Shigella dysenteriae
nach dem japanischen Arzt und Bakteriologen Shiga Kiyoshi (1871-1957)
Definition
Shigella dysenteriae ist ein für den Menschen pathogenes, gramnegatives Stäbchenbakterium mit fakultativ anaerober Lebensweise, das zur Gattung Shigella gehört. Bei einer Infektion löst es starke Durchfälle und krampfartige Bauchschmerzen aus. In der Regel erfolgt die Ansteckung über verunreinigte Lebensmittel oder nicht ausreichend aufbereitetes Trinkwasser. Das hervorgerufene Krankheitsbild wird als Shigellose oder Bakterienruhr bezeichnet.
Systematik
- Domäne: Bakterien
- Abteilung: Proteobacteria
- Klasse: Gammaproteobacteria
- Ordnung: Enterobacterales
- Familie: Enterobacteriaceae
- Gattung: Shigella
- Art: Shigella dysenteriae
- Gattung: Shigella
- Familie: Enterobacteriaceae
- Ordnung: Enterobacterales
- Klasse: Gammaproteobacteria
- Abteilung: Proteobacteria
Abgrenzung
Systematisch besteht eine sehr enge Verwandtschaft zum beim Menschen physiologisch vorkommenden Darmbakterium Escherichia coli. Ebenso wie dieses gehört Shigella dysenteriae zu den Enterobakterien. Diese Stäbchenbakterien bilden keine Sporen und sind weitgehend unbeweglich.
Während Escherischia coli einen wesentlichen Anteil an der humanen Immunabwehr und Verdauung hat, löst Shigella dysenteriae bekanntermaßen starke gastrointestinale Beschwerden aus. Weitere Unterschiede finden sich in den biochemischen Prozessen, zu denen die Mikroorganismen fähig sind:
- Escherichia coli ist fähig zum Abbau der Aminosäure Lysin. Shigella dysenteriae fehlt die hierfür notwendige Decarboxylase.
- Als an der Verdauung beteiligtes Bakterium ist Escherichia coli in der Lage, Lactose abzubauen, Shigella dysenteriae nicht.
Übertragung
Die Übertragung erfolgt fäkal-oral durch Kontakt- oder Schmierinfektion. Als Übertragungsmedien kommen Lebensmittel, Wasser oder Gebrauchsgegenstände in Betracht. Die Erreger können 14 Tage außerhalb des Wirts überleben. Enge Sozialkontakte, z.B. im Kindergarten oder anderen Gemeinschaftseinrichtungen, sind ein Risikofaktor.
Ein weiterer Übertragungsweg sind oroanale Sexualkontakte.
Infektiosität
Die Infektiosität von Shigella dysenteriae ist hoch. Bereits ein geringe Keimmenge (10-200) reicht aus, um die Erkrankung auszulösen.
Pathogenitätsfaktoren
Shigella dysenteriae produziert Exotoxine, die das Darmepithel angreifen. Die sogenannten Shigatoxine gehören zur Proteinklasse der Lektine. Sie binden an die Zellmembranen der Enterozyten und wirken zytotoxisch.
Klinik
Eine Shigellose zeichnet sich insbesondere durch kaum stillbaren Durchfall, sowie krampfartige Bauchschmerzen aus. Meistens tritt Fieber auf, nicht alle Patienten zeigen Übelkeit und Erbrechen. Die Inkubationszeit beträgt rund 2 Tage, während sich eine unbehandelte Infektion über 7 bis 10 Tage erstrecken kann. Besonders in Gebieten mit mangelnder Hygiene und schlechten Behandlungsmöglichkeiten kann die Infektion zum Tod führen.
Bei Kindern kann ein hämolytisch-urämisches Syndrom auftreten.
Erregernachweis
Um bei entsprechender Symptomatik einen eindeutigen Nachweis der Krankheitserreger zu erzielen, bieten sich folgende Methoden an:
- Mikroskopische Untersuchung einer Stuhlprobe. Hierbei ist zur genaueren Beurteilung das Anlegen einer Bakterienkultur auf entsprechenden Nährmedien notwendig. Durch diese Maßnahme lässt sich die Keimzahl erhöhen, was eine Identifikation erleichtert. Die Untersuchung bzw. Kultivierung muss aber innerhalb von 3 Stunden nach Entnahme der Probe beginnen, da sonst keine eindeutigen Ergebnisse mehr gewährleistet sind.
- Alternativ zu einer Stuhlprobe kann auch ein Rektalabstrich durchgeführt werden.
- Genetisch kann eine Identifizierung mittels Polymerasekettenreaktion (PCR) erfolgen.
Auch mittels bestimmter Antikörpersuchtests lässt sich Shigella dysenteriae nachweisen, dieser Nachweis spielt aber nur eine untergeordnete Rolle.
Therapie
Die Therapie erfolgt durch Antibiotika. Die Wirksamkeit ist abhängig von der Resistenzsituation der Erreger. Erreger ohne ausgeprägte Resistenz reagieren empfindlich auf Ampicillin und Ciprofloxacin. Bei Shigella dysenteriae treten jedoch - wie bei anderen Bakterienarten - zunehmend Mehrfachresistenzen auf.
Da die Patienten oft dehydriert sind, sollte mit Infusionen bzw. reichlicher Flüssigkeitsaufnahme entgegengewirkt werden. Präventiv ist auf eine ausreichende Hygiene zu achten.
Meldepflicht
Nach § 7 IfSG ist der direkte oder indirekte Nachweis von Shigellen meldepflichtig. Krankheitsverdacht und Erkrankung sind nach § 6 IfSG meldepflichtig, wenn eine Tätigkeit in der Lebensmittelherstellung oder -zubereitung ausgeübt wird. Eine Meldepflicht besteht außerdem, wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen mit Verdacht auf Shigellose auftreten, bei denen ein epidemiologischer Zusammenhang möglich ist.
um diese Funktion zu nutzen.