Methylmalonazidurie mit Homocystinurie
Synonym: Homozystinurie Typ III
Englisch: methylmalonic acidemia with homocystinuria
Definition
Die Methylmalonazidurie mit Homocystinurie ist eine seltene angeborene Organoazidopathie und Störung des Cobalamin-Stoffwechsels.
Ätiologie
Die Methylmalonazidurie mit Homocystinurie basiert auf einer Synthesestörung von Adenosylcobalamin und Methylcobalamin, beides Vitamin-12-Varianten. Es werden 4 verschiedene ursächliche Mutationen unterschieden, die alle autosomal-rezessiv vererbt werden:
- Typ cblC: Mutation des MMACHC-Gen auf Chromosom 1 (Genlokus 1p34.1)
- Typ cblD (klassische Form): Mutation des MMADHC-Gen auf Chromosom 2 (Genlokus 2q23.2)
- Typ cblF: Mutation des LMBRD1-Gen auf Chromosom 6 (Genlokus 6q13)
- Typ cblJ: Mutation des ABCD4-Gen auf Chromosom 14 (Genlokus 14q24.3)
Biochemie
Das mitochondriale Enzym Methylmalonyl-CoA-Mutase wandelt Methylmalonyl-CoA in Succinyl-CoA um, welches anschließend in den Citratzyklus eingeht. Als Cofaktor wird hierfür Adenosylcobalamin benötigt. Störungen der Adenosylcobalamin-Synthese führen entsprechend zu einer Akkumulation von Methylmalonyl-CoA, welches zu Methylmalonsäure umgewandelt wird.
Vitamin B12 kommt im Körper neben der Adenosylcobalamin-Form auch als Methylcobalamin vor. Dieses dient als Cofaktor für die Methioninsynthase, die mit Hilfe von Folsäure Homocystein in Methionin umwandelt. Mutationen, die neben der Adenosylcobalamin-Synthese gleichzeitig die Bildung von Methylcobalamin stören, führen zur Methylmalonazidurie und zur Homocystinurie.
Epidemiologie
Genaue Daten zur Prävalenz liegen nicht vor. Es handelt sich jedoch um eine sehr seltene Erkrankung. Dabei ist der Typ cblC mit ungefähr 500 weltweit beschriebenen Fällen vermutlich der häufigste.
Symptome
Die Erkrankung kann sich sowohl im Säuglings- als auch im Erwachsenenalter manifestieren. Gemeinsame Symptome sind Entwicklungsverzögerung, Zeichen einer megaloblastären Anämie, Lethargie und Krampfanfälle. Bei später Manifestation im Erwachsenenalter entsteht meist eine Ataxie, Demenz oder Psychose.
Beim Typ cblC zeigen die betroffenen Säuglinge bereits in den ersten Lebensmonaten zusätzliche Auffälligkeiten, z.B. Mikrozephalie, Hydrozephalus oder Nystagmus. Möglich sind weiterhin eine Niereninsuffizienz, ein hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS), eine Kardiomyopathie sowie Lebererkrankungen. Die Patienten können dabei eine spezielle Form der Retinopathie aufweisen: Sie zeigt sich als perimakuläre Hypopigmentierung umgeben von einem hyperpigmentierten Ring. In der Peripherie besteht eine Pfeffer-Salz-Retinopathie.
Patienten mit Typ cblD (klassische Form) haben sehr variable Symptome, die unter Umständen erst nach dem 10. Lebensjahr auftreten. Beschrieben wurden schwere Lernprobleme, Verhaltensstörungen und Bewegungsstörungen. Neben der klassischen Form existiert noch eine Variante 1 mit isolierter Homocysteinurie und eine Variante 2 mit isolierter Methylmalonazidurie.
Betroffene Patienten mit den Typen cblF und cblJ fallen insbesondere durch Hypotonie, Stomatitis, Gesichtsdysmorphien, Herzfehler, Hautausschläge und Probleme mit der Nahrungsaufnahme auf.
Diagnostik
Der Nachweis erhöhter Methylmalonsäure und Homocystein-Werte im Plasma und Urin in Zusammenhang mit passenden Symptomen führt zur Diagnose. Sie kann anschließend durch eine molekulargenetische Untersuchung mit Nachweis der Mutation bestätigt werden. Die Vitamin-B12-Konzentration im Serum ist im Normbereich. Eine Pränataldiagnostik ist möglich.
Differenzialdiagnostik
Die Methylmalonazidurie mit Homocystinurie muss von einem erworbenen Vitamin-B12-Mangel und einer Methylmalonazidurie ohne Homocystinurie unterschieden werden.
Therapie
Literatur
- Böhles H., Stoffwechselerkrankungen im Kindes- und Jugendalter, 1. Auflage: Stuttgart. Thieme; 2016
- Hübler A, Jorch G, Neonatologie, Hrsg. 2, Stuttgart. Thieme; 2019
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