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Lumbalpunktion

(Weitergeleitet von Spinalpunktion)

Synonym: Spinalpunktion
Englisch: lumbar puncture, spinal tap

1. Definition

Die Lumbalpunktion ist eine Punktion des Duralsacks, die im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) erfolgt. Sie dient meist der Diagnose bestimmter Erkrankungen, bei denen üblicherweise pathologische Erscheinungen im Liquor nachweisbar sind (beispielsweise Meningitis). Hierbei wird aus dem Subarachnoidalraum des Rückenmarks eine Liquorprobe entnommen.

2. Indikation

Die Untersuchung des Liquors hat eine wichtige Funktion bei der Diagnose und Differentialdiagnose vieler neurologischer Erkrankungen. Sie kann unter anderem aus folgenden Gründen notwendig sein:

Die Indikationsstellung erfordert die sorgfältige Untersuchung und Abschätzung der Nutzen-Risiko-Relation nach Ausschluss der Kontraindikationen durch hierzu geeignete Untersuchungen.

Eine Lumbalpunktion kann auch aus therapeutischen Gründen erfolgen, etwa bei Normaldruckhydrozephalus oder idiopathischer intrakranieller Hypertension sowie zur intrathekalen Applikation von Medikamenten.

3. Vorgehen

Der Eingriff kann mit oder ohne oberflächennahe Lokalanästhesie (2 ml einer 1 bis 2 %igen Lidocainlösung) erfolgen. Grundsätzlich sollten folgende hygienischen Maßnahmen eingehalten werden:

Die Punktion wird dann beim sitzenden und nach vorn geneigten Patienten durchgeführt. Ist die Sitzposition nicht möglich, kann auch in Seitenlage mit maximaler Beugung der Lendenwirbelsäule punktiert werden. Gründe für diese Position sind:

Die mit einem Mandrin versehene Einmalnadel wird in der Mittellinie zwischen dem 3. und 4. oder dem 4. und 5. Lendenwirbeldornfortsatz eingeführt. Um das Rückenmark nicht zu gefährden, sollte der Subarachnoidalraum beim Erwachsenen oberhalb von LWK 2/3 nicht punktiert werden.

Folgende Strukturen werden durchstoßen:

Wenn das straffe Ligamentum interspinale durchstochen und der federnde Widerstand der Dura überwunden ist, befindet sich die Nadel im Subarachnoidalraum und der Mandrin wird zurückgezogen. Der Liquor kann dann ungehindert abtropfen. Empfohlen wird eine Abnahme von 10 bis 15 ml Liquor. Durch diese sogenannte 3-Gläser-Probe kann eine artifizielle Blutbeimengung von einer Subarachnoidalblutung differenziert werden.

Während der Punktion kann es durch Nervenreizung teils zu elektrisierenden, einschießenden Missempfindungen in den Beinen kommen. Diese sind i.d.R. harmlos. Es bietet sich an, den Patienten schon im Vorfeld darüber aufzuklären.

3.1. Punktionsnadel

Bei der Auswahl der Punktionsnadel muss das Risiko von postpunktionellen Kopfschmerzen (steigt mit abnehmendem Gauge-Wert) gegen den Nachteil der notwendigen Punktionszeit und die Erfahrung des Arztes mit den jeweiligen Nadeln und Punktionstechniken abgewogen werden. In der Regel werden Punktionsnadeln mit einem mittleren Durchmesser (20-22 G) verwendet.

Des Weiteren unterscheidet man zwischen atraumatischen und traumatischen Punktionskanülen: Atraumatische Nadeln (z.B. Sprotte-Kanüle) führen vermutlich zu einer niedrigen Inzidenz von postpunktionellen Kopfschmerzen. Sie benötigen einen Introducer und sind bei einigen Patienten nur eingeschränkt anwendbar (z.B. bei ausgeprägten degenerativen knöchernen Veränderungen der Wirbelsäule, adipösen Patienten). Um die Richtung einer Sprotte-Kanüle zu ändern, muss zuerst die Richtung des Introducers korrigiert werden.

Bei traumatischen bzw. scharfen Punktionsnadeln (z.B. Quincke-Kanüle) muss der Schliff der Nadelöffnung parallel zum Verlauf der Durafasern und Nervenfasern gerichtet sein (also senkrecht), um das Verletzungsrisiko zu minimieren.

3.2. Liquordruckmessung

Besteht die Indikation zur Liquordruckmessung muss diese vor Liquorentnahme erfolgen. Die Punktion zur Liquordruckmessung erfolgt im Liegen.

4. Risiken

Als Nebenwirkungen der Liquorentnahme können in bis zu 10 % der Fälle Kopfschmerzen auftreten. Betroffen sind insbesondere jüngere, schlanke Frauen. Das Auftreten dieses postpunktionellen Kopfschmerzsyndroms ist dabei nicht von der Menge des entnommenen Liquors abhängig. Die Kopfschmerzen sind in der Regel mild und klingen nach einigen Stunden bis Tagen von selbst ab. Zur Prophylaxe wird eine mindestens zweistündige Bettruhe nach der Punktion empfohlen. Auch die Verwendung von atraumatischen Kanülen sowie das Wiedereinsetzen des Mandrins vor der Entfernung der Punktionsnadel sollen die Kopfschmerzhäufigkeit vermindern. Selten kann es zu einem kontinuierlichen Liquorleck kommen, falls sich die Punktionsstelle nicht richtig verschließt. Mögliche Folge ist eine intrakranielle Hypotension.

Weitere häufige Nebenwirkungen (> 3 %) der Lumbalpunktion sind:

Seltene Komplikationen sind:

  • Infektionen des Stichkanals
  • Kreislaufreaktionen bis hin zur Synkope

In Einzelfällen wurden Blutungen mit neurologischen Ausfällen, Subduralhämatome, Hirnnervenausfälle, Migräneattacken, epileptische Anfälle und zerebrale Herniationen (v.a. bei Missachtung von Kontraindikationen) beschrieben.

5. Kontraindikationen

5.1. Erhöhter Hirndruck

Eine Lumbalpunktion ist kontraindiziert bei Verdacht auf erhöhten Hirndruck (Gefahr der Einklemmung der Medulla oblongata). In besonderen Fällen (z.B. klinische Hirndruckzeichen, fokal-neurologische Defizite, erstmaliger epileptischer Anfall, Vigilanzstörung sowie anamnestische Immunsuppression) sollte eine vorherige Bildgebung erfolgen. Die Spiegelung des Augenhintergrundes hat eine geringere Sensitivität und stellt im Falle einer idiopathischen intrakraniellen Hypertension keine Kontraindikation dar.

5.2. Blutungsneigung

Thrombozytenzahlen < 50.000/μl sind eine relative, < 10.000/μl eine absolute Kontraindikation. Bei einer Thrombozytenzahl < 10.000/μl müssen vor der Liquorentnahme per Lumbalpunktion grundsätzlich Thrombozyten substituiert werden. Zwischen 10.000 und 50.000/μl muss die Substitution von Thrombozyten wegen der erhöhten Komplikationsrate diskutiert werden.

Weitere Kontraindikationen einer Lumbalpunktion sind:

Bei therapeutisch induzierter Blutungsneigung durch eine Marcumarisierung wird vor elektiven Lumbalpunktionen auf Heparin umgestellt. In Notfallsituationen oder bei krankheitsbedingtem Gerinnungsfaktorenmangel wird die Normalisierung der Gerinnungsparameter durch Gabe von gerinnungsaktivem Plasma oder Gerinnungsfaktoren, z.B. Prothrombinkomplex-Konzentrate, erreicht.

Unter neuen oralen Antikoagulanzien (NOAK) sind Lumbalpunktionen unter Notfallindikation möglich, elektive Punktionen sollten, falls vertretbar, 2 bis 3 Tage nach Absetzen des NOAK erfolgen. Alternativ kann ein Bridging mit Heparin erfolgen.

Im Falle einer dualen Thrombozytenaggregationshemmung (z.B. ASS und Clopidogrel) kann in Notfällen eine Lumbalpunktion erfolgen, bei elektiver Indikation und hohem thrombotischen Risiko sollte die Punktion verschoben werden, bei niedrigem thrombotischen Risiko kann die Punktion eine Woche nach Absetzen von Clopidogrel unter ASS-Monotherapie durchgeführt werden. Grundsätzlich stellt ASS keine Kontraindikation dar.

Niedermolekulare Heparine dürfen 8 bis 12 Stunden vor der Lumbalpunktion letztmalig gegeben werden. Eine Heparinisierung sollte frühestens 2 Stunden nach Durchführung der Lumbalpunktion fortgeführt werden.

5.3. Weitere Kontraindikationen

siehe auch: Subokzipitalpunktion, Liquordiagnostik

6. Podcast

FlexTalk - Die Hirnventrikel
FlexTalk - Die Hirnventrikel

7. Literatur

8. Bildquelle

  • Bildquelle Podcast: © Midjourney
Fachgebiete: Neurologie

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