zeigen unspezifische Symptomen wie Dyspnoe und trockenen Husten. Manchmal ist ein spontaner Pneumothorax das initiale Symptom.
Histopathologisch findet man im bronchiolären Epithel proliferierende Langerhans-Zellen und eine peribronchioläre Fibrose. In der CT finden sich zentrilobuläre, 1 bis 5 mm große Noduli mit irregulärem fibrotischem Rand. Sie sind von regulärem Lungengewebe umgeben. Die Anzahl ist sehr variabel. Die fibrotischen Veränderungen führen im Verlauf der Erkrankung über eine narbige Verziehung an den Bronchiolen zu bizarr geformten Zysten. Diese sind anfangs als kleine dickwandige Kavitäten ausgebildet, die im Verlauf dünnwandig und meist < 1 cm, teilweise bis zu 2 cm groß werden. Die Zysten können konfluieren. Die Veränderungen betreffen insbesondere den Oberlappen. Der kostophrenische Winkel bleibt ausgespart. Nebenbefunde sind:
- Milchglastrübungen
- verdickte Interlobulärsepten
- Emphysem (wie bei allen raucherassoziierten Lungenerkrankungen)
- Mosaikmuster
- Zeichen der Lungenfibrose mit Honeycombing bei sehr weit fortgeschrittener Erkrankung
Die Differenzialdiagnosen entsprechen dem vorwiegenden Muster des jeweiligen Stadiums: Anfangs überwiegen Noduli, weshalb die LCH von granulomatösen Erkrankungen wie der granulomatösen Polyangiitis (GPA) sowie der Sarkoidose aber auch von der Miliartuberkulose unterschieden werden muss. Des Weiteren sollte eine onkologische Grunderkrankung an Metastasen denken lassen. Wenn die multiplen Zysten das prädominante Muster darstellen, kommen differenzialdiagnostisch in Frage:
- Lymphangioleiomyomatose (LAM): uniforme, rundliche Zysten ohne bestimmtes Verteilungsmuster
- Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie (PCP): kann mit Zysten einhergehen, das prädominante Muster sind jedoch Milchglasveränderungen.
- Allergische bronchopulmonale Aspergillose (ABPA): Die zystischen Bronchiektasien sind zentral gelegen, den großen Bronchien zuzuordnen und können hyperdensen Mukus aufweisen.
- lymphozytische interstitielle Pneumonie (LIP): kann ausschließlich Zysten aufweisen, die glatt berandet und dünnwandig sind.
Kombinierte Lungenfibrose mit Emphysem
Die CPFE ist eine mögliche Ausprägung der Raucher-assoziierten interstitiellen Lungenerkrankungen. Die Krankheitsentität ist noch nicht endgültig definiert und umfasst verschiedene Varianten. Oberlappenbetont finden sich insbesondere Areale eines paraseptalen und geringer ausgeprägt eines zentrilobulären Lungenemphysems. Unterlappenbetont finden sich die fibrotischen Areale in Form eines UIP- oder NSIP-Musters. Diagnostische Schwierigkeiten ergeben sich beim Erkennen eines eventuell vorhandenen Honeycombings, das nach kranial hin mit dem Emphysem konfluiert.
Die CPFE geht mit einem noch höheren Risiko einer pulmonalen Hypertonie und eines Plattenepithelkarzinoms der Lunge einher als bei alleinigem Vorliegen einer idiopathischen Lungenfibrose.
Raucher-assoziierte interstitielle Fibrose
Die SRIF ist pathohistologisch charakterisiert durch dicke hyalinisierte Alveolarsepten mit hyperplastischen glatten Muskelbündeln. Sie geht mit anderen raucherassoziierten Veränderungen wie dem Emphysem oder der RB einher. Typische histologische Veränderungen der UIP, wie das Honeycombing, fehlen.
Die SRIF muss nicht mit CT-morphologischen Veränderungen einhergehen. Meist zeigen sich jedoch mikronoduläre Veränderungen und Milchglasareale, wobei die Differenzierung zu anderen Raucher-assoziierten Lungenveränderungen wie der RB nicht immer möglich ist. Bei ausgeprägten fibrotischen Veränderungen ermöglicht die Bestimmung des Verhältnisses zwischen Emphysem und Honeycombing die Abgrenzung gegenüber der UIP: Bei der SRIF dominiert das Emphysem. Weitere Merkmale der SRIF sind eine Aussparung der kostophrenischen Winkel durch das Honeycombing, eine asymmetrische Verteilung des Honeycombing sowie ein Fehlen von Honeycombing in den Oberlappen. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei ca 86 %.[5]
Idiopathische Lungenfibrose
Rauchen ist ein Risikofaktor für die Entstehung der idiopathischen Lungenfibrose. Die Diagnose erfolgt durch das histologische oder radiologische Muster der UIP sowie das Fehlen anderer Ursachen wie rheumatischer Erkrankungen, Medikamententoxizität oder Umweltfaktoren wie Asbestexposition. Das sogenannte "typische UIP-Muster" besteht aus einer basalen und subpleuralen Verteilung von Honeycombing mit irregulären retikulären Verdichtungen und ggf. Traktionsbronchiektasen sowie dem Fehlen von atypischen Mustern (z.B. ausgeprägte Milchglasareale). Eine Biopsie ist bei Vorliegen eines typischen UIP-Musters in der CT nur bei nicht passender Klinik notwendig. Beim sogennanten "wahrscheinlichen" UIP-Muster fehlt das Honeycombing. Hier besteht bei klinischer Unsicherheit die Notwendigkeit zur Biopsie. Radiologische Befunde, die nicht mit einer IPF konsistent sind, umfassen z.B. eine Oberlappenbetonung, eine peribronchovaskuläre Verteilung, Konsolidierungen oder Milchglasareale als prädominantes Muster, ausgeprägtes Mosaikmuster, Air-Trapping, Rundherde sowie Lungenzysten. In diesen Fällen ist eine Biopsie sowie eine Besprechung in interdisziplinären Boards notwendig.
Das mediane Überleben ohne Therapie liegt bei 2,5 bis 3,5 Jahren. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei ca. 41 %.
Therapie
Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist das Beenden des Rauchens. Teilweise kommen Glukokortikoide zum Einsatz. Pirfenidone oder Nintedanib können das Voranschreiten der IPF verlangsamen. In schweren und progredienten Fällen steht als Ultima Ratio die Lungentransplantation zur Verfügung.
Literatur
- Heyneman LE et al. Respiratory bronchiolitis, respiratory bronchiolitis-associated interstitial lung disease, and desquamative interstitial pneumonia: different entities or part of the spectrum of the same disease process?. AJR Am J Roentgenol. 1999
- Hidalgo A et al. Smoking-related interstitial lung diseases: radiologic-pathologic correlation. Eur Radiol. 2006
- Vassallo R, Ryu JH. Tobacco smoke-related diffuse lung diseases. Semin Respir Crit Care Med. 2008
- Franks TJ, Galvin JR. Smoking-Related "Interstitial" Lung Disease. Arch Pathol Lab Med. 2015
- Kligerman S et al. Clinical-Radiologic-Pathologic Correlation of Smoking-Related Diffuse Parenchymal Lung Disease. Radiol Clin North Am. 2016
Quellen
- ↑ Uchiyama H et al. Alterations in smoking habits are associated with acute eosinophilic pneumonia. Chest. 2008
- ↑ Kelly CA et al. Rheumatoid arthritis-related interstitial lung disease: associations, prognostic factors and physiological and radiological characteristics--a large multicentre UK study. Rheumatology (Oxford). 2014
- ↑ Chan AL et al. Cutting edge issues in Goodpasture's disease. Clin Rev Allergy Immunol. 2011
- ↑ Frazier AA et al. From the archives of the AFIP: pulmonary alveolar proteinosis. Radiographics. 2008
- ↑ Chae KJ et al. Differentiating Smoking-Related Interstitial Fibrosis (SRIF) from Usual Interstitial Pneumonia (UIP) with Emphysema Using CT Features Based on Pathologically Proven Cases. PLoS One. 2016