Pulverinhalationssystem
Synonym: Pulverinhalator
Englisch: dry Powder Inhalator, DPI
Definition
Pulverinhalationssysteme, kurz DPI, sind Systeme, die für die lokale Verabreichung von Wirkstoffen in der Lunge im Rahmen einer Inhalationstherapie verwendet werden.
Hintergrund
Bei einem Pulverinhalationssystem wird der Arzneistoff in Pulverform eingeatmet. Dieses Prinzip ist abzugrenzen von den Dosieraerosolen, bei denen der Wirkstoff in einem Treibgas suspendiert vorliegt und bei Betätigung des Dosierknopfes eine Dosis abgegeben wird.
Vorteil der Pulverinhalatoren ist der Verzicht auf ggf. klimaschädliches Treibgas (Fluorkohlenwasserstoffe). Ferner kommt es während der Inspiration durch die Befeuchtung der Atemluft zu einem hygroskopischen Wachstum der Pulverpartikel, was zu einer schnelleren Sedimentierung führt. Ein Nachteil ist, dass die Wirkstoffaufnahme für den Patienten schlechter wahrnehmbar ist als bei Dosieraerosolen.
Geschichtliches
Der erste medizinische Pulverinhalator war der Aerohaler für die Verabreichung von Isoprenalinsulfat, der im Jahr 1949 auf den Markt kam. In diesem war eine Metallkugel integriert; durch Schütteln wurde so der Wirkstoff vor der Einnahme von den Trägerpartikeln abgetrennt. Das Produkt konnte sich nicht auf dem Markt halten, da die Dosiergenauigkeit unzureichend war und es durch die besser funktionierenden Dosieraerosole verdrängt wurde.
Einteilung
Zur Zeit befinden sich verschiedene Pulverinhalationssysteme auf dem Markt. Sie können nach folgenden Gesichtspunkten eingeteilt werden:
- Wiederverwendbarkeit: Manche DPIs können wiederverwendet werden, da die Einzeldosis abgefüllt in einer Hartgelatinekapsel oder einer Blisterverpackung vorliegt, die nach Gebrauch ausgewechselt werden kann. Andere DPIs können nicht geöffnet werden und müssen nach der Entleerung entsorgt werden.
- Einzeldosis- bzw. Mehrdosissysteme: Die Unterscheidung erfolgt danach, ob die Einzeldosen einzeln abgepackt sind oder aus einem einzelnen, größeren Wirkstoffreservoir entnommen werden.
Folgende Tabelle zeigt einige auf dem Markt befindliche Systeme und teilt sie entsprechend oben genannter Kriterien ein:
wiederverwendbar | nicht wiederverwendbar | |
---|---|---|
Einzeldosissystem | Aerolizer, Rotadisk | Diskus |
Mehrdosissystem | Novolizer | Easyhaler, Turbohaler |
Herstellung
Damit der Wirkstoff seinen Wirkort, die Bronchiolen, erreichen kann, muss er in Partikeln vorliegen, die kleiner als 3 bis 5 µm sind. Daraus ergeben sich jedoch technologische Probleme: Zwar ist die Herstellung solch kleiner Partikel mittels einer Luftstrahlmühle leicht möglich, jedoch erweist sich die Weiterverarbeitung (z.B. Mischen, Abfüllen) als problematisch: Pulver mit einer Teilchengröße niedriger als 50 µm sind nicht fließfähig, sondern kohäsiv. Aufgrund der kleinen Partikelgröße überwiegen die Van-der-Waals-Kräfte, welche die Pulver zusammenhalten.
Beim DPI wird dieses Problem gelöst, indem der Wirkstoff an größere Lactose-Partikel adsorbiert wird. Deren Durchmesser beträgt 70 bis 150 µm, die Partikel sind also frei fließend und gut verarbeitbar. Da diese Partikel jedoch zu groß sind, um ihren Wirkort in der Lunge zu erreichen, muss beim Einatmen eine Abtrennung ("Desaggregation") von Wirkstoff und Lactose-Partikel stattfinden.
Die Abfüllung der Pulver erfolgt mittels einer Dosierwalze. Hierbei handelt es sich um eine Walze, die einen Vakuumkanal enthält und um die eigene Achse drehbar ist. Befindet sich der Eingang des Vakuumkanals oben, also unter dem abzufüllenden Pulverbett, wird mit Vakuum die benötigte Pulvermenge angesaugt. Anschließend dreht sich die Walze weiter, bis der Ausgang des Kanals über der Kapsel oder dem Blister liegt. An dieser Stelle wird das Pulver durch Aufhebung des Vakuums freigegeben. Auf diese Art können auch sehr kleine Pulvermengen im Mikrogrammbereich genau abgepackt werden.
Freisetzung des Wirkstoffs
Damit die Arzneistoffpartikel an ihren Wirkort in der Lunge gelangen, müssen sie mit der Atmung aus dem Inhalator gesogen werden ("Ausbringrate"), von den Laktose-Trägerteilchen abgetrennt werden ("Abtrennungsrate") und sich anschließend in der Lunge ablagern ("Depositionsrate"). Bei jedem dieser Schritte geht ein Teil des Arzneistoffs verloren.
- Ausbringrate: Sie beträgt im Durchschnitt 50%; eine Ausnahme stellt der Turbohaler dar, welcher durch den eingebauten Propeller eine Ausbringrate von 100 % hat.
- Abtrennungsrate: Sie beträgt im Normalfall etwa 30%; als Optimalfall können 50% angenommen werden.
- Depositionsrate: Sie liegt bei DPIs mit 20 % etwas höher als bei Dosieraerosolen.
Wenn man dies zusammen betrachtet, wird ersichtlich, dass nur ein geringer Teil des Arzneistoffs (ca. 5 %) den Wirkort erreicht.
Anwendung
Für eine optimale Wirkstoffdeposition sollten folgende Hinweise beachtet werden:
- Tief einatmen (Zwerchfellatmung)
- Luft für 5 Sekunden anhalten: Wird gleich nach der Inhalation wieder ausgeatmet, kann in der Lunge abgelagerter Wirkstoff wieder ausgeatmet werden.
- Eine geringe Atemfrequenz geht oft mit einem geringen Atemzugvolumen einher, was die Ausbringrate negativ beeinflusst.
Literatur
Bauer, Frömmig, Führer: Pharmazeutische Technologie. Mit Einführung in die Biopharmazie. 10. Auflage, Stuttgart 2017
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