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Tierversuch

1. Definition

Als Tierversuche werden Experimente an lebenden Tieren bezeichnet. Das Töten von Tieren und die Forschung an Gewebe und Organen von getöteten Tieren gehören somit definitionsgemäß nicht zum Bereich der Tierversuche.

2. Statistik

In Deutschland wurden im Jahr 2020 rund 2,5 Mio. Tiere für wissenschaftliche Zwecke verwendet. Mehr als 630.000 Versuchstiere wurden getötet.

2.1. Anwendung

2.1.1. Biologische Grundlagenforschung

2020 wurden 58 % der Versuchstiere im Bereich der biologischen Grundlagenforschung eingesetzt. Die größten Bereiche waren dabei Grundlagenforschungen im Bereich des Nervensystems und des Immunsystems.

2.1.2. Angewandte Forschung

In der angewandten Forschung wurden im Jahr 2020 12,87 % der Versuchstiere eingesetzt. Der größte Schwerpunkt lag dabei im Bereich der Krebserkrankungen.

2.1.3. Medizinprodukte und toxikologische Sicherheitsprüfungen

Tierversuche werden bei der Herstellung und Qualitätskontrolle von medizinischen Produkten oder für toxikologische Sicherheitsprüfungen eingesetzt. Im Jahr 2020 wurden ungefähr 19 % der Versuchstiere für diese Bereich verwendet.

2.1.4. Sonstige Bereiche

Weitere Einsatzgebiete, in denen Tierversuche durchgeführt werden, sind beispielsweise:

  • Erhaltung der Art (7,03 %)
  • Hochschulausbildung oder Schulung zum Erwerb oder Erhalt oder Verbesserung beruflicher Fähigkeiten (2,10 %)
  • Schutz der Umwelt im Interesse der Gesundheit oder des Wohlbefindens von Menschen und Tieren (0,82 %)
  • Erhaltung von Kolonien etablierter genetisch veränderter Tiere, die nicht in anderen Verfahren verändert wurden (6,20 %)

2.2. Schweregrad der Belastung der Tiere

2020 wurden zwei Drittel der durchgeführten Tierversuche als nur gering belastend beurteilt. 24 % der Versuche wurden als mäßig belastend eingestuft. Der Anteil der schwer belastenden Versuche beträgt 4 %. In 6 % der Versuche, die in Vollnarkose durchgeführt wurden, konnte die Lebensfunktion der Tiere nicht wiederhergestellt werden.

3. Versuchstiere

3.1. Arten

Mäuse machten 2020 den größten Anteil aller Versuchstiere aus. An zweiter Stelle stehen Ratten, darauf folgen weitere Nager wie z.B. Kaninchen. Die nächstgrößte Zahl an Versuchstieren repräsentieren Vögel und Fische. Weitere Tierarten, die als Versuchstiere eingesetzt werden, sind beispielsweise:

3.2. Herkunft

Der Großteil der Versuchstiere stammt aus registrierten Zucht- oder Liefereinrichtungen aus dem Inland, gefolgt von Versuchstieren aus EU-Ländern. Ein kleinerer Teil stammt aus Mitgliedstaaten des Europarates, die das europäische Versuchstierübereinkommen ratifiziert haben.

4. Rechtliche Rahmenbedingungen

In Deutschland unterliegen Tierversuche den gesetzlichen Regelungen des Tierschutzgesetzes (TierSchG) und der Tierschutz-Versuchstierverordnung (TierSchVersV).

4.1. Definition nach TierSchG

Laut § 7 des deutschen Tierschutzgesetzes sind Tierversuche "Eingriffe oder Behandlungen zu Versuchszwecken", die "mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für diese Tiere" einhergehen können. Auch die Veränderung des Erbguts von Tieren fällt unter den Begriff Tierversuch, "wenn sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für die erbgutveränderten Tiere oder deren Trägertiere verbunden sein können".

Nicht als Tierversuch gilt die Tötung zu wissenschaftlichen Zwecken ohne weitere Eingriffe oder Behandlungen (TierSchG § 4).

Nach § 7 muss zudem für Tierversuche eine "Unerlässlichkeit" bestehen. Außerdem sind sie nur für bestimmte Zwecke zulässig, wie beispielsweise:[1]

  • Grundlagenforschung
  • Vorbeugen, Erkennen oder Behandeln von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder körperlichen Beschwerden bei Menschen oder Tieren,
  • Erkennung oder Beeinflussung physiologischer Zustände oder Funktionen bei Menschen oder Tieren
  • Förderung des Wohlergehens von Tieren oder Verbesserung der Haltungsbedingungen von landwirtschaftlichen Nutztieren
  • Schutz der Umwelt im Interesse der Gesundheit oder des Wohlbefindens von Menschen oder Tieren
  • Prüfung von Stoffen oder Produkten auf ihre Unbedenklichkeit für die Gesundheit von Menschen oder Tier oder auf ihre Wirksamkeit gegen tierische Schädlinge
  • Entwicklung und Herstellung sowie Prüfung der Qualität, Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit von Arzneimitteln, Lebensmitteln, Futtermitteln oder anderen Stoffen
  • Forschung im Hinblick auf die Erhaltung der Arten
  • Aus-, Fort- oder Weiterbildung
  • Gerichtsmedizinische Untersuchungen

Seit März 2013 ist es in der EU verboten, Kosmetika in Verkehr zu bringen, die an Tieren getestet wurden. Das gilt zum einen für die Produkte an sich als auch für die einzelnen Inhaltsstoffe. Zudem dürfen an Tieren getestete Kosmetika nicht in der EU verkauft werden.[2]

4.2. Einteilung

Es wird zwischen genehmigungspflichtigen und anzeigepflichtigen Tierversuchen unterschieden.

Die Anzeigepflicht (§ 8a) gilt z.B. für Tierversuche, die der Prüfung von Impfstoffen, Seren oder Allergenen im Rahmen industrieller Zulassungsverfahren oder Chargenprüfungen dienen.

Unter die genehmigungspflichtigen Tierversuche fallen z.B. alle chirurgischen Eingriffe oder Applikationen von Substanzen für den wissenschaftlichen Zweck. Zur Durchführung genehmigungspflichtiger Tierversuche muss zunächst ein Antrag gestellt werden, der anschließend durch die Genehmigungsbehörde des LANUVs sowie eine unabhängige Kommission geprüft wird.

4.3. 3R-Prinzip

Das 3R-Prinzip wurde von Russel und Burch 1959 entwickelt und umfasst drei Grundsätze, die bei der Planung von Tierversuchen in Betracht gezogen werden:

  • "Reduction" (engl. für Reduktion): Beschränkung des Einsatzes von Tieren auf ein Mindestmaß, Reduktion der Tierzahl
  • "Refinement" (engl. für Verbesserung): Optimierung der Bedingungen für Tiere, Verminderung bzw. Vermeidung von Leiden und Schmerzen für die Tiere
  • "Replacement" (engl. für Ersatz): Einsatz alternativer, tierversuchsfreier Methoden

4.4. Durchführung von Tierversuchen

Zur Durchführung von Tierversuchen sind nur Personen berechtigt, die einen FELASA-B-Kurs absolviert haben. Personen mit einem FELASA-C-Kurs sind für die Leitung von Tierversuchen verantwortlich.

5. Alternative Forschungsmethoden

Es existieren verschiedene alternative Forschungsmethoden, wie beispielsweise:

6. Quellen

7. Literatur

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