Methacholin
Synonyme: Acetylmethylcholin, 2-Acetyloxypropyl-trimethyl-azanium (IUPAC)
Englisch: methacholine
Definition
Methacholin ist ein direkt wirksames Parasympathomimetikum und findet Anwendung im Rahmen des Methacholintests.
Chemie
Methacholin ist eine quartäre Ammoniumverbindung und ein Derivat von Acetylcholin. Pharmazeutisch wird es in Form des Salzes Methacholinchlorid genutzt. Die Substanz ist gut löslich in Wasser, Ethanol und Chloroform und liegt bei Raumtemperatur als weißer, kristalliner Feststoff vor. Die molare Masse von Methacholinchlorid wird in der Literatur mit 195,69 g·mol-1 angegeben. Der Schmelzpunkt von Methacholinchlorid wurde mit 172 bis 173 °C bestimmt. Das Methacholin-Kation hat die chemische Summenformel C8H18NO2+.
Pharmakologie
Pharmakokinetik
Methacholin ist enteral bioverfügbar, wird also nach peroraler Applikation resorbiert. Hohe inhalative Dosen werden ebenfalls resorbiert und können systemisch wirksam werden. Die Substanz ist resistent gegenüber unspezifischen Cholinesterasen und wird durch Hydrolyse nur von Acetylcholinesterasen (ACh-Esterasen) abgebaut. Allerdings erfolgt der Abbau durch ACh-Esterasen langsamer als jener von Acetylcholin. Daraus ergibt sich eine längere und je nach Dosis intensivere Wirkung als allein durch Acetylcholin. Die Dauer einer nach Inhalation auftretenden Bronchokonstriktion ist in erster Linie abhängig von der Durchblutung der Bronchialschleimhäute, während der Einfluss der Methacholindosis kaum von Belang ist. Beim Menschen halten bronchokonstriktorische Effekte nach einem Methacholintest meist 1,5 bis 2 Stunden an.
Methacholin überwindet die Blut-Hirn-Schranke nur schwer. Ob die Substanz plazentagängig ist oder in die Muttermilch übergeht, ist nicht bekannt.
Pharmakodynamik
Methacholin wirkt als nicht-selektiver Agonist an Muskarinrezeptoren (mACh-Rezeptoren), der Wirkort sind also die mACh-Rezeptoren der postsynaptischen Membran. Es imitiert dadurch die Funktion des physiologischen Agonisten Acetylcholin und regt so den Parasympathikus an (Parasympathikomimese). Bei topischer Applikation geringer Dosen über die Atemwege erfolgt dadurch gegebenenfalls eine Bronchokonstriktion, sofern eine bronchiale Hyperreaktivität vorliegt. Diese pharmakologische Eigenschaft macht man sich im Rahmen des Methacholintests zur Diagnose des Asthma bronchiale zunutze.
Indikation
Methacholinchlorid wird als Diagnostikum zum Nachweis einer bronchialen Hyperreaktivität, wie sie im Falle von Asthma vorliegt, genutzt (Methacholintest).
Kontraindikationen
Methacholin ist kontraindiziert bei Überempfindlichkeit gegen Methacholinchlorid oder andere Cholinergika, Exazerbation eines Asthma bronchiale und manifester Bronchialobstruktion. Darüber hinaus gilt eine Nutzen-Risiko-Abwägung durchzuführen im Bezug auf zahlreiche Risikofaktoren, beispielsweise Angina pectoris, Aneurysmen, Herzrhythmusstörungen, Epilepsie, Hypoxie oder Reizhusten.
Wechselwirkungen
Methacholin kann bei inhalativer Applikation Interaktionen mit verschiedenen Substanzen eingehen:
- abschwächend wirkende Stoffe: β2-Sympathomimetika (inhalativ oder oral), Parasympatholytika (inhalativ), Theophyllin, Antihistaminika, Glukokortikoide (oral oder inhalativ), Leukotrienantagonisten, Cromoglicinsäure, Nedocromil-Natrium.
- verstärkend wirkende Stoffe: Betablocker, andere Parasympathomimetika
Antiallergika sollten mindestens 12 Stunden vor einem Methacholintest abgesetzt werden. Rauchen, Atemwegsinfekte und Rhinitis können falsch-positive Testergebnisse bewirken.
Toxikologie
Höhere Dosen von Methacholin oder Methacholinchlorid, etwa durch versehentlich Exposition mit Methacholinpulver (inhalativ) oder bei peroraler Aufnahme, können zu einer Intoxikation führen. Inhalativ zeigen sich Bronchokonstriktion oder asthmatischer Anfall mit Atemnot. Eine systemische Intoxikation geht mit Merkmalen einer Parasympathikomimese einher und kann Miosis, Hypersalivation, Diarrhoe, Hypotonie und Bradykardie umfassen. Weiterhin können Bewusstlosigkeit und AV-Blöcke auftreten.
Im Tierversuch (Ratte) wurden folgende mittlere Letaldosen (LD50) ermittelt: i.v. 20 mg/kg, s.c. 75 mg/kg, p.o. 750 mg/kg.
Beim Umgang mit Methacholin oder Methacholinchlorid sollten inhalative Bronchodilatatoren zur Verfügung stehen. Als Antidot kann im Falle einer Vergiftung auf Atropin zurückgegriffen werden. Weiterhin kann die Anwendung von Epinephrin indiziert sein.
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