logo Einloggen

Epidurale Infiltration

Synonyme: peridurale Infiltration, Epiduralraumtherapie, epidurale Therapie
Englisch: epidural infiltration

1. Definition

Unter einer epiduralen Infiltration versteht man die schrittweise Injektion von Medikamenten in den Epiduralraum des Rückenmarks, d.h. den Raum zwischen dem Periost des Wirbelkanals und der Dura mater.

2. Hintergrund

Der Epiduralraum erstreckt sich zwischen dem Foramen magnum und dem Hiatus sacralis und umfasst theoretisch ein Volumen von ca. 130 ml. Er ist gefüllt mit Fettgewebe sowie fibrösem und reich vaskularisiertem Gewebe. Der Epiduralraum umgibt die Dura mater (Thekalsack) und wird von einer dünnen periduralen Membran umgeben, die sich durch das Foramen intervertebrale fortsetzt.

Bei der epiduralen Infiltration wird in der Regel unter CT- oder MRT-Kontrolle eine dünne Hohlnadel in den dorsalen Spinalkanal eingeführt. Darüber werden Wirkstoffe in den Epiduralraum außerhalb der Dura eingebracht. Grundsätzlich ist die epidurale Infiltration auch unter einfacher Röntgendurchleuchtung oder ohne Bildkontrolle möglich, dies birgt jedoch ein höheres Komplikationsrisiko.

3. Indikationen

Epidurale Infiltrationen werden zur Behandlung von Schmerzen durch Veränderungen innerhalb und außerhalb des Spinalkanals eingesetzt. Ein typischer Einsatz sind Nervenwurzelsyndrome (inkl. Zervikobrachialgie und Lumboischialgie) z.B. bedingt durch:

Weitere Indikationen sind:

Die epidurale Infiltration der HWS (meist C6/C7 oder C7/Th1) erfolgt eher selten und unter strenger Indikationsstellung.

Eine Sonderform der periduralen Infiltration ist die Periduralanästhesie.

4. Durchführung

Im Idealfall sollte vor epiduraler Infiltration eine aktuelle MRT- oder CT-Diagnostik vorliegen.

4.1. Materialien

Häufig verwendete Materialien sind:

Beachte: Die Nutzung von Glukokortikoiden ist zur Schmerztherapie nach der Indikationserweiterung nur zur CT-gestützten lateralen periradikulären Therapie zugelassen. Der Einsatz zur epiduralen Injektion erfolgt entsprechend zum Teil off-label. Auch die periradikuläre, epiperineurale oder epidurale Applikation einer Mischung von Lokalanästhetika und Steroiden erfolgt off-label.

Bei lumbaler und sakraler Injektion wird teilweise eine Kombination aus kleinsten Mengen Lokalanästhetikum (z.B. Bupivacain oder Ropivacain) und einem Glukokortikoid verwendet. Hingegen werden in der zervikothorakalen Region nur Glukokortikoide und Kochsalzlösungen angewendet, um das Risiko einer zervikalen Anästhesie zu vermeiden.

4.2. Lokalanästhesie

Die epidurale Infiltration wird häufig unter oberflächlicher Lokalanästhesie durchgeführt.

4.3. Lagerung

Der Patient wird bequem in Bauchlage auf dem CT-Tisch gelagert. Ein Lagerungskissen unter dem Becken bei lumbaler Injektion bzw. unter dem Thorax bei zervikothorakaler Injektion soll eine Verbreiterung des interlaminären Areals und einen Druckabfall im epiduralen Venenplexus bewirken.

4.3.1. Zugangswege

Der Standardzugang für die epidurale Infiltration ist der interlaminäre dorsale Zugang. Weitere Möglichkeiten, den Epiduralraum zu erreichen sind:

Der Nachteil der dorsalen Injektionstechnik besteht darin, dass man größere Mengen applizieren muss, um betroffene Nervenwurzeln ventral zu umfluten.

4.4. Planungsphase

Wenn der Patient gelagert ist, kann die Planung der epiduralen Infiltration beginnen. Die Position des Patienten darf nicht mehr verändert werden. Mithilfe eines CT-Topogramms werden axiale Schnittbilder auf der geplanten Behandlungsetage angefertigt. Das Zielsegment sollte oberhalb oder unterhalb der Stenose liegen, um eine versehentliche Punktion des Myelons in der verengten Region zu vermeiden. Bei voroperierten Patienten besteht bei Injektionen auf gleicher Höhe ein erhöhtes Risiko für eine Durapunktion. Daher sollte Zugang auch weiter kranial oder kaudal der betroffenen Region gewählt werden.

Auf dem CT-Bildschirm werden die Sondeneintrittsstelle und der Winkel bestimmt. Mittels Navigationshilfe wird die Behandlungsebene im Lichtstrahl der CT-Gantry eingestellt und die Sondeneintrittsstelle auf der Haut markiert. Weiterhin kann sich der Behandler an anatomischen Landmarken wie Hautkonturen orientieren.

4.5. Sondierung

Unter sterilen Bedingungen wird die Sonde vorsichtig eingeführt. Eine vorherige lokale Betäubung kann erfolgen. Entscheidend ist die sogenannte Loss-of-Resistance-Technik: Nach Aufsetzen einer mit Kochsalzlösung gefüllten Spritze auf die Hohlnadel wird unter kontinuierlichem Stempeldruck die Nadel sanft vorgeschoben, bis sich nach Durchstoßen der spinalen Ligamente die Flüssigkeit plötzlich leicht injizieren lässt. An der Halswirbelsäule ist der Widerstand am Ligamentum flavum oft nicht so eindeutig zu spüren wie bei lumbalen epiduralen Injektionen. Durch Injektion von Kontrastmittel kann anschließend die korrekte Nadelpositionierung bestätigt werden.

Bei der lumbalen Injektion kommen zwei weitere Techniken zum Einsatz:

  • Air-Injection-Test: Durch Injektion von Luft in den Epiduralraum wird der elastische Raum durch die Insufflation gedehnt. Die Patienten geben dann oft einen lokalen charakteristischen Schmerz an.
  • Whistle-Test: Nach dem Diskonnektieren der Spritze von der Kanüle führt die nach außen zurückgedrängte Luft zu einem Zischen.

Anschließend folgt die vorsichtige Aspiration zum Ausschluss einer intravasalen oder intrathekalen Fehllage. Dann wird die Spritze abgesetzt, um einen spontanen Rückfluss von Liquor oder Blut auszuschließen. Nach Bestätigung der korrekten Nadellage durch einen Kontroll-Scan nach Kontrastmittelgabe erfolgt die langsame (0,3 bis 0,5 ml/s) Gabe des Medikamentengemisches. Eine zu schnelle Injektion kann zu Schwindel und Kopfschmerzen führen. Die Nadel sollte in Endposition nie gedreht werden, da hierdurch das Risiko der Duraperforation steigt.

Bei Verdacht auf intrathekale Fehllage mit Liquoraspiration kann ein Urinteststreifen zum Glukosenachweis genutzt werden.

Zeigt sich nach Kontrastmittelgabe ein unilateraler Kontrastmittelabfluss kann dies durch Adhäsionen oder durch eine mediane Plica bedingt sein kann. In diesen Fall sind eine Lagekorrektur oder ein Etagenwechsel notwendig.

Bei Auftreten von radikulären Schmerzen, Muskelzuckungen oder Parästhesien (durch Nervenwurzelkontakt) ist ein sofortiges Zurückziehen der Nadel erforderlich. Eine Lagekorrektur ist ebenfalls bei lokalen Schmerzen durch Periostkontakt notwendig.

Trotz korrekter epiduraler Nadellage kann es insbesondere bei älteren Patienten mit Narbengewebe und fortgeschrittener Spinalkanalstenose zu einem spontanen Zurückfließen des Injektats kommen. Nach sorgfältigem Ausschluss einer Duraperforation muss dann die Nadellage korrigiert werden.

4.6. Nachsorge

Nach dem Eingriff wird der Patient für ca. 1,5 h beobachtet. Der erste Aufstehvorgang sollte in Anwesenheit des Pflegepersonals durchgeführt werden. Eine Folgebehandlung kann z.B. nach 4 bis 21 Tagen angeboten werden.

5. Kontraindikationen

Kontraindikationen einer epiduralen Injektion sind:

Bei Patienten mit Diabetes mellitus ist bei epiduraler Gabe von Glukokortikoiden eine engere Überwachung des Glukosespiegels erforderlich.

6. Komplikationen

Mögliche Komplikationen der epiduralen Infiltration sind:

7. Outcome

Insgesamt ist die Datenlage zur epiduralen Infiltration aufgrund von unterschiedlichen Studienkonzepten eingeschränkt. Insgesamt besteht eine gute Evidenz für die interlaminäre epidurale Injektion zur kurzfristigen Schmerzreduktion bei Radikulopathie und chronischen Lumbalgien. Die Evidenz für eine langfristige Effektivität ist eher moderat. In einigen Studien konnte ein größerer Erfolg durch wiederholte Injektionen erreicht werden. Bei akuten Lumboischialgien konnte in einigen Studien kein signifikanter Unterschied zwischen der epiduralen Applikationen von Glukokortikoiden im Vergleich zu Kochsalzlösungen und Lokalanästhetika erreicht werden. Bei chronischen Beschwerden scheint der Benefit durch Steroidinjektionen am größten zu sein. Die Evidenz in der Therapie von Spinalkanalstenose und Postlaminektomiesyndrom ist begrenzt.

Empfehlung

Shop News Jobs CME Flexa Piccer
NEU: Log dich ein, um Artikel in persönlichen Favoriten-Listen zu speichern.
A
A
A

Teilen Was zeigt hierher Versionsgeschichte Artikel erstellen Discord
Dr. No
Dr. Frank Antwerpes
Arzt | Ärztin
Miriam Dodegge
DocCheck Team
Bijan Fink
Arzt | Ärztin
Katja Reisner
Student/in der Humanmedizin
Stud.med.dent. Sascha Alexander Bröse
Student/in der Zahnmedizin
Michael Steinel
Gesundheits- und Krankenpfleger/in
Ärztin Cemanur Demirezen
Arzt | Ärztin
Dominic Prinz
Arzt | Ärztin
Diese Funktion steht nur eingeloggten Abonnenten zur Verfügung
Letzter Edit:
27.06.2024, 09:56
29.682 Aufrufe
Nutzung: BY-NC-SA
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...