Diminazen
Synonym: 4,4′-(Triazen-1,3-diyl)dibenzen carbimidamid
Handelsnamen: Azidin®, Berenil®, Ganasag®, Pirocide®
Englisch: diminazene
Definition
Diminazen ist ein Arzneistoff aus der Klasse der Amidine, der in der Veterinärmedizin als Antiprotozoikum eingesetzt wird.
Chemie
Diminazen ist ein aromatisches Di-Amidin, das aus zwei Amidinophenylhälften besteht, die durch eine Triazenbrücke verbunden sind. Es hat die Summenformel C14H15N7 und ein Molekulargewicht von 281,3 g/mol.
Bei Raumtemperatur liegt Diminazen als geruchsloses, gelbes Pulver vor, das relativ gut in Wasser löslich ist.
Eigenschaften
Diminazen hat eine antiprotozoische Wirkung und wird hauptsächlich gegen Babesien und Trypanosomen eingesetzt. Die Applikation kann sowohl intramuskulär als auch subkutan in Form von zusammengesetzten Injektionslösungen (mit Phenazon) erfolgen.
Wirkmechanismus
Der genaue Wirkmechanismus von Diminazen ist bis heute (2019) noch nicht geklärt. Untersuchungen zeigen, dass Dimiazen eine hohe Affinität zu A-T-reichen Regionen der Kinetoplasten-DNA aufweist und durch Bindung die DNA-Replikation hemmt. Gleichzeitig soll eine Diminazen-abhängige Hemmung der mitochondrialen Typ-2-Topoisomerase stattfinden.
Kommen Trypanosomen mit Diminazen in Kontakt, werden folgende Veränderungen beobachtet:
- Aggregation und Verlust der Ribosomen
- Modifikation der Lysosomen und zytoplasmatischen Membran
- Hemmung des Aminosäuretransports
- Hemmung der DNA- und RNA-Polymerasen und Störung der Polyaminaufnahme, -synthese und -funktion
Durch die eintretenden Veränderungen kommt es zu einer Blockierung des Wachstums der sich schnell teilenden Trypanosomen.
Pharmakokinetik
Sowohl bei oraler als auch intramuskulärer Applikation erfolgt die Absorption unmittelbar nach der Gabe von Diminazen. Die rasche Verteilung des Wirkstoffes erfolgt entweder biphasisch (Rind, Hund, Kaninchen) oder triphasisch.
Diminazen passiert die Blut-Hirn-Schranke, weist jedoch im ZNS deutlich geringere Konzentrationen als im Plasma auf, da es kationisch ist. Nach der Applikation kommt es zu einer Elimination sensibler Parasiten in der Blutbahn. Im Gegensatz dazu entziehen sich jedoch Parasiten im ZNS der Wirkung von Diminazen, weshalb bei einem Befall des ZNS mit Trypanosoma brucei und Trypanosoma evansi mit Rezidiven gerechnet werden muss. Tiere mit ZNS-Beteiligung erscheinen nach einer Therapie vorerst geheilt, treten jedoch zeitlich versetzt mit schweren neurologischen Symptomen wieder in Erscheinung.
Diminazen reichert sich stark in der Leber und in der Niere an. Als organische Base liegt Diminazen pH-abhängig in ionisierter bzw. nicht-ionisierter Form vor: Im Blutplasma (pH 7,4) ist es nicht-ionisiert, in der Milch (pH 6,5) hingegen ionisiert. Die nicht-ionisierte Form ist diffusionsfähig, wohingegen eine passive Diffusion bevorzugt vom Plasma in die Milch erfolgt, weshalb beim Schaf und bei der Ziege 10 Minuten nach der intramuskulären Injektion Diminazen in der Milch nachgewiesen werden kann. Höchstkonzentrationen sind nach etwa einer Stunde messbar.
Indikation
Diminazen zeigt eine gute Wirkung gegen Babesien, Trypanosomen, Cytauxzoen und einige Bakterien (v.a. Brucellen und Streptokokken).
Tier | Parasiten |
---|---|
Hund | Babesia canis, Babesia gibsoni, Trypanosoma brucei |
Katze | Cytauxzoon felis, Babesia felis (umstritten), Babesia herpailuri |
Schwein | Trypanosoma simiae (in Kombination mit Quinapyraminsulfat umstritten) |
Pferd | Babesia caballi, Babesia equi, Trypanosoma brucei, Trypanosoma evansi, Trypanosoma equiperdum |
Rind | Trypanosoma brucei, Trypanosoma congolense, Trypanosoma vivax, Babesia divergens, Babesia bigemina |
Schaf | Trypanosoma brucei, Babesia ovis |
Dosis
Tier | Anwendung | Parasiten | Dosis |
---|---|---|---|
Katze | intramuskulär | Babesia spp. | 2 bis 3,5 mg/kgKG einmalig |
Hund | intramuskulär | Babesia spp. | 3,5 mg/kgKG einmalig |
subkutan | Babesia spp. | 7 mg/kgkG einmalig | |
Pferd | intramuskulär | Babesia spp. | 5 mg/kgKG 2x im Abstand von 24 Stunden |
Trypanosoma spp. | 5 bis 7 mg/kgKG (vollständige Elimination umstritten) | ||
Schwein | intramuskulär | Babesia spp. | 12 mg/kgKG, nach 24 Stunden Wiederholung |
subkutan | Babesia spp. | 5 mg/kgKG mit 7,5 mg/kgKG Quinapyraminsulfat | |
Rind | intramuskulär | Babesia spp. | 7 bis 8 mg/kgKG |
Trypanosoma spp. | 7 mg/kgKG | ||
Schaf | intramuskulär | Babesia spp. | 3,5 bis 8 mg/kgKG |
Trypanosoma spp. | 7 mg/kgKG | ||
Ziege | intramuskulär | Trypanosoma spp. | 10 mg/kgKG einmalig |
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Kontraindikation
Aufgrund des hypotensiven und anticholinergen Effektes sollte Diminazen nicht bei in Schock befindlichen Tieren verwendet werden.
Nebenwirkungen
Dimiazen weist eine Reihe lokaler sowie systemischer Nebenwirkungen auf. An der Injektionsstelle können lokale Schmerzen, vereinzelt Abszesse, Schwellungen und Nekrosen beobachtet werden.
Diminazen kann zudem Schäden in der Leber, Niere und am Gehirn verursachen, die bis zum Tod der Tiere führen können. Zu den akut einsetzenden Nebenwirkungen zählen Erbrechen, Durchfall, Hypotension und allergische Reaktionen. Beim Hund werden Ataxie, Rollbewegungen, Muskelsteifheit, Opisthotonus, Nystagmus, Paralyse, Übelkeit und anaphylaktische Reaktionen beobachtet. Beim Rind kommt es gelegentlich zu Salivation, Nasenausfluss und Muskelzittern.
Nach einer Diminazen-Applikation kann der Hämatokrit teilweise massiv abfallen.
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