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Progressive supranukleäre Blickparese

Synonyme: Steele-Richardson-Olszewski-Syndrom, progressive supranukleäre Blicklähmung, progressive supranukleäre Ophthalmoplegie, PSP-Syndrom
Englisch: progressive supranuclear palsy

1. Definition

Die progressive supranukleäre Blickparese, kurz PSP, ist eine neurodegenerative Erkrankung unbekannter Genese, die mit einer progredienten Destruktion von Neuronen im Bereich der Basalganglien einhergeht. Die typischen Symptome umfassen – neben Rigor und Akinese – eine vertikale Blickparese sowie Dysarthrie und Dysphagie.

2. Epidemiologie

Die progressive supranukleäre Blickparese tritt gehäuft nach dem 40. Lebensjahr auf. Die höchste Inzidenz tritt im Alter von 70 Jahren auf und liegt bei etwa 20 von 100.000.[1] Männer sind dabei im Verhältnis 3:2 etwas häufiger als Frauen betroffen.

3. Ätiologie

Die Entstehung ist mit Mutationen im Tau-Gen auf Chromosom 17 (MAPT-H1c-Haplotyp) assoziiert. Darüber hinaus werden jedoch auch weitere Proteine mit PSP in Verbindung gebracht, u.a. Syntaxin 6, EIF2AK3 und MOBP.

Meist tritt die Erkrankung sporadisch auf, es sind jedoch auch seltene familiäre Formen bekannt.

4. Pathogenese

Die PSP wird den sogenannten Tauopathien zugeordnet. Diese sind gekennzeichnet durch eine Ablagerung von abnorm phosphoryliertem Tau-Protein, der Isoform "4-repeat-Tau", in Neuronen und Gliazellen. Dadurch kommt es zu einer progredienten Zelldestruktion, vor allem im Bereich der Basalganglien.

5. Klassifikation

Die International Parkinson and Movement Disorder Society (MDS) hat 2017 verschiedene Varianten der PSP beschrieben:[2]

Phänotyp Abkürzung Hauptsymptome
Richardson-Syndrom PSP-RS vertikale Blickparese und frühe Haltungsinstabilität
Okulomotorik PSP-OM vorwiegende Dysfunktion der Augenmotorik
Posturale Instabilität PSP-PI vorwiegende Haltungsinstabilität
Parkinsonismus PSP-P Akinese, Rigor, Ruhetremor
Frontal PSP-F Persönlichkeitsveränderung (ähnelt z.T. Morbus Pick)
Progressive Gehblockaden
(engl. gait freezing)
PSP-PGF isolierte Gehblockaden
Kortikobasales Syndrom PSP-CBS Apraxie, asymmetrischer Dystonie und Sensibilitätsstörung
Sprachstörungen
(engl. speech/language disorder)
PSP-SL progressive Apraxie und Aphasie
Primäre Lateralsklerose PSP-PLS Muskelschwäche und Spastiken
Zerebelläre Ataxie PSP-C Ataxie

Bei den beiden letztgenannten Typen (PSP-PLS und PSP-C) ist die Spezifität für PSP gering, daher werden sie in neueren diagnostischen Kriterien nicht aufgeführt.

6. Klinik

Als Leitsymptom gilt die progredient fortschreitende Parese der Augenmuskeln, die mit einem parkinsonähnlichen Symptombild assoziiert ist. Dabei kommt es zu den folgenden Symptomen:

Typisch ist bei den meisten PSP-Formen ein fehlendes Ansprechen auf L-Dopa. Darüber hinaus sind je nach Form der PSP weitere Symptome bzw. Symptomkonstellationen möglich.

7. Diagnostik

Für die Diagnose einer PSP müssen folgende Kriterien, die durch die MDS definiert wurden, erfüllt sein:[2]

  • sporadisches Auftreten der Symptome
  • Auftreten ab einem Altern von 40 Jahren
  • graduelle Verschlechterung der Symptomatik

Ausschlusskriterium sind Befunde, die auf andere neurodegenerative Erkrankungen hindeuten (z.B. plötzliches Auftreten oder schrittweise, schnelle Verschlechterung).

Im nächsten Schritt werden die klinischen Symptome kategorisiert in „probable“ (engl. für mutmaßlich), „possible“ (engl. für möglich) oder „suggestive“ (engl. für hinweisend). Entscheidend ist dann die Kombination der verschiedenen Symptome und der jeweilige Ausschluss anderer Ätiologien.

Zentrales Element der Diagnostik ist die neurologische Untersuchung. Darüber hinaus kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. In der Magnetresonanztomographie (MRT) finden sich folgende Zeichen:

In FDG-PET Aufnahmen zeigt sich weiterhin ein Hypometabolismus v.a. frontal, frontomesial und im Mesenzephalon.

8. Differentialdiagnosen

9. Therapie

Aktuell (2025) gibt es keine neuroprotektive Therapie der PSP. Die Behandlung erfolgt vor allem symptomatisch. Zur Therapie der Gangstörung und des Rigors kommen initial u.a. L-Dopa, Dopaminagonisten und Amantadin zum Einsatz. Zolpidem kann ggf. eine vorübergehende Besserung der Okulomotorik bewirken.

Darüber hinaus gibt es supportive Behandlungsmöglichkeiten wie Krankengymnastik, Ergotherapie und Logopädie. In einigen Fällen ist die Ernährung über eine gastroenterale Sonde notwendig.

Aktuell befinden sich mehrere Wirkstoffe zur Behandlung von PSP in der klinischen Testung, die meist darauf abzielen die pathogene Wirkung des Tau-Proteins abzumildern.

10. Prognose

Die mittlere Überlebenszeit nach Beginn der Symptomatik beträgt für alle PSP-Typen etwa 6 bis 7 Jahre. Allerdings vergehen durchschnittlich 4 Jahre nach dem Auftreten der ersten Symptome bis zur endgültigen Diagnose.[1] Die PSP-P-Form zeigt tendenziell günstigere Verläufe.

11. Weblink

12. Quellen

13. Literatur

  • Andreas Hufschmied: Neurologie compact: Für Klinik und Praxis. 8. Auflage. Thieme Verlag.

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