Kortisonspray
Definition
Kortisonsprays sind Arzneimittel, die synthetische Glukokortikoide in fein zerstäubter Form abgeben. Durch die Inhalation oder lokale Applikation wirken sie direkt an den Zielgeweben (z.B. Lunge, Nasenschleimhaut, Haut) und hemmen dort Entzündungen und Überempfindlichkeitsreaktionen. Im Gegensatz zur systemischen Anwendung bleibt die Konzentration am Wirkungsort hoch, während die Konzentration im restlichen Körper vergleichsweise gering ist.
Wirkstoffe
Folgende Wirkstoffe kommen zur Anwendung:
- Beclometason – z.B. als Inhalationsaerosol
- Budesonid – als Pulverinhalator oder als Nasenspray
- Fluticason – als Propionat oder Furoat
- Mometason – inhalativ oder nasal
- Flunisolid – nasal
- Ciclesonid – inhalativ
- Triamcinolonacetonid – v. a. nasal oder dermatologisch
Alle Wirkstoffe sind lipophil verestert, um eine lange Wirkdauer bei gleichzeitig geringer systemischer Resorption zu ermöglichen.
Wirkmechanismus
Kortikosteroide binden intrazellulär an Glukokortikoid-Rezeptoren, die sich anschließend in den Zellkern verlagern. Dort beeinflussen sie die Genexpression, indem sie entzündungsfördernde Gene hemmen und die Expression antiinflammatorischer Gene fördern. Sie hemmen aktivierende Transkriptionsfaktoren wie NF-κB und unterdrücken die Freisetzung von Zytokinen (z.B. IL-4, IL-5, TNF-α) sowie Entzündungsmediatoren.
Indikationen
Kortisonsprays finden als inhalative Glukokortikoide (ICS) Anwendung bei:
- Asthma bronchiale – als Langzeittherapie bei allen Schweregraden
- COPD – bei häufigen Exazerbationen (≥ 2/Jahr) oder eosinophilem Phänotyp
Weitere Indikationen für Kortisonsprays sind:
- Allergische Rhinitis – Mittel der ersten Wahl bei nasalen Symptomen wie Verstopfung, Niesen und Sekretion
- Rhinitis vasomotorica und Nasenpolypen
- Akuter Laryngitis[1]
- Dermatosen – z.B. atopisches oder allergisches Ekzem, vor allem an schwer erreichbaren Stellen
Applikationsformen
- Dosieraerosole (MDI): Druckbehälter, ggf. mit Spacer
- Pulverinhalatoren (DPI): Wirkstoff als feines Pulver
- Verneblungslösungen: v. a. für Kinder
- Nasale Kortikosteroide: Pump-Spray
- Topische Kortisonsprays: für Haut oder Schleimhaut
Spacer verlangsamen den Aerosolstrom, erhöhen die Lungendeposition und verringern Ablagerungen im Mund-Rachen-Raum. Nach der Inhalation sollte der Mund ausgespült oder etwas gegessen werden.
Nebenwirkungen
Lokal
- Soor im Oropharynx (Candidose)
- Aphthen
- Reizung des Rachens oder Kehlkopfs
- Bei nasaler Anwendung: Reizungen, Trockenheit, Brennen, Nasenbluten (Epistaxis), Krustenbildung
Systemisch (bei hoher Dosis oder Langzeitgebrauch)
- Unterdrückung der körpereigenen Kortisolproduktion
- Cushingoid-Symptome
- Osteoporose
- Wachstumsverzögerung
- Katarakt
- Glaukom
Weitere Risiken
- Sekundärinfektionen (chronische Candidose, Tuberkulose)
- Hautatrophie, Striae, Teleangiektasien, Hypopigmentierungen
Benzalkoniumchlorid als Konservierungsmittel kann Schleimhautschäden bis zur Septumperforation verursachen.
Wechselwirkungen
Die meisten ICS werden über CYP3A4 verstoffwechselt. Hemmstoffe dieses Enzyms wie Ritonavir[2], Ketoconazol oder Itraconazol erhöhen das Risiko für systemische Kortikosteroidwirkungen (z.B. iatrogenes Cushing-Syndrom). Induktoren wie Rifampicin oder Johanniskraut verkürzen die Wirkdauer.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen Wirkstoffe oder Hilfsstoffe (z.B. Sprühnebel-Propellant)
- Unbehandelte Infektionen (z.B. Tuberkulose, Herpes-simplex-Keratitis)
- Relative Kontraindikationen: schwerer unbehandelter Diabetes mellitus, unkontrollierter Bluthochdruck
- Kinder: altersabhängige Indikationsprüfung erforderlich
Evidenzlage
- Asthma: ICS reduzieren Exazerbationen um ≥ 50 %, klinischer Standard
- COPD: Nutzen bei hoher Exazerbationsrate und eosinophilem Phänotyp, kein Mortalitätsvorteil belegt
- Rhinitis: nasale Kortikosteroide bessern Symptome deutlich effektiver als Antihistaminika
- Dermatosen: vergleichbare Wirksamkeit von Spray und Creme bei gleicher Wirkstoffkonzentration
OTC-Verfügbarkeit
In Deutschland rezeptfrei erhältlich:
- Fluticason[3]
- Mometason
Beclometason, Budesonid und Flunisolid sind weiterhin rezeptpflichtig.
Quellen
- ↑ Goebeler, Walter, Westhofen (2012): Augenheilkunde, Dermatologie, HNO in 5 Tagen (Springer-Lehrbuch)
- ↑ Axel S. Merseburger, Mario Wolfgang Kramer (2021): Medikamente in der Urologie
- ↑ https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2024/09/24/azelastin-fluticason-nasensprays-nach-aerztlicher-erstdiagnose-kuenftig-ohne-rezept
Literatur
- https://www.pharmawiki.ch/wiki/index.php?wiki=Inhalative_Glucocorticoide
- https://www.ptaheute.de/aktuelles/2020/08/05/nasale-glucocorticoide-einfach-austauschbar
- Linical aspects of anti-inflammatory therapy in asthma: A Kumar, W W Busse, 1996 Jan, 9363114
- https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wie-cortison-entzuendungen-daempft-146702/
- Epistaxis Risk Associated with Intranasal Corticosteroid Sprays: A Systematic Review and Meta-analysis (2019), 30779679
- Rational use of inhaled corticosteroids for the treatment of COPD (2023: Jennifer K. Quint, Amnon Ariel & Peter J. Barnes
- Inhaled versus systemic corticosteroids for acute exacerbations of COPD: a systematic review and meta-analysis (2024), 38508668
- Schlüsselempfehlungen des GINA 2022 Strategy Reports (2023)
- ARIA guideline 2019: treatment of allergic rhinitis in the German health system