Parasympatholytikum
Synonyme: Parasympathikolytikum, Anticholinergikum, Vagolytikum
Englisch: parasympatholytic
Definition
Als Parasympatholytika werden Substanzen bezeichnet, welche die Wirkung des Parasympathikus herabsetzen.
Grundlagen
Der Parasympathikus ist ein Teil des autonomen Nervensystems. Er ist der Gegenspieler des Sympathikus. Der prä- und postganglionäre Transmitter des Parasympathikus ist Acetylcholin (ACh). Dieser Transmitter wirkt auf postsynaptische Rezeptoren, die entsprechend ihrer Funktionsweise in N-Cholinorezeptoren (ligandengesteuerte Ionenkanäle) und M-Cholinorezeptoren (metabotrope Rezeptoren) differenziert werden können:
- N-Cholinorezeptoren findet man an Synapsen autonomer Ganglien, im Nebennierenmark und an neuromuskulären Endplatten.
- M-Cholinorezeptoren befinden sich in Synapsen postganglionärer parasympathischer Neurone, im ZNS, am Herzen und im Magen-Darm-Trakt.
Wirkungsweise
Parasympatholytika hemmen kompetitiv den Effekt von Acetylcholin an M-Cholinorezeptoren. Hierdurch kommt es zu folgenden Effekten:
- Weitstellung der Pupille (Mydriasis) durch ausbleibende Kontraktion des Musculus sphincter pupillae mit Photophobie
- gestörte Akkomodation
- Verminderung des Speichel- und Sekretflusses (Mundtrockenheit, Hemmung der Bronchialsekretion)
- Hemmung der Darmmotilität (Spasmolyse)
- Tonusabnahme des Musculus detrusor vesicae
- Erhöhung des peripheren Gefäßwiderstands (Hypertonie)
Auf das Herz wirken systemisch applizierte Parasympatholytika durch die überwiegende Sympathikusaktivität positiv chronotrop und positiv dromotrop.
Bei Überdosierung kann es zu Verwirrtheit, Agitiertheit, Angst, Krämpfen, Fieber und Bewusstlosigkeit kommen.
Parasympathomimetika haben den gegenteiligen Effekt. Sie sind cholinerg und verstärken die Wirkung von Acetylcholin.
Substanzen
Zu den Parasympatholytika zählen unter anderem:
- Atropin
- Scopolamin
- Homatropin
- Tropicamid
- Butylscopolamin
- Ipratropiumbromid
- Pirenzepin
- Biperiden
- Metixen
- Trihexyphenidyl
- Oxybutynin
- Curare
Die lipophilen tertiären Amine (z.B. Atropin) sind gut im Gastrointestinaltrakt resorbierbar und liquorgängig. Quartäre Amine (z.B. Butylscopolamin) werden nur zu ca. 20% resorbiert und sind nicht liquorgängig.
Indikationen
Die Gabe von Parasympatholytika ist indiziert, wenn eine schwächere Parasympathikus-Aktivität gewünscht ist:
- bei bradykarden Herzrhythmusstörungen
- bei Krämpfen und Koliken im Bereich des Gastrointestinaltraktes
- bei Reisekrankheit (Einsatz als Antiemetikum)
- als Prämedikation in der Anästhesie
- bei Alkylphosphat-Intoxikation
- in der Ophthalmologie zur Herbeiführung einer Mydriasis (lokale Applikation als Tropfen)
- bei Bronchospasmen im Rahmen einer COPD (lokale Anwendung als Aerosol)
- bei überaktiver Blase
- zur Minderung vagaler Nebenwirkungen anderer Medikamente
um diese Funktion zu nutzen.