Desmoidtumor
Synonyme: Desmoid-Fibromatose, Desmoid
Definition
Der Desmoidtumor ist ein benigner Weichteiltumor aus der Gruppe der Fibromatosen.
Ätiologie
Desmoidtumore entstehen durch Proliferation gut differenzierter Myofibroblasten. Man geht aktuell (2019) von einer multifaktoriellen Genese aus. Neben hormonellen Faktoren (insbesondere Östrogen) spielen mechanischen Faktoren (infolge einer Verletzung in Narbengewebe) eine Rolle. Bei den sporadischen Fällen finden sich meist somatische Mutationen in CTNNB1-Gen auf Chromosom 3 (Genlokus 3q21), welches für β-Catenin codiert.
Weiterhin sind Desmoidtumore mit der FAP und dem Gardner-Syndrom assoziiert. Hierbei liegt ursächlich eine Mutation im APC-Gen auf Chromosom 5 (Genlokus 5q21-q22) zu Grunde.
Epidemiologie
Desmoidtumore machen unter 3 % aller Weichteiltumore aus. Die geschätzte Inzidenz beträgt 1/250.000 bis 1/500.000 pro Jahr. Meist sind Frauen im Alter um das 30. Lebensjahr betroffen.
Klinische Manifestation
Prinzipiell können Desmoidtumore überall auftreten:
- Extraabdominell: Meist ausgehend von Aponeurosen der Bauchwand, seltener von Muskeln der Extremitäten, des Brustkorbs oder der Schulter.
- Intraabdominell: Hauptsächlich im Mesenterium oder Retroperitoneum
Bei extraabdomineller Lokalisation zeigen sich Desmoide in der Regel als solitäre, glatte, sehr feste Raumforderung. Eine Infiltration des parietalen Peritoneums kann zu Schmerzen, Parästhesien und Neuropathien führen. Das intraabdominelle Auftreten führt nach meist asymptomatischer Latenzphase zur Ummauerung und Infiltration des Ureters mit Hydronephrose oder zu einem Ileus.[1]
Diagnostik
Durch bildgebende Verfahren (CT, MRT) ergeben sich bereits Hinweise auf einen Desmoidtumor. Sie zeigen sich als irreguläre Strukturen ohne zentrale Nekrose, die Fasziengrenzen überschreiten können. In der T1-Wichtung sind sie isointens mit Enhancement nach Kontrastmittelgabe, in T2-Wichtung heterogen hyperintens.
Durch eine Biopsie mit histopathologischer Untersuchung wird die Diagnose bestätigt. Hierbei erkennt man längliche, spindelförmige Zellen mit kleinen Kernen und blassem Zytoplasma, umgeben von viel Kollagen. Immunhistologisch zeigt sich die Expression von Muskelzellmarkern (Aktin, Desmin, Vimentin) bei Fehlen von CD34. Der Mutationsnachweis (z.B. CTNNB1-Mutation) kann die Diagnose untermauern.
Differenzialdiagnosen
Sowohl Fibrosarkome, hypertrophe Narben und Keloide oder die Fasciitis nodularis müssen bedacht werden. Bei intraabdominaler Lokalisation sind an gastrointestinale Stromatumore, solitäre Bindegewebstumore oder an eine Retroperitonealfibrose zu denken.
Therapie
Bei symptomfreien Patienten kann unter regelmäßigen Kontrollen zunächst abgewartet werden. Sonst wird der Desmoidtumor vollständig chirurgisch reseziert. Falls dies nicht möglich ist, kommt eine Strahlentherapie, Antiöstrogen-Therapie (z.B. Tamoxifen), NSAR (z.B. Sulindac), Methotrexat, Vinblastin oder Doxorubicin in Frage. Weiterhin können Tyrosinkinaseinhibitoren wie Imatinib oder Sorafenib verwendet werden.
Da Desmoidtumore in ungefähr 70 % der Fälle rezidivieren, sind alle 3 bis 6 Monate Kontrollen notwendig.
Prognose
Bei extraabdomineller Lokalisation haben die meisten Patienten eine normale Lebenserwartung. Bei intraabdomineller Lage beeinträchtigen die möglichen Komplikationen die Lebenserwartung erheblich. Im Rahmen einer FAP gehören Desmoide zu den häufigsten Todesursachen nach präventiver Proktokolektomie.[2]
Quellen
- ↑ De Marchis ML et al. Desmoid Tumors in Familial Adenomatous Polyposis, Anticancer Research July 2017 vol. 37 no. 7 3357-3366, abgerufen am 25.07.2019
- ↑ Devata S, Chugh R. Desmoid tumors: a comprehensive review of the evolving biology, unpredictable behavior, and myriad of management options, Hematol Oncol Clin North Am. 2013 Oct;27(5):989-1005, abgerufen am 25.07.2019
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