Mechanischer Ileus (Hund)
Synonyme: Mechanischer Dünndarmverschluss, mechanische Dünndarmobstruktion, Obstruktionsileus
Definition
Unter einem mechanischen Ileus bzw. Obstruktionsileus des Hundes versteht man eine Einengung des Dünndarmlumens infolge eines mechanischen Hindernisses. Durch die Obstruktion wird der Weitertransport des Darminhalts entweder vollständig oder partiell unterbrochen.
Ätiologie
Ein mechanischer Ileus kann aufgrund unterschiedlicher Auslöser entstehen. Häufige Ursachen sind:
- Fremdkörperer (z.B. Steine, Socken u.ä.)
- Tumoren (intestinal sowie extraintestinal)
- Strikturen
- Volvolus intestini (Dünndarmvolvolus)
- Invagination
- Hernien
- Strangulationen
- Bezoare
- hochgradiger Endoparasitenbefall (Wurmknäuel)
Pathogenese
Unabhängig vom Auslöser kommt es zur Verlegung des Darmlumens und zu einer Unterbrechung des Weitertransports der Ingesta. Beim kompletten Ileus füllt sich der oral der Obstruktion befindliche Dünndarm mit Flüssigkeit und Gas. Die Flüssigkeit enthält sowohl die oral aufgenommene Flüssigkeit, als auch die intestinalen Sekrete. Je nachdem, wie stark die Obstruktion ausgeprägt ist, kann auch nur ein partieller Verschluss bestehen, sodass der flüssige Anteil des Darminhalts (inkl. Gase) ungehindert weiter transportiert werden kann, während feste Futterbestandteile stecken bleiben.
Große Fremdkörper üben bei länger bestehender Obstruktion chronischen Druck auf die Darmwand aus. In weiterer Folge kommt es zu Entzündungsprozessen, zu Minderperfusion und zu Drucknekrosen. Durch den mechanischen Reiz dehnt sich der Darm an dieser Stelle immer mehr aus, sodass die Darmwand zunehmend dünner wird und schließlich auch rupturieren kann.
Klassifizierung
Abhängig von der Art der Obstruktion unterscheidet man folgende Ileusformen:
- partieller, unkomplizierter Obstruktionsileus
- kompletter, unkomplizierter Obstruktionsileus
- kompletter, komplizierter Obstruktionsileus
Klinik
Die klinischen Symptome hängen von der Art, der Ursache, der Lokalisation und der Dauer der Obstruktion ab und können unterschiedlich ausgeprägt sein.
Leitsymptome sind Erbrechen, Anorexie, Apathie und Diarrhö bzw. fehlender Kotabsatz. In weiterer Folge kommt es zu Gewichtsverlust und zur Ausbildung eines akuten Abdomens. In ausgeprägten Krankheitsfällen kann auch ein Schock mit plötzlichem Tod auftreten.
Komplikationen
- lokale Drucknekrosen
- Darmperforation
- paralytischer Ileus
- Peritonitis
- Endotoxämie (v.a. durch Clostridien, Escherichia coli)
Differenzialdiagnosen
Diagnose
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus der Anamnese (rezidivierendes Erbrechen, fehlender Kotabsatz u.ä.) und der klinischen Untersuchung (pralles, hartes und dolentes Abdomen).
Um die Diagnose zu sichern, ist neben Röntgenuntersuchungen in zwei Ebenen auch eine Sonographie des Abdomens notwendig. Typische röntgenologische Anzeichen sind gasgefüllte und dilatierte Dünndarmschlingen sowie mit Flüssigkeit gefüllte und leere Darmschlingen. Röntgendichte Fremdkörper können direkt dargestellt werden. In zweifelhaften Fällen ist eine Kontrastmittelstudie (z.B. mit Bariumsulfat) indiziert.
Mittels Ultraschall kann oft schon ein direkter Nachweis des Fremdkörpers im Darmlumen erbracht werden. Dieser stellt sich häufig als reflexreiches Gebilde mit deutlicher Schallauslöschung im Darmlumen dar. Sekundär zeigen sich auch dilatierte und flüssigkeits- sowie gasgefüllte Darmschlingen.
Therapie
Nach medianer Laparotomie wird der gesamte Magen-Darm-Trakt durchpalpiert. Nachdem der Fremdkörper gefunden wurde, hängt die weitere Vorgehensweise von der Lokalisation und den bereits entstandenen Schäden ab.
Kleine und magennahe Fremdkörper können durch vorsichtige Massage in den Magen zurück befördert und dann mittels Endoskopie und Fasszange über die Maulhöhle geborgen werden. Größere Fremdkörper sowie Fremdkörper, die bereits zu lokalen Entzündungsreaktionen und Nekrosen geführt haben, müssen per Enterotomie entfernt werden. Ist der betroffene Darmabschnitt schon nekrotisch geschädigt, ist eine End-zu-End-Anastomose oder eine Seit-zu-Seit-Anastomose notwendig.
Postoperative Nachsorge
Die postoperative Nachsorge hängt vom intraoperativen Befund und vom Allgemeinbefinden des Hundes ab.
Abhängig von der Darmperistaltik kann in den ersten Stunden nach der Operation durch eine Dauertropfinfusion mit Metoclopramid (3 mg/kgKG) die Motorik positiv beeinflusst werden. Zusätzlich ist auf eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung mittels Infusion, Analgesie (z.B. Metamizol 20 mg/kgKG 3-4x täglich s.c.), Breitbandantibiose (z.B. Amoxicillin-Clavulansäure 12,5 mg/kgKG 1x täglich s.c.) und Gastroprotektiva (z.B. Omeprazol 1 mg/kgKG 1x täglich p.o.) zu achten. Etwa 24 Stunden nach der Operation können die Tiere wieder mit leicht verdaulichem Futter mehrmals täglich (alle vier Stunden) angefüttert werden. Die Diät ist für mindestens zwei Wochen fortzuführen.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Etwa 24 Stunden nach der Operation ist eine erneute Kontrolle des Blutbildes (Hämatologie inkl. Differenzialblutbild) vorzunehmen. Bei einer drohenden Leukopenie und Neutropenie ist die Antibiose anzupassen (z.B. Amoxicillin-Clavulansäure und Marbofloxacin), um eine mögliche Sepsis zu verhindern. Zwei Tage nach der Operation führt man eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens durch, um eine mögliche Peritonitis frühzeitig zu erkennen.
Prognose
Bei rechtzeitiger Therapie ist die Prognose gut.
Literatur
- Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2017. Praktikum der Hundeklinik. 12., aktualisierte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. ISBN: 978-3-13-219961-3
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