Pharmazeutische Technologie
Englisch: pharmaceutical technology, pharmaceutics
Definition
Die pharmazeutische Technologie befasst sich mit den technologischen Verfahren und praktischen Methoden zur Herstellung und Prüfung verschiedener Darreichungsformen eines Arzneimittels.
Hintergrund
Aufgabe der pharmazeutischen Technologie ist es, einen Arzneistoff in eine applikationsgerechte Arzneiform zu überführen. Arzneistoffe, die aus der chemischen Synthese anfallen, liegen meist als kristallines Pulver vor; biotechnologisch hergestellte Proteinarzneistoffe liegen meist in amorpher Form vor. In diesen Formen ist der Arzneistoff nur schlecht applizierbar. Wird der Arzneistoff in ein Arzneimittel überführt, wird dessen Stabilität, Dosierungsgenauigkeit und biopharmazeutisches Freisetzungsprofil verbessert und vereinheitlicht. Die pharmazeutische Technologie umfasst sämtliche Schritte, über welche der Arzneistoff in die Arzneiform überführt wird und untersucht deren physikalische Eigenschaften.
Formulierung von Arzneimitteln
Ein applikationsfertiges Arzneimittel besteht aus dem Arzneistoff sowie Hilfsstoffen. Als Formulierung bezeichnet man die Aufgabe, die Art und Zusammensetzung der Hilfsstoffe zu ermitteln. Diese können verschiedene Aufgaben übernehmen, die im Folgenden am Beispiel eines Lyophilisats, also eines gefriergetrockneten Proteinarzneistoffes, gezeigt werden sollen:
- Füllstoffe erhöhen die Masse der Arzneizubereitung. Lyophilisate enthalten den Arzneistoff oft im Milligrammbereich. Dadurch ergibt sich die Gefahr eines Produkt-flyouts, bei welchem der Arzneistoff aus dem Vial getragen wird. Füllstoffe verbessern also die Prozessierbarkeit des Arzneistoffes durch Erhöhung der Masse.
- Stabilisatoren müssen zugegeben werden, um die Arzneiform zu stabilisieren. Welche Substanzen als Stabilisatoren eingesetzt werden, hängt von der Arzneiform ab. Bei Lyophilisaten handelt es sich vor allem um Kryo- und Lyoprotektoren sowie Tenside, welche die Grenzflächenspannung herabsetzen.
- Puffer müssen bei säure- beziehungsweise basenempfindlichen Arzneistoffen zugegeben werden. Bei Parenteralia werden sie benötigt, um einen pH-Wert einzustellen, der zu keinen Gewebeschädigungen führt.
- Isotonisierungsmittel müssen zugegeben werden, um die Isotonizität zu gewährleisten. Dies ist vor allem bei Parenteralia von Bedeutung.
Bei der Formulierung ist auf Inkompatibilitäten zu achten. Als Inkompatibilität bezeichnet man, wenn zwei Stoffe sich gegenseitig in ihrer Funktion beeinträchtigen. So ist zum Beispiel beim Vorliegen eines anionischen Arzneistoffes der Zusatz von kationischen Hilfsstoffen problematisch, da sich Salze bilden, welche die Wirksamkeit beeinträchtigen. Da diese Inkompatibilität nicht organoleptisch wahrnehmbar ist, bezeichnet man dies als eine larvierte, also "maskierte" Inkompatilität. Es können jedoch auch sogenannte manifeste, also wahrnehmbare Inkopatibilitäten auftreten, wenn man zum Beispiel zwei inkompatible Emulgatoren mischt und deshalb eine Creme bricht.
Arzneimittelentwicklung
Nicht nur in der Formulierung, sondern auch in der Entwicklung neuer Arzneiformen spielt die pharmazeutische Technologie eine große Rolle. Aktuelle Forschungsgebiete sind zum Beispiel die Entwicklung kolloider Systeme wie Liposome und Nanopartikel, Proteinarzneistoffe, die Erhöhung der Löslichkeit schwerlöslicher Arzneistoffe sowie Möglichkeiten des Drug targeting. In der Entwicklung neuer Arten der Arzneistofffreisetzung und neuer Applikationswege arbeitet die pharmazeutische Technologie mit der Biopharmazie zusammen.
Arzneimittelherstellung
Die Herstellung von Arzneimitteln erfordert mehrere Schritte, die sich je nach Arzneiform unterscheiden.
Für die Herstellung werden die pharmazeutischen Grundoperationen benötigt. Zu diesen zählen grundlegende Verfahren zur Bearbeitung von Rohstoffen. Am Beispiel der Tablettenherstellung wären dies das Zerkleinern des Arzneistoffes und der Hilfsstoffe sowie das Klassieren, Mischen und Trocknen derselben. Man erhält ein Pulver als Grundstoff, der über das Granulieren in ein Granulat überführt werden kann, das wiederum über Komprimieren in eine Tablette überführt wird. Durch das Überziehen mit einem Überzugsmaterial erhält man eine Filmtablette. Auch Prozesse wie Lagern, Fördern und Verpacken gehören dazu.
Für jede dieser Grundoperationen werden entsprechende Maschinen benötigt, die entwickelt werden müssen. So gibt es zum Beispiel mehrere Verfahren und Methoden, um ein Pulver zu trocknen, die jeweils Vor- und Nachteile aufweisen. Die Auswahl und Optimierung eines geeigneten Verfahrens ist essentiell für die Herstellung und Gleichförmigkeit eines Arzneimittels. Die Optimierung der Prozesse erfolgt individuell für das Produkt, um optimale und reproduzierbare Eigenschaften zu erzielen.
Physikalische Eigenschaften von Arzneimitteln
Um ein Arzneimittel herzustellen, ist die Kenntnis seiner physikalischen Eigenschaften unentbehrlich. Im Arzneibuch sind diverse Prüfungen vorgeschrieben, die ein Arzneimittel erfüllen muss. Nur so darf es zugelassen, beziehungsweise eine Produktionscharge freigegeben werden. Relevante Eigenschaften können zum Beispiel die Friabilität und Bruchfestigkeit bei Tabletten oder das Zeta-Potential bei Suspensionen sein.
Doch auch die physikalischen Eigenschaften der Ausgangssysteme sind Gegenstand der pharmazeutischen Technologie. Aus diesem Grund befasst sie sich zum Beispiel mit dem Feld der Pulvertechnologie. Eine Anwendung ist die Herstellung von Pulverinhalationssystemen. Aufgrund der geringen Teilchengröße des verwendeten Pulvers ist dieses kohäsiv und kann nicht eingeatmet werden. Mit Kenntnissen der Pulvertechnologie wurde dieses Problem gelöst, indem der Arzneistoff an größere Lactosepartikel adsorbiert wurde.
Stabilität von Arzneimitteln
Schon während der Entwicklung und Herstellung ist darauf zu achten, dass das Arzneimitttel ausreichend stabil ist. Angestrebt wird eine Haltbarkeit von mindestens 2 Jahren; Ausnahmen bilden Proteinzubereitungen. Instabilitäten können physikalischer, chemischer und mikrobieller Natur sein. Diese Arten sollen am Beispiel einer Suspension genauer erläutert werden:
- Als physikalische Instabilität bezeichnet man, wenn ein Arzneimittel sich aufgrund seiner physikalischen Eigenschaften negativ verändert. Meistens wird hierbei die Homogenität der Zubereitung beeinträchtigt. Durch Adsorption an die Gefäßwand oder Auskristallisation kann sich die Arzneistoffkonzentration ändern. Beim chemischen Abbau von Verdickungsmitteln kann sich die Viskosität verändern oder durch Sedimentation der inneren Phase die Dosierungsgenauigkeit verringert werden.
- Als chemische Instabilität bezeichnet man Veränderungen aufgrund chemischer Reaktionen. Dies sind vor allem Hydrolyse und Oxidation.
- Als mikrobielle Instabilität bezeichnet man das Wachstum von Mikroorganismen in der Arzneiform, was deren Unbedenklichkeit mindert.
Es ist Aufgabe der pharmazeutischen Technologie, diesen Instabilitäten vorzubeugen. Dies geschieht durch den Zusatz von Hilfsstoffen beziehungsweise Stabilisatoren: So können zum Beispiel Antioxidantien Oxidationen verhindern, Verdickungsmittel können einer Sedimentation vorbeugen und Konservierungsmittel verhindern das Wachstum von Mikroorganismen.
Literatur
Bauer, Frömmig, Führer: Pharmazeutische Technologie. Mit Einführung in die Biopharmazie. 10. Auflage, Stuttgart 2017
um diese Funktion zu nutzen.