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Methylmalonazidurie ohne Homocystinurie

1. Definition

Die Methylmalonazidurie ohne Homocystinurie ist eine seltene angeborene Organoazidopathie und Störung des Cobalamin-Stoffwechsels.

2. Pathophysiologie

Der Methylmalonazidurie ohne Homocystinurie liegt ein gestörter Abbau von Methylmalonyl-CoA zu Grunde. Diese Verbindung wird aus Propionyl-CoA gebildet, das beim Abbau ungeradzahliger Fettsäuren und verzweigtkettiger Aminosäuren wie Isoleucin oder Methionin entsteht.

Unter physiologischen Bedingungen wird Methylmalonyl-CoA zu Succinyl-CoA umgesetzt, das in den Citratzyklus eingeht. Dieser Reaktionsschritt ist bei der Methylmalonazidurie durch eine verminderte Aktivität des Enzyms Methylmalonyl-CoA-Mutase gestört. In der Folge akkumuliert Methylmalonyl-CoA, das alternativ zu Methylmalonsäure umgesetzt wird. Propionyl-CoA reichert sich häufig ebenfalls an und wird zu Propionsäure umgesetzt. Als Nebeneffekt führt die Akkumulation beider Verbindungen dazu, dass übermäßig viel Coenzym A gebunden ist und für andere mitochondriale Stoffwechselwege nicht zur Verfügung steht.

Ursache der verminderten Aktivität von Methylmalonyl-CoA-Mutase ist entweder eine Störung des Enzyms selbst oder eine verminderte Bildung seines Cofaktors, Adenosylcobalamin. Ist neben der Adenosylcobalamin- auch die Methylcobalaminsynthese betroffen, entsteht eine Methylmalonazidurie mit Homocystinurie.

3. Ätiologie

Die Methylmalonazidurie ohne Homocystinurie ist eine autosomal-rezessive Erkrankung, die durch verschiedene Genmutationen entstehen kann. Es werden grundsätzlich zwei Formen unterschieden.

3.1. Vitamin-B12-responsive (abhängige) Form

Diverse Mutationen in drei verschiedenen Genen führen zu einer Synthesestörung von Adenosylcobalamin, das als Cofaktor der Methylmalonyl-CoA-Mutase dient. Das Fehlen des Cofaktors verringert die Aktivität der Methylmalonyl-CoA-Mutase. Durch Supplementation von Vitamin B12 kann die Erkrankung gebessert werden.

3.2. Vitamin-B12-resistente (unabhängige) Form

Bei dieser Form besteht ein vollständiger (mut0) oder partieller (mut-) Aktivitätsmangel der mitochondrialen Methylmalonyl-CoA-Mutase durch Mutationen im MMUT-Gen auf Chromosom 6 (Genlokus 6p12.3). Hier ist die Aminosäuresequenz des Enzyms selbst betroffen, nicht der Cofaktor. Eine Gabe von Vitamin B12 führt daher nicht zu einer Besserung.

4. Epidemiologie

Genaue Daten für diese seltenen Erkrankung liegen nicht vor. Die geschätzte Prävalenz bei Neugeborenen liegt bei 1/48.000 bis 1/61.000.

5. Symptome

Die betroffenen Säuglinge und Kleinkinder zeigen nach der Geburt eine Gedeihstörung, rezidivierendes Erbrechen, sowie eine Dehydratation, Lethargie, Atemnot, Muskelhypotonie und Hepatomegalie. Im Verlauf können folgende Komplikationen entstehen:

Während die Symptome bei der Vitamin-B12-responsiven Form erst im Alter von wenigen Monaten bis wenigen Jahren auftreten, manifestiert sich die Vitamin-B12-resistente Form bereits kurz nach der Geburt.

6. Diagnostik

Der Verdacht ergibt sich durch eine erhöhte Methylmalonsäure im Blut und Urin sowie eine erhöhte Konzentration an Propionylcarnitin. Eine molekulargenetische Untersuchung kann die Diagnose bestätigen. Weiterhin zeigt sich im Blutausstrich bzw. im Blutbild eine normochrome normozytäre Anämie. Eine Pränataldiagnostik ist möglich.

7. Therapie

Grundpfeiler der Behandlung sind eine proteinarme Diät und bei der Vitamin-B12-sensiblen Form die Substitution von Cobalamin. L-Carnitin kann die Bildung von Propionylcarnitin stimulieren, wodurch weniger L-Methylmalonyl-CoA entsteht. Orale Antibiotika können über Reduktion der Darmflora die Synthese von Propionsäure vermindern. In einigen Fällen wurde eine Lebertransplantation durchgeführt. Die Lebenserwartung ist trotz Therapie deutlich verringert.

8. Literatur

  • Böhles H., Stoffwechselerkrankungen im Kindes- und Jugendalter, 1. Auflage: Stuttgart. Thieme; 2016
  • Hübler A, Jorch G, Neonatologie, Hrsg. 2, Stuttgart. Thieme; 2019

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