Axiale Spondylarthritis (Radiologie)
Definition
Eine axiale Spondylarthritis, kurz axSpA ist eine Manifestationsform der seronegativen Spondylarthritis, mit chronisch-entzündlichen Veränderungen an den Iliosakralgelenken (ISG) und der Wirbelsäule. Die häufigste Form der axialen Spondylarthritis ist die Spondylitis ankylosans.
Hintergrund
Die wichtigsten Frühsymptome sind Rückenschmerzen (v.a. lumbal), Steifheit und Müdigkeit, während in den späteren Stadien der Krankheit Funktionsverluste auftreten. Typisch sind chronische Rückenschmerzen, die mindestens 12 Wochen andauern, oder entzündliche Rückenschmerzen, die durch zusätzliche Faktoren wie eine nächtliche Exazerbation und ein gutes Ansprechen auf NSAR gekennzeichnet sind. Weitere Faktoren, die zur Diagnose beitragen können, sind der Nachweis von HLA-B27, ein mäßig erhöhtes CRP und weitere Systemmanifestationen wie eine Uveitis anterior, Psoriasis oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.
Die genaue Ursache einer axialen Spondylarthritis ist derzeit (2024) unklar. Vermutlich spielen neben genetischen auch verschiedene Umweltfaktoren eine Rolle. Denkbar sind repetitive biomechanische Belastungen und Mikrotraumen, die insbesondere an den Enthesen zu einer übermäßigen Entzündungsreaktion ("Mechanoflammation") und schließlich zu einer Knochenneubildung führen.
Radiologie
Vor der Einführung der Magnetresonanztomographie (MRT) und der Entwicklung der ASAS-Kriterien beruhte die Diagnose der axSpA auf einer Röntgenaufnahme zur Darstellung struktureller Schäden am ISG. Diese strukturellen Veränderungen sind jedoch erst bei fortgeschrittener Erkrankung sichtbar und umfassen eine Verengung des Gelenkspalts und eine teilweise oder vollständige Ankylose.
In der MRT können heutzutage schon frühe Hinweise auf das Vorliegen einer axSpA erfasst werden. Dadurch kann eine Behandlung in der Regel schon vor dem Auftreten irreversibler Veränderungen begonnen werden. Ein richtungsweisendes radiologisches Zeichen ist das Knochenmarködem. Dieses ist jedoch nicht spezifisch für eine axSpA, da es auch z.B. bei traumatischen oder degenerativen Erkrankungen auftreten kann. Daher helfen weitere Befunde wie Erosionen und insbesondere Knochenneubildungen (Osteoproliferationen) bei der Diagnosestellung.
Vorgehen
Röntgenuntersuchung
Derzeit wird als primäres bildgebendes Verfahren eine Röntgenaufnahme des Beckens zur Erkennung struktureller Veränderungen der Iliosakralgelenke empfohlen. Dabei ist die Ankylose der Iliosakralgelenke von besonderer Bedeutung. Die Röntgenaufnahme ist jedoch die Modalität mit der geringsten Sensitivität und Spezifität und wird daher insbesondere in der Früherkennung zunehmend durch die MRT ersetzt.
Bei Bedarf kann eine Röntgenuntersuchung der Wirbelsäule durchgeführt werden. Die Brustwirbelsäule ist bei der axSpA häufig betroffen. Dort zeigen sich neben Syndesmophyten häufig auch Erosionen und Ankylosen der Kostovertebral- und Facettengelenke.
Anhand einer Röntgenuntersuchung kann eine Einstufung der asSpA nach den modifizierten New Yorker Kriterien vorgenommen werden. Dabei wird zwischen der radiologischen axSpA (d.h. mit eindeutigen strukturellen Veränderungen im Röntgenbild) und der nicht-radiologischen axSpA (d.h. ohne derartige Veränderungen) unterschieden. Es sich hiebei um eine eher historische Klassifizierung.
Darüber hinaus wurden mehrere Scoring-Methoden zur Bewertung der radiologischen Progression bei Spondylitis ankylosans vorgeschlagen. Dazu gehört beispielsweise der Stoke Ankylosing Spondylitis Spinal Score (SASSS), der eine detaillierte Beurteilung der hinteren und vorderen Wirbelkörperkanten der Lendenwirbelsäule anhand einer Skala von 0 bis 72 umfasst. Der von Creemers et al. modifizierte SASSS (mSASSS), der nur den vorderen Bereich der Lendenwirbelsäule und zusätzlich die Halswirbelsäule einbezieht, setzt sich zunehmend durch.
Magnetresonanztomografie
Die Magnetresonanztomografie (MRT) wird zunehmend für die Frühdiagnose der axSpA eingesetzt, da die akute Entzündung den strukturellen Knochenläsionen vorausgeht. Konventionelle T1-gewichtete Sequenzen stellen den Knochen nicht direkt, sondern nur indirekt über das Signal aus dem Knochenmark dar. Dies führt häufig zu einer Überschätzung von Erosionen und Syndesmophyten, die meist nicht von Fett umgeben sind. Außerdem sind Knochenneubildungen ohne Knochenmarksignal nur schwer von Bandstrukturen zu unterscheiden, da sie alle in Standardsequenzen schwarz erscheinen. Mittels neuartiger MRT-Sequenzen, die ein CT-ähnliches Bild erzeugen, kann diesem Problem begegnet werden. Diese Sequenzen werden noch nicht in der klinischen Routine eingesetzt. Daher werden für eine vollständige Beurteilung struktureller und aktiver entzündlicher Läsionen der Iliosakralgelenke und der Wirbelsäule sowohl die MRT als auch Röntgenaufnahmen verwendet.
Im Gegensatz zum Röntgen erlaubt die MRT eine zuverlässige Darstellung von Backfill (s.u.) und (transdiskalen) Ankylosen. Weiterhin wird die MRT auch bei Patienten mit Verdacht auf axSpA und einem unauffälligen Röntgenbild des Iliosakralgelenks empfohlen. Außerdem wird die MRT bei Patienten mit bestätigter axSpA und Rückenschmerzen beschwerdeorientiert durchgeführt, um entzündliche Veränderungen zu erkennen.
Computertomografie
In der Computertomografie (CT) kann die komplexe Anatomie des Iliosakralgelenks klar dargestellt werden. So können beispielsweise Syndesmophyten besser als mit der Röntgenaufnahme oder der MRT visualisiert werden. Die CT ermöglicht auch eine zuverlässige Differenzierung von entzündlichen und rein degenerativen Veränderungen, wie z.B. Spondylophyten. Auch die Facetten- und Kostovertebralgelenke werden genau dargestellt. Backfill kann in der CT als schwach verkalktes Gewebe identifiziert werden. Durch neue Techniken mit geringerer Strahlenbelastung wird die CT auch bei eher jungen Patientenpopulation zunehmend eingesetzt. Aktive Entzündungen können in der CT jedoch nicht gut erkannt werden. In der klinischen Praxis ist die CT meist Patienten mit unklaren MRT-Befunden vorbehalten.
PET/CT oder PET/MRT
Die 18F-FDG-PET/MRT kann Informationen über Stoffwechselprozesse wie die Osteoblastenaktivität liefern, die wiederum als Prädiktor für die Bildung von Syndesmophyten dient. Die FAPI-PET/CT (Fibroblastenaktivierungsprotein-Inhibitoren) kann zur Unterscheidung von entzündlicher und fibrotischer Aktivität beitragen. Obwohl die PET neue Möglichkeiten für die Früherkennung bietet, spielt sie in der klinischen Routine derzeit (2024) keine Rolle.
Befunde
Iliosakralgelenk
Bei Verdacht auf eine axSpA sollten zunächst die Iliosakralgelenke untersucht werden. Die Kombination aus aktiver Entzündung (Knochenmarködem) und strukturellen Läsionen (Erosion und Knochenneubildungen) hat die höchste Spezifität für die Diagnosestellung. Dabei können verschiedene Anzeichen gefunden werden:
Backfill
Backfill ist definiert als ein hohes T1w-Signal im Iliosakralgelenk, hinweisend auf Fettgewebe, das eine bereits vorhandene Erosion ausfüllt und spezifisches Zeichen für die axSpA. Per definitionem handelt es sich um ein hohes T1-Signal auf zwei aufeinanderfolgenden Schichten, das auf mindestens einer Schicht mindestens 10 mm parallel zur subchondralen Knochenplatte misst. Meist beginnt das Backfill im iliakalen Teil des Gelenks. Vermutlich handelt es sich um metaplastisches Gewebe, das den erosiv veränderten subchondralen Knochen auffüllt. Außerdem steht es vermutlich im Zusammenhang mit der fettigen Metaplasie des subchondralen Knochens, da beide häufig parallel auftreten. Backfill ist wahrscheinlich Folge einer Entzündung an der Erosionsstelle (niedriges T1w-, hohes T2w-Signal). Ob das Backfill zur Entwicklung einer Gelenkankylose beiträgt, ist noch unklar. Es wird bei etwa 38 - 63 % der Patienten mit axSpA im Alter von < 45 Jahren beobachtet. Lange Zeit wurde davon ausgegangen, dass Erosion und Knochenneubildung, die sich während der Therapie entwickeln, auf eine Krankheitsprogression hinweisen. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass die Entwicklung von Backfill und Fettmetaplasien während der Erstbehandlung mit DMARDs als normale Reparaturprozesse angesehen werden sollten, da sie immer wieder auftreten, sobald die Entzündung abklingt.
Ankylose
Die Ankylose des Iliosakralgelenks gilt als Zeichen der fortgeschrittenen Spondyloarthropathie. Der Gelenkspalt ist ganz oder teilweise aufgehoben. Im Röntgenbild oder in der Computertomographie (CT) erkennt man eine glatte, überbrückende knöcherne Auffüllung des ehemaligen Gelenkspalts. In der MRT ist ersichtlich, dass Fettgewebe den zuvor von Knorpel besetzten Gelenkraum ausfüllt (hohes T1w-Signal, niedriges T2w-FS-Signal). In der Regel verschwindet die Entzündung des Gelenks, sobald eine vollständige Ankylose eingetreten ist.
Wirbelsäule
Nur 25 % der Patienten mit axSpA weisen bei der Erstvorstellung entzündliche oder strukturelle Veränderungen an der Wirbelsäule auf. Des Weiteren zeigen nur 3 bis 5 % der Patienten typische Befunde, die sich auf die Wirbelsäule beschränken, ohne eine Beteiligung des Iliosakralgelenks. Umgekehrt ist jedoch das Auftreten von Knochenneubildungen an der Wirbelsäule ein wichtiger Hinweis für das Fortschreiten der Krankheit. Typische Veränderungen sind Syndesmophyten und Ankylosen.
Syndesmophyten
Syndesmophyten sind typischerweise vertikal ausgerichtete Knochenneubildungen am äußeren Rand der Bandscheiben. Sie haben ihren Ursprung am Ansatz des Anulus fibrosus an einer Ecke des Wirbelkörpers. Als Vorläuferläsionen gelten eine Spondylitis anterior, eine sogenannte Fatty Corner Lesion sowie eine Erosion der Wirbelkörperkanten am Enthesenbereich (Romanus-Läsion). Entsprechend können sich Syndesmophyten an den anterioren, lateralen und posterioren Ecken des Wirbelkörpers bilden. In der MRT können diese nicht-überbrückenden Syndesmophyten gut in sagittalen und koronalen Bildern erkannt werden. Sie weisen in der T1w-Sequenz ein ähnliches Signal wie das Knochenmark auf. In flüssigkeitssensitiven Sequenzen kann das Signal auch höher sein, sofern eine aktive Entzündung vorliegt. Kleine Syndesmophyten mit wenig Knochenmark sind teilweise in der MRT nur schwer zu erkennen. Hier kann ein Röntgenbild oder eine CT weiterhelfen. Die Rolle von Syndesmophyten bezüglich der Krankheitsprogression ist noch unklar.
Ankylosen
Eine Ankylose tritt in der Regel in einem fortgeschrittenen Krankheitsstadium auf und ist mit einem deutlichen Bewegungsverlust verbunden. Dabei versteift ein Gelenk oder der Bandscheibenraum durch knöcherne Verschmelzung an den Ansatzstellen des Anulus fibrosus (überbrückende Syndesmophyten) und/oder knöcherne Verschmelzung der Facettengelenke. Meist geht die Ankylose von den anterioren und posterioren Wirbelkörperecken von der Befestigung des Anulus fibrosus am Wirbelkörper aus. Im Gegensatz zu den nicht-überbrückenden Syndesmophyten ist die Ankylose spezifisch für eine axSpA. Im Endstadium spricht man auch von einer Bambuswirbelsäule, die bei bis zu 15 % der axSpA-Patienten vorkommt. Die MRT-Signalintensität ähnelt der von Syndesmophyten.
Bei der transdiskalen Ankylose handelt es sich um eine knöcherne Verschmelzung durch Remodeling und Ossifikation des Nucleus pulposus mit Ersatz der Bandscheibe. Dabei sind weder die vorderen noch die hinteren Wirbelecken betroffen ("non-corner ankylosis"). In der MRT erscheint die Bandscheibe in T1w-hyperintens und in T2w-FS hypointens im Vergleich zur normalen Bandscheibe. Sie ist hinweisend auf ein spätes Krankheitsstadium und kann unabhängig von oder parallel zur Syndesmophytenbildung auftreten. Vermutlich ist sie die Folge ener aseptischen Spondylodiszitis (Anderson-Läsion Typ 1), die hochspezifisch für die axSpA ist.
Intervertebrale und transdiskale Ankylosen dienen als Marker für eine fortgeschrittene Erkrankung der axSpA und sind sehr spezifische Befunde.
Kleine Gelenke der Wirbelsäule
Neben den Bandscheiben und den Facettengelenken können auch die kostovertebralen und kostotransversalen Gelenke betroffen sein. Diese sind in der konventionellen sagittalen MR-Bildgebung jedoch nur schwer darstellbar. Da eine Ankylose dieser Gelenke die Bewegung des Brustkorbs und somit die Atmung beeinträchtigen kann, sollte ggf. eine CT ergänzt werden.
Differenzialdiagnosen
Syndesmophyten bei axSpA müssen von Osteophyten abgegrenzt werden. Diese sind eher horizontal ausgerichtet. Begleitend finden sich auch degenerative Veränderungen der Wirbelsegmente mit Verengung des Bandscheibenraums (Osteochondrose). Die Unterscheidung zwischen Osteophyten und nicht-überbrückenden Syndesmophyten rein auf Grundlage der radiologischen Morphologie ist nicht zuverlässig. Das alleinige Vorhandensein von nicht-überbrückenden Syndesmophyten ohne andere strukturelle Läsionen oder aktive entzündliche Veränderungen an der Wirbelsäule oder den Iliosakralgelenken ist für die Diagnose einer axSpA nicht ausreichend.
Eine weitere Differenzialdiagnose ist die diffuse idiopathische Skeletthyperostose (DISH, Morbus Forestier). Dabei finden sich dicke, fließende Verknöcherung des vorderen Längsbandes. Betroffen ist insbesondere die Brustwirbelsäule und meist rechtsseitig betont. Begleitend können partielle Ankylosen und Verknöcherungen der Gelenkkapsel des Iliosakralgelenks vorkommen. Im Gegensatz zur intraartikulären Überbrückung bei der axSpA treten bei der DISH häufiger überbrückende Osteophyten anterior der Iliosakralgelenke auf.
Ein Knochenmarködem des Iliosakralgelenks kann auch bei mechanischen und degenerativen Erkrankungen vorkommen. Das Vorhandensein struktureller Läsionen erhöht die Spezifität für eine entzündliche Sakroiliitis erheblich. Die axSpA kann außerdem von anderen entzündlichen Erkrankungen wie septischer Sakroiliitis oder Gicht unterschieden werden, indem eine Knochenneubildung (z.B. Backfill) nachgewiesen wird.
Letztlich müssen auch angeborene Wirbelfusion oder intervertebrale Fusion nach infektiöser Spondylodiszitis bedacht werden.
Literatur
- Ulas ST, Deppe D, Ziegeler K, Diekhoff T. New Bone Formation in Axial Spondyloarthritis: A Review. Rofo. 2024
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