Parvovirushepatitis (Geflügel)
Synonyme: Parvovirushepatitis der Gans und Moschusente, infektiöse Hepatitis des Gössels, Parvovirusinfektion der Gänse, Derzysche Krankheit
Englisch: goose hepatitis
Definition
Die Parvovirushepatitis von Gans und Moschusente ist eine enzootisch auftretende, perakut bis protrahiert verlaufende Infektionskrankheit junger Gänse- (Gössel) sowie Moschusentenküken.
Erreger
Die Erreger der Parvovirushepaitis bei der Gans und auch bei der Moschusente gehören zur Gattung Dependovirus innnerhalb der Familie der Parvoviridae. Es handelt sich hierbei um unbehüllte und einzelsträngige DNA-Viren, die zwischen 18 und 26 nm groß sind. Anhand des Wirtsspektrums können folgende zwei Serotypen unterschieden werden:
- Goose-Parvovirus (GPV) beim Gössel
- Muscovy-Duck-Parvovirus (MDPV) beim Moschusentenküken
Paroviren treten auch bei Hühnern und Puten auf, insbesondere im Zusammenhang mit dem Runting-Stunting-Syndrome. Diese Viren unterscheiden sich jedoch genetisch von den Erregern der Parvovirushepatitis der Gans und der Moschusente und müssen möglicherweise einem anderen Genus zugeordnet werden.
Epidemiologie
Die Parvovirushepatitis betrifft nur Gänse, Moschusenten und einige Hybride. Klinisch manifeste Erkrankungen kommen nur bei Küken bis zur 4. Lebenswoche vor. Ältere Tiere besitzen eine Altersresistenz, können jedoch als latente Träger das Virus vertikal übertragen.
Die Morbidität und Mortalität kann in akuten Krankheitsfällen bei unter 10 Tage alten Küken bis zu 90 % betragen.
Pathogenese
Da der Erreger hoch kontagiös ist und eine relativ hohe Tenazität besitzt, wird er sowohl horizontal (v.a. über den Kot), aber auch über das Brutei während der Schlupfphase im Brutschrank übertragen. Abhängig vom Alter der betroffenen Tiere beträgt die Inkubationszeit zwei Tage bis eine Woche.
Nach der Infektion kommt es zu einer massiven Erregervermehrung im Darm. Es folgt eine Virämie mit anschließender Virusreplikation in der Leber und im Thymus.
Klinik
Akut erkrankte Geflügel verweigern fast gänzlich die Futter- und Wasseraufnahme, sind bewegungsunlustig und können innerhalb weniger (2 bis 5) Tage versterben.
Der bei älteren oder teilimmunen Tieren häufig vorkommende protrahierte Krankheitsverlauf geht mit einer deutlich geringeren Morbiditäts- und Mortalitätsrate einher. Auch hier kommt es zu einer schlechten Futterverwertung, Entwicklungsstörungen, Mattigkeit und Störungen der Befiederung. Es ist besonders das Unter- und Deckgefieder im Rückenbereich betroffen. Die Haut ist entzündlich gerötet und die Bürzeldrüse erscheint geschwollen.
Häufig kommt es zu Nasen- und Augenausfluss, Kopfschütteln, weißlichem Durchfall und pseudomembranösen Veränderungen in der Schnabelhöhle.
Pathohistologie
Erkrankte Küken entwickeln einen ausgeprägten Aszites, was klinisch zur typischen Pinguin-ähnlichen Haltung bei der Atmung führt. Die Leber ist vergrößert, zeigt subkapsuläre Blutungen und ist von einer Perihepatitis umgeben. Die Herzmuskulatur erscheint aufgrund degenerativer Prozesse blass und schlaff und die lymphoiden Organe sind atrophisch. Junge Tiere weisen oft ein auffällig rundes Herz auf. Gelegentlich werden auch Blutungen in der Muskulatur und eine katarrhalische Enteritis beobachtet.
Histologisch lassen sich in der Leber Nekroseherde, vakuoläre Degenerationen der Leberzellen sowie intranukleäre Einschlusskörperchen nachweisen.
Diagnose
Der Erregernachweis kann in embryonierten Gänse- oder Muschusenteneiern erfolgen. Nach der Inokulation über die Amnionhöhle kommt es binnen 5 bis 10 Tagen zum Absterben des Embryos, begleitet von Blutungen und einer verfärbten Leber. Alternativ ist auch eine Virusanzüchtung in primären Fibroblastenkulturen möglich. Hierbei kommt es zu einem lytischen zytopathischen Effekt mit Ausbildung spindelförmiger Synzytien.
Es stehen auch unterschiedliche PCR- und ELISA-Verfahren sowie ein Virusneutralisationstest zur Verfügung.
Therapie
Eine kausale Therapie ist nicht verfügbar. Mögliche Sekundärinfektionen sind entsprechend mit Antibiotika zu behandeln.
Prophylaxe
Es stehen attenuierte Lebendimpfstoffe als Monokomponentenimpfstoff oder in Kombination mit inaktivierten Vakzinen für Küken oder Elterntiere zur Verfügung. Die auf diese Weise gebildeten maternalen Antikörper bieten etwa bis zur 2. bis 4. Lebenswoche Schutz.
Elterntiere müssen nach erfolgter Grundimmunisierung spätestens 2 Wochen vor Legebeginn mit einer Auffrischungsimpfung erneut behandelt werden. Zusätzlich ist auf eine strikte Bruthygiene und den Einsatz von Bruteiern aus Parvovirus-freien Beständen zu achten.
Quelle
- ViralZone. Dependoparvovirus SIB - Swiss Institute of Bioinformatics (abgerufen am 11.08.2021)
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4
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